Kurt Pelda bei «Schawinski» Basler Kriegsreporter in der Ukraine: «Mich hätten sie fast erwischt»

Von Philipp Dahm

29.10.2022

Kurt Pelda an der Front: Angriff ukrainischer Drohnen-Krieger

Kurt Pelda an der Front: Angriff ukrainischer Drohnen-Krieger

Kurt Pelda berichtet bei Schawinski, wie er ukrainische Soldaten begleitet hat, die an der Front mit Drohnen russische Truppen jagen.

29.10.2022

Drei Monate hat Kurt Pelda in der Ukraine verbracht und bringt exklusives Videomaterial und derbe Geschichten mit: Talkmaster Roger Schawinski bekommt einen «echten, direkten Einblick in einen brutalen Krieg».

Von Philipp Dahm

29.10.2022

Er ist der wohl bekannteste Kriegsreporter der Schweiz: Kurt Pelda berichtet seit fast 40 Jahren von den Brandherden dieser Welt. Auch vor seinem Besuch bei Talk-Legende Roger Schawinski ist er an der Front gewesen: Drei Monate hat er seit Kriegsbeginn in der Ukraine verbracht.

Das Land sei ihm «völlig neu» gewesen, erzählt der Basler, der schon 17 Kriegsschauplätze gesehen hat, im «Schawinski»-Talk. Braucht er den Kick, wenn er an die Front geht, will der Moderator wissen. «Ich bin kein Adrenalin-Junkie», wehrt Pelda ab.

Den Kick gebe es aber, räumt er ein, doch der sei etwas «Notwendiges»: «Man ist ganz gespannt, der Körper ist bereit, man hört die Granaten. Man rechnet nach: Wie nah wird sie explodieren? Wobei man die, die ganz, ganz nahe kommen, in der Regel vorher nicht hört.»

«Wie kommt man denn ganz nah an die Front?», fragt Schawinski, und sein Gast erklärt, es hänge vom Gebiet ab. «Im Donbass ist es sehr einfach: Da herrscht schon acht Jahren Krieg und die Leute sind es gewohnt.» In Cherson hingegen würden nur gute Beziehungen helfen, um in die «rote Zone» zu gelangen.

Kurt Pelda: «Die Ukrainer haben eine sehr starke Luftabwehr»

Kurt Pelda: «Die Ukrainer haben eine sehr starke Luftabwehr»

Granaten, Mörser, Artilleriegeschütze und Helikopter sowie Mig-29-Jets: Kurt Pelda zeigt Roger Schawinski, was einem Kriegsreporter begegnet, der durch die Ukraine fährt.

29.10.2022

Pelda hat auch Autos in die Ukraine überführt, für die er Spenden gesammelt hat. Der Gastgeber hakt nach: Verträgt sich das mit neutraler Berichterstattung? «Wenn jemand ein Auto dorthin bringt, haben die Leute ein ganz anderes Verhältnis zu dir», kontert Pelda. «Die gespendeten Autos helfen meiner Arbeit.»

Man könne in so einem Konflikt auch gar nicht parteilos sein: «Ich bin ja nicht der Bundesrat», ergänzt Pelda und bezieht klar Stellung: «Ich muss auch nicht neutral sein. Ich muss mich auf die Fakten konzentrieren.»

Im Video: So unheimlich tönt ein Raketenangriff

Fakt ist, dass Moskau in diesem Krieg derzeit in der Defensive ist. Ob man man an der Front etwas von der russischen Mobilmachung spüre, fragt Schawinski nach. «Ja, die sind schon dort», weiss der Augenzeuge. Aber: «Die Russen brauchen jetzt Zeit, um sich zu organisieren, um vielleicht im Frühling eine Gegenoffensive zu starten.»

Die Ukraine habe aktuell den Vorteil, dass sie dank westlicher Waffenhilfe und weitreichender Artillerie den Gegner hinter der Linie «punktgenau» angreifen könne, erklärt Pelda. Zudem verringert die Einführung von Systemen wie etwa der deutschen Panzerhaubitze 2000 die Abhängigkeit von Munition in sowjetischem oder russischem Format.

Kurt Pelda in Charkiw: So unheimlich tönt ein Raketenangriff

Kurt Pelda in Charkiw: So unheimlich tönt ein Raketenangriff

Raketenangriff auf Charkiw – und Kriegsreporter Kurt Pelda mittendrin: Nur 300 Meter von ihm entfernt ist das Geschoss eingeschlagen, erzählt der Basler Talkmaster Roger Schawinski.

29.10.2022

Wie erfolgreich bekämpft Kiew die neuen iranischen Kamikaze-Drohnen, will Schawinski von Pelda wissen. «Der ukrainische Militär-Geheimdienst sagt, sie schiessen 70 Prozent ab.»

«Aber da kommen ja 30 Prozent durch», rechnet der Gastgeber nach. «Und die haben Hunderte von denen.» Pelda stellt die Verhältnisse klar: Die Drohnen hätten die Wirkung einer Artilleriegranate und seien deshalb keinesfalls «kriegsentscheidend».

«Ein paar Kilometer hinter der Front ist es richtig gefährlich»

Der Gast weiss nicht nur um militärische Details, sondern gibt vor allem auch seltene Einblicke in den Alltag im Kriegsgebiet. Etwa wenn er einen Film aus Bachmut zeigt und erklärt, wie die Menschen aus der umkämpften Stadt und dem Umland überhaupt einkaufen, an Geld oder ihre Pension kommen.

Oder wenn Pelda von einer Frau aus Cherson erzählt, die mit anderen im grossen Stil die Flucht von Eingeschlossenen aus Cherson organisiert hat, die nicht nach Russland evakuiert werden wollten. Diesen Weg wählen Moskau-treue Bewohner. «Die anderen sind unter Zwang weggeschafft worden», weiss Pelda.

Das neue an diesem Krieg seien die Drohnen, die präzises Artilleriefeuer möglich machten. Und das weiss der Kriegsreporter aus eigener Erfahrung: «Mich hätten sie fast erwischt mit so einem Angriff», sagt er und berichtet, wie seine Gruppe von einer Drohne aufgeklärt wurde, 15 bis 20 Sekunden vergingen und einzelne Granaten wenige Meter neben ihnen explodierten.

«Ein paar Kilometer hinter der Front ist es richtig gefährlich», endet Pelda. Dass ihn die Gefahr nicht abhält, wieder in die Ukraine zu reisen, ist klar. «Ich wäre froh, im Winter wieder zu gehen.»

Den ganzen Talk mit Kurt Pelda siehst du am Sonntag, 18:15 Uhr (Wiederholung 22 Uhr), in der Sendung «Schawinski» auf blue Zoom.

Der «Schawinski»-Talk mit Kurt Pelda in voller Länge:

Schawinski – mit Kurt Pelda

Schawinski – mit Kurt Pelda

Der Basler Journalist und Autor ist durch seine Recherchen und Reportagen berühmt geworden. Erst vor kurzem kehrte er aus der Ukraine zurück. Im Gespräch mit Roger Schawinski ordnet Kurt Pelda die aktuelle Situation im umkämpften Kriegsgebiet ein.

29.10.2022