Toxisches Arbeitsklima Sexismus-Skandal bei Ubisoft: Kampf gegen die Macho-Kultur 

Von Martin Abgottspon

27.7.2020

Sexismus ist in der Gaming-Branche nach wie vor ein grosses Problem.
Sexismus ist in der Gaming-Branche nach wie vor ein grosses Problem.
Bild: Getty Images

Beim französischen Game-Schwergewicht Ubisoft wurden Mitarbeiter jahrelang ohne Konsequenzen sexuell belästigt. Jetzt rollen Köpfe. Aber es ist weit mehr notwendig.

Sexismus ist ein gesellschaftliches Problem und kein explizites der Gaming-Industrie. Dennoch bekam man in den letzten Monaten immer wieder diesen Eindruck. Riot Games war deswegen während Wochen in den Schlagzeilen, genauso wie verschiedene E-Sport-Teams. Und nun wurde auch ein grösserer Sexismus-Skandal beim Spiele-Publisher Ubisoft aufgedeckt.



Branchenjournalist Jason Schreier hat in einem Bericht von «Bloomberg Businessweek» mit 35 aktuellen und ehemaligen Mitarbeitern des französischen Studios gesprochen. Dabei zeichnet er ein Bild einer toxischen Arbeitskultur, die von Sexismus und Rassismus geprägt ist.

Die Macht der elitären Bruderschaft

Gemäss dem Artikel haben mehrere Topmanager verschiedene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter während Jahren belästigt. Beschwerden wurden systematisch ignoriert und unter den Tisch gekehrt. An der Spitze hielt man zusammen, während man gleichzeitig Meetings in Strip-Clubs abhielt und Pornos am Arbeitsplatz zum Alltag gehörten.

Immer wieder nennen befragte Mitarbeiter dabei den Namen des 55-jährigen Kreativ-Chefs Serge Hascoët. Ein Beispiel, wie die Erzählungen in etwa aussehen: «Er [Serge Hascoët] blockierte eine Frau im Aufzug und stellte sich gegen sie, machte stöhnende Geräusche und schaute ihr in die Augen. Einige seiner Mitarbeiter im Editorial-Team sollen dasselbe getan haben, bis es zu einem Markenzeichen der Teammitglieder wurde.»

Diverse Massnahmen gegen Macho-Kultur

Nachdem nun auch in den sozialen Netzwerken der Druck nochmal verstärkt wurde und sich Hunderte von Frauen zu Wort meldeten, hat Ubisoft reagiert. Serge Hascoët sowie PR-Chef Stone Chin wurden per sofort freigestellt. Ubisoft-CEO Yves Guillemot beteuert dabei, nichts von all den Vorfällen gewusst zu haben. «Ich bin entschlossen, tief greifende Veränderungen vorzunehmen, um unsere Unternehmenskultur zu verbessern und zu stärken. Wir haben bereits zügig und entschlossen gehandelt, indem wir gross angelegte Initiativen zur Umgestaltung unserer Organisation angekündigt und eingeleitet haben. Unser übergeordnetes Ziel ist es, allen Ubisoft-Mitarbeitern ein sicheres und integratives Arbeitsumfeld zu gewährleisten.»



Konkret hat man dazu gemäss dem neusten Geschäftsbericht auch schon unabhängige externe Berater engagiert und vertrauliche Kommunikationsplattformen eingerichtet. Dort sollen sich Mitarbeiter zu Wort melden können, wenn sie sich belästigt fühlen. Weiter wurden zwei neue Positionen geschaffen: Head of Workplace Culture und Head of Diversity. Beide Personen sollen direkt mit Guillemot zusammenarbeiten.

Es wurde auch beschlossen, dass ein Teil der Boni für Teamführungskräfte an ihre Fähigkeit gebunden wird, ein positives und integratives Arbeitsumfeld zu schaffen. Bestimmte Weiterbildungsmassnahmen und Sensibilisierungskampagnen wurden ebenfalls beschlossen.

Nicht nur die Game-Industrie ist gefordert

Das sind allesamt wichtige und dringend nötige Entschlüsse, um der Macho-Kultur entgegenzuwirken. Doch reicht es, um Personen in solchen Machtpositionen tatsächlich einzudämmen? Dafür braucht es wohl einfach noch Zeit und vor allem ein Bewusstsein dafür, dass solche Verhaltensweisen absolut untolerierbar sind. Dafür sind weitere öffentliche Diskurse notwendig. Und an diesen muss sich definitiv nicht nur die Gaming-Industrie beteiligen.

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