Bötschi fragt Fernsehkoch Studi: «Das sieht man leider oft in Schweizer Beizen»

Von Bruno Bötschi

6.6.2021

«Es heisst ja, wenn man gewisse Lebensmittel wie Chili oder Vanille ins Essen gebe, täte dies die Libido anregen»: Andreas C. Studer alias Studi.
«Es heisst ja, wenn man gewisse Lebensmittel wie Chili oder Vanille ins Essen gebe, täte dies die Libido anregen»: Andreas C. Studer alias Studi.
Bild: Klafs AG

Fernsehkoch Andreas C. Studer alias Studi ist nach London umgezogen. Im Gespräch verrät er, warum er kaum mehr am TV zu sehen ist, welches Lebensmittel schlicht perfekt ist und was es mit der Rösti seiner Mutter auf sich hat.

Von Bruno Bötschi

6.6.2021

Anfangs der 2000er-Jahre war er bekannteste Koch der Schweiz, ohne ein eigenes Restaurant zu besitzen. Im Leben von Andreas C. Studer, kurz Studi genannt, war damals ziemlich viel am Köcheln. 

Begonnen hat seine Karriere 1997 in der Sendung «Kochduell» auf dem deutschen Fernsehkanal Vox. Damals hantierte Studi auch zum ersten Mal mit einem roten Käppi am Herd, das er verkehrt herum auf seinem Kopf trug. Die Mütze ist seither sein Markenzeichen.

«Studi, den Schweizer» schlossen die deutschen TV-Zuschauerinnen und -Zuschauer schnell ins Herz, weil er nie um einen erfrischenden Spruch verlegen war.

Irgendwann realisierten auch die Kochfans hierzulande, dass da ein Schweizer im nördlichen Nachbarland gerne mit der Kamera flirtet. Und so kam es, wie es kommen musste: 2001 bis 2011 war Studi Protagonist der Kochsendung «Al dente» bei SRF.

Als Fernsehkoch auf vielen Kanälen hetzte er von Termin zu Termin – von Berlin nach Zürich, von Zürich nach Köln und wieder zurück. Bis Studi eines Tages genug hatte und seine Fernsehkarriere an den Nagel hängte.

Weil der 55-Jährige seit einiger Zeit in London lebt, wurde dieses Interview per Telefon geführt. Was kein Problem ist, denn der Koch und der Journalist kennen sich schon länger persönlich. Zum ersten Mal getroffen haben sich die beiden 2008 in Berlin, als Studi noch im «Kochduell» hantierte.

Andreas C. Studer, wir machen heute ein Frage-Antwort-Spiel: Ich stelle Ihnen in der nächsten halben Stunde möglichst viele Fragen – und Sie antworten möglichst schnell und spontan. Passt Ihnen eine Frage nicht, sagen Sie einfach ‹weiter›.

Okay, dann sage ich in den nächsten 30 Minuten also einfach immer ‹weiter› (lacht).

Salz oder Pfeffer?

Am allerliebsten Fleur de Sel.

Pasta oder Reis?

Ich liebe Risotto.

Himbeeren oder Erdbeeren?

Heute Morgen ass ich zum Frühstück einen Erdbeer-Porridge, also Haferbrei. Jetzt kennen Sie auch diese Vorliebe von mir.

Gibt es für Sie so etwas wie das perfekte Lebensmittel?

Ohne Greyerzer geht für mich nichts. Käse bedeutet Heimat. Er hat mir auch schon oft gegen Heimweh geholfen.

Hier ein paar Erscheinungen, die in Fachzeitschriften als die grossen kulinarischen Trends bezeichnet werden – ich bitte Sie Ihren spontanen Kommentar abzugeben: Street Food.

Ich esse mindestens zwei-, dreimal pro Woche Street Food. Unweit von meiner Wohnung in London entfernt gibt es den wunderbaren Spitalfields-Mark. Gestern ass ich dort wunderbare taiwanesische Teigtaschen.

Food pairing.

Eine coole Sache. Ich habe das selber auch schon probiert und zu Emmentaler-Käse salzige Cranberry-Butter serviert. Wunderbar!

Hybrid Food.

Zum Autor: Bruno Bötschi
Bild: zVg

«blue News»-Redaktor Bruno Bötschi spricht für das Frage-Antwort-Spiel «Bötschi fragt» regelmässig mit bekannten Persönlichkeiten. Bötschi hat viel Erfahrung mit Interviews. Für die Zeitschrift «Schweizer Familie» betreute er jahrelang die Serie «Traumfänger». Über 200 Persönlichkeiten stellte er dafür die Frage: Als Kind hat man viele Träume – erinnern Sie sich? Das Buch zur Serie «Traumfänger» ist im Applaus Verlag, Zürich, erschienen. Es ist im Buchhandel erhältlich.

Kann auch spannend sein. Was ich jedoch nicht mag ist, wenn damit übertrieben wird. Also wenn etwa Tofu in veganes Ghackets unbenannt wird.

Selber kochen.

Ich koche nach wie vor fürs Leben gern. Schöner ist nur, wenn ich von Freundinnen oder Freunden zu einem privaten Essen daheim eingeladen werden. Ich finde, so eine Einladung ist eines der grössten Komplimente, die man einem gelernten Koch machen kann. Nur leider fürchten sich viele Menschen davor, weil sie Angst haben, ich würde Sie kritisieren. Mache ich aber nie.

Geht Liebe durch den Magen?

Meistens – es gibt allerdings immer mehr Menschen, die unter Allergien leiden. Ich leider auch.

Was schlägt Ihnen auf den Magen?

Peperoni.

Schon einmal eine Träne verdrückt, weil Ihnen ein Menü derart gut schmeckte?

Meine Mutter ist leider vor ein paar Jahren gestorben. Als ich ein paar Monate danach die letzte von ihr selbst gemachte Aprikosen-Konfitüre auf ein Stück Brot strich, hatte ich wässerige Augen.

Kann einem ein gutes Essen einen Orgasmus bescheren?

Oh Gott, nein… ehrlich gesagt, dass kann ich mir nur schwer vorstellen.

Vor drei Jahr antworteten Sie im ‹Blick› auf dieselbe Frage: ‹Auf jeden Fall!›

Jetzt haben Sie mich aber erwischt. Es heisst ja, wenn man gewisse Lebensmittel wie Chili oder Vanille ins Essen geben würde, täte dies die Libido anregen.

Schon einmal ausprobiert?

Ach, das ist jetzt so eine typische Bötschi-Frage (lacht). Ich könnte jetzt mit ‹weiter› antworten, aber den Gefallen tue ich Ihnen nicht.

Sondern?

Ehrlich gesagt, ich habe das noch nie vorsätzlich versucht.

Wenn man dem 2018 verstorbenen New Yorker Küchenchef Anthony Bourdain glaubt, dann ist Kochen: ‹Sex, Drugs and Rock'n'Roll›.

Blicke ich auf meine eigene Karriere zurück, stimmt dieses Motto durchaus. Ich durfte in den letzten 30 Jahren unglaublich viele tolle Rock’n'Roll-Momente erleben. Gleichzeitig weiss ich aber auch, dass der Alltag eines Koches, der in einem ganz normalen Restaurant arbeitet, oft alles andere als glamourös ist. Aber genau diese Menschen und ihre Arbeit müssen wir besonders respektieren. Mir war deshalb auch immer klar: Egal, wie erfolgreich ich als Fernsehkoch bin, Demut und Dankbarkeit sind die wichtigsten Charaktereigenschaften.

Wenn Sie zurückdenken: Was war der Geschmack Ihrer Kindheit?

Den wunderbaren Buttergeschmack vom Sonntagszopf, wenn meine Mutter gebacken hat, werde ich wohl mein Leben lang nicht mehr vergessen.

«Mir war deshalb auch immer klar: Egal, wie erfolgreich ich als Fernsehkoch bin, Demut und Dankbarkeit sind die wichtigsten Charaktereigenschaften»: Andreas C. Studer.
«Mir war deshalb auch immer klar: Egal, wie erfolgreich ich als Fernsehkoch bin, Demut und Dankbarkeit sind die wichtigsten Charaktereigenschaften»: Andreas C. Studer.
Bild: Suttero

Stimmt es, dass man in Ihrer Heimat, dem Berner Oberland, bis heute die Liebesgeschichte Ihrer Eltern erzählt?

Das wäre gut möglich.

Wie geht die Geschichte nochmals?

Ohne die Rösti meiner Mutter gäbe es mich wohl nicht. Sie arbeitete als Köchin in der Kantine des Militärflugplatzes Interlaken. Eines Tages wollte ein junger Techniker wissen, wer das Fräulein in der Küche sei, das so feine Rösti zubereitet. Der Rest ergab sich von selbst. Und unter uns gesagt: Vielleicht waren es aber auch die wunderbaren blauen Augen von meiner Mutter, in die sich mein Vater damals verliebt hat.

Wie war es, als Sie zum ersten Mal in der Küche standen?

Da durfte ich noch nicht kochen, sondern nur meiner Mutter zuschauen. Einmal haben wir fast die Küche abgefackelt, weil der Filter des Abzuges Feuer gefangen hat. Das war ein krasses Erlebnis.

Was haben Sie als Erstes gekocht?

Nachdem ich am Jahrmarkt einen Stand entdeckt hatte, wo Caramelzeltli produziert wurden, wollte mir das nicht mehr aus dem Kopf gehen. Ich wunderte mich, wie aus Zucker Caramel werden konnte. Als ich es zu Hause selber ausprobierte, kam es, wie es kommen musste: Der Zucker verbrannte, die Teflonpfanne war futsch.

Auch später ging bisweilen etwas schief, wenn Sie am Herd gestanden sind.

Sie haben aber gut recherchiert.

Sogar Ihr Lehrabschluss soll auf Messers Schneide gestanden haben. Wahr oder nicht?

Während des praktischen Teils der Prüfung sollte ich den sechs Probegästen einen Artischockensalat servieren. Das Problem dabei: Ich sah an diesem Tag zum ersten Mal in meinem Leben Artischocken. Kein Witz! In der Folge vergass ich das unter den Blättern liegende Heu zu entfernen. ‹Ungeniessbar›, urteilte der Experte, der den Salat probierte, bevor er den Gästen serviert werden sollte. Scheinbar gelang mir der Rest meines Menüs aber derart gut, dass ich die Prüfung trotzdem mit Bravour bestanden habe.

Welcher typische Schweizer Minderwertigkeitskomplex geht Ihnen auf den Wecker?

Dass wir nur ein kleines Land sind und oft das Gefühl haben, nirgends richtig dazuzugehören. Aber ist das überhaupt ein Minderwertigkeitskomplex?



Sie lebten lange in Zürich, danach fast 22 Jahre lang in Berlin und nun seit drei Jahren in London. War Ihnen die deutsche Hauptstadt zu langweilig oder warum sind Sie in die britische Metropole umgezogen?

Ich hatte lange Zeit eine Wohnung in Berlin und Zürich, bin also hin- und hergependelt. Bis ich eines Tages zu mir selber gesagt habe: Andy, komm, jetzt stellst du nochmals etwas Neues auf die Beine, suchst eine neue Herausforderung. Ich habe schon immer gern die Welt entdeckt.

Ihr ultimativer Restaurant-Tipp für Zürich?

Ich mag das koreanische Restaurant Mi Mi Sa in Zürich-Seebach. Es hat nur 15 Sitzplätze und darum hätte ich diesen Geheimtipp jetzt besser wohl nicht verraten, weil die jetzt dann ständig besetzt sein werden.

Für Berlin?

Ich mag Restaurants nicht, wo es heisst, da müsse man unbedingt hingehen. Ich war deshalb in Berlin auch nie im Borchardt. Mein Favorit war ein kleines Sushi-Restaurant, das aber leider den Corona-Lockdown nicht überlebt hat. Ansonsten möchte ich in Berlin lieber kein Lokal nennen, sonst rennen alle dort hin und es ist bald kein Geheimtipp mehr.

Für London?

Mit 28 kochte ich einige Zeit im Sheraton Hotel in Cancún. Dort lernte ich die mexikanische Küche kennen und schätzen. In London gibt es die Restaurantkette Wahaca, die sich auf die mexikanische Küche spezialisiert hat. Die haben, glaube ich, sechs oder sieben Betriebe. Ich bin da öfter Gast.

Wie sind Sie eigentlich Fernsehkoch geworden?

Kurz zuvor war ich aus Mexiko zurückgekehrt und bin dann für ein Wochenende nach Berlin geflogen. Ich war total fasziniert von der Stadt im Umbruch nur kurz nach dem Mauerfall. Zwei Monate später stand ich wieder vor dem Brandenburger Tor, dem Berliner Wahrzeichen. Ohne Job im Gepäck, dafür mit einem Zimmer in einer Berliner Wohngemeinschaft und etwas Erspartem. Und zudem mit dem Wissen, dass ich Talent habe. Kurz danach stolperte ich in einer Gastronomiezeitung über ein Inserat: ‹Fernsehkoch gesucht.› ‹Das ist es›, dachte ich. Der deutsche Fernsehsender Vox suchte damals zehn Köche für die Sendung ‹Kochduell›.

In der Kochsendung «Al dente» mit Sven Epiney drehte sich alles rund ums Essen: Die Fernsehköche Andreas C. Studer und Sibylle Sager präsentierten Rezepte und Alberto Russo lieferte die Weintipps dazu.

Bild: SRF

Wirklich wahr, dass Sie in Berlin anfangs in einer WG mit fünf Männern und einem Baby gelebt haben?

Das stimmt. Ich habe mich für die Wohnung beworben und dachte anfänglich, die Männer seien alle schwul. Dem war aber nicht so.

Sondern?

Schwul waren nur der Mann, der auszog (lacht).

Die TV-Zuschauerinnen und -Zuschauer riechen und schmecken nichts. Sie müssen als Fernsehkoch dauernd rufen: ‹Ohh, so fein!› Absurd, nicht?

Als Fernsehkoch muss ich sehr genau beschreiben können, was ich gerade rieche oder schmecke. Lebensmittel sind jedoch etwas sehr Ästhetisches, deshalb fiel mir das von Anfang an leicht.

Müssen TV-Köche überhaupt kochen können?

Ja, ich glaube schon, dass dies eine Grundvoraussetzung sein sollte. Als Fernsehkoch musst du zudem in null Komma nichts aus wenigen Zutaten eine kulinarische Köstlichkeit herzaubern können, die auch optisch etwas hergibt – viel mehr noch als im Restaurant.

So grundsätzlich: Wie hat das Fernsehkochen unsere Esskultur verändert?

Ich glaube, manche Lebensmittel haben erst durch das Fernsehen eine gewisse Bekanntheit erlangt haben. Mitte der 1990er Jahren trat ich einmal in einer Kochshow im Osten Deutschlands auftrat und verwendete Balsamico-Essig. Als ich die Zuschauerinnen und Zuschauern probieren liess, fragten fast alle, was das genau sei. Sie kannten Balsamico nicht. Als Fernsehkoch kam ich mir manchmal wie ein Lehrer vor.

«Als Fernsehkoch muss ich sehr genau beschreiben können, was ich gerade rieche oder schmecke. Lebensmittel sind jedoch etwas sehr Ästhetisches, deshalb fiel mir das von Anfang an leicht»: Andreas C. Studer.
«Als Fernsehkoch muss ich sehr genau beschreiben können, was ich gerade rieche oder schmecke. Lebensmittel sind jedoch etwas sehr Ästhetisches, deshalb fiel mir das von Anfang an leicht»: Andreas C. Studer.
Bild: Klafs AG

Ist Kochen ein Fleiss- oder Talentberuf?

Fleiss allein reicht nicht, also ganz sicher für jene Köche nicht, die nach den Sternen oder Punkten greifen wollen.

Tut es manchmal weh, so unheimlich kreativ zu sein?

Im Gegenteil.

Was können Sie am Kochen überhaupt nicht leiden?

Ich mag nicht, wenn jemand ständig dasselbe Repertoire kocht und so überhaupt nicht kreativ sein will. Sieht man leider oft in Schweizer Beizen: Schnitzel, Geschnetzeltes, Pastetli und so weiter.

In welcher Disziplin in der Küche sind Sie am schlechtesten?

Das Backen überlasse ich gern den anderen.

Auf welche Dinge achten Sie besonders, wenn Sie in ein Restaurant essen gehen?

Die Sauberkeit ist das A und O.

Ihr Kurzkommentar zum Restaurantführer ‹Guide Michelin›?

Eine coole Sache, zumindest für jene Menschen, die es sich leisten können, regelmässig so teuer essen zu gehen. Ich gehöre jedoch nicht zu dieser Klientel.

Ihr Kurzkommentar zum Restaurantführer ‹Gault Millau›?

Siehe oben.

Hatten Sie eigentlich nie ein schlechtes Gewissen?

Warum sollte ich eines haben?

Sie waren Anfang der Nullerjahre einer der bekanntesten Köche der Schweiz – dabei besassen Sie nicht einmal ein eigenes Restaurant.

Deswegen hatte ich nie ein schlechtes Gewissen (lacht).

Der Restaurantführer ‹Gault Millau› vergibt maximal 20 Punkte. Wie viele würden Sie schaffen?

Ich würde sagen, 15 Punkte. Ich könnte mich ja einmal inkognito selber testen.

Warum lieber Fernsehkoch als Sternekoch?

Ich bin lieber Starkoch (lacht). Ich gebe zu, das Dasein als Fernsehkoch fühlte sich gut an, denn man macht Zuschauerinnen und Zuschauer glücklich, wenn auch nur für eine kurze Zeit. Zudem gibt es gute Gedankenanstösse fürs Selberkochen.



Nach fast 20 Jahren und über 2500 Kochsendungen in Deutschland und der Schweiz haben Sie 2018 die Schürze als Fernsehkoch an den Nagel gehängt. Warum eigentlich?

Ich hatte irgendwie das Gefühl, der Markt sei gesättigt. Und es gab auch keine TV-Formate, die mich angesprochen hätten. Aber ich möchte meine Zeit als Fernsehkoch unter keinen Umständen missen. Es war eine unglaubliche Zeit, während der ich ganz viele grossartige Menschen kennenlernen durfte.

Gucken Sie Steffen Henssler gern zu, wenn er am Fernsehen kocht?

Nein. Was wohl auch damit zu tun hat, dass wir beide das Heu noch nie auf der gleichen Bühne hatten. Ich mag seine Art nicht besonders.

Wie finden Sie die Kocherei von Tim Mälzer?

Seine Sendung ‹Kitchen Impossible› ist ganz okay, aber ich bin überhaupt kein Fan von Fäkalsprache. Ich kann kochen, ohne dass ich ständig Kraftausdrücke raushauen muss. Vielleicht liegt es daran, dass ich glücklicherweise eine gute Kinderstube hatte und deshalb im Fernsehen nie geflucht habe – nicht einmal dann, als ich mir während einer Livesendung mit dem Messer in den Finger schnitt.

Wann zum letzten Mal in der Küche in den Finger geschnitten?

Das ist schon so lange her, dass ich mich nicht mehr daran erinnern kann.

Haben Sie sich je ernsthaft verletzt in der Küche?

Zum Glück nicht, aber kürzlich habe ich mir, als ich ein Regal in der Küche aufbauen wollte, mit dem Hammer auf den Finger gehauen. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie einer unserer Lehrer in der Gewerbeschule am ersten Tag zu unserer Klasse sagte: ‹Ärgert euch nicht zu fest, aber in den nächsten Jahren werdet ihr euch immer wieder mal in die Finger schneiden. Und es wird euch auch öfter etwas auf den Boden fallen.›

Ist seine Propheizung eingetroffen?

Ja, das ist sie.

Ihre Meinung zu Sarah Wiener?

Sarah finde ich cool. Ich mag sie sehr, finde es auch toll, dass sie seit 2019 für die österreichischen Grünen im Europäischen Parlament sitzt. Leider musste sie jedoch vor ein paar Monaten für ihre zwei Berliner Restaurants und den Catering-Betrieb Insolvenz erklären – wegen der wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie. Ihre restlichen Unternehmen sind zum Glück von der Insolvenz nicht betroffen.

Was halten Sie von Meta Hiltebrand?

Eine sehr coole Frau. Meta ist immer geradeaus und total direkt. Das schätze ich ungemein. Und Meta ist eine wunderbare Botschafterin für die Schweizer Küche – gerade auch im Ausland.

Wie finden Sie die televisionären Kocherei von René Schudel?

Ich mag seine Kochsendungen, nicht zuletzt auch deshalb, weil es kurze und schnelle Formate sind. Aber wissen Sie was, wir sind beide im Berner Oberland aufgewachsen, haben uns aber bisher noch nie persönlich getroffen.

Die Schweiz hat drei berühmte TV-Köche: Meta Hiltebrand, Renè Schudel und Sie. Wäre es nicht endlich an der Zeit, dass das Schweizer Fernsehen SRF mit euch dreien ein grosses Kochduell realisieren sollte?

Eine gute Idee. Ich wäre sofort dabei.



Was kochen Sie am liebsten, wenn Sie daheim sind?

Da bin kein typischer Koch. Sprich: Ich plane nicht lange voraus.

Sondern?

Ich gehe immer ohne Einkaufsliste einkaufen, lasse mich stattdessen von meiner Lust leiten oder von den aktuellen Angeboten verführen.

Welches Lebensmittel, neben dem bereits erwähnten Greyerzer-Käse, hat es bei Ihnen daheim immer im Kühlschrank?

Milch, Rohschinken und Salami. Vorrätig habe ich zudem auch immer Oliven und Crackers.

Wie klappt es mit dem Privatleben in London?

Mir geht es gut und bin gerade Single, wenn Sie das wissen wollen.

Was ist das Schönste, was man einem Koch sagen kann?

Ein Lob ist immer etwas Tolles. Kürzlich guckte ich mit einigen Freundinnen und Freunden den ESC-Final. Bevor die Übertragung losging, servierte ich ein Zitronengras-Risotto mit Garnelen, Chili und Koriander. Das kam extrem gut an.

Was gab es zu trinken?

Das ESC-Finale auf BBC wird seit Jahren von Komiker und Fernsehmoderator Graham Norton kommentiert. Das ist jedes Mal ein grosser Spass. Passend dazu tranken wir deshalb ‹Graham Norton’s Own Sauvignon Blanc›.

«Ich gehe immer ohne Einkaufsliste einkaufen, lasse mich stattdessen von meiner Lust leiten oder von den aktuellen Angeboten verführen»: Andreas C. Studer.
«Ich gehe immer ohne Einkaufsliste einkaufen, lasse mich stattdessen von meiner Lust leiten oder von den aktuellen Angeboten verführen»: Andreas C. Studer.
Bild: Privat

Kürzlich posteten Sie auf Ihrem Instagram-Account ein Bild einer farbigen Hauswand und notierten dazu: ‹The Sky’s the Limit.›

Ich mag den Spruch, aber noch lieber ist mir die folgende Redewendung vom 2014 verstorbenen US-amerikanischen Moderator Casey Kasem: ‹Keep your feet on the ground, and keep reaching for the stars.› (zu Deutsch: Bleib immer auf dem Boden, aber versuche immer nach den Sternen zu greifen!) Ja, ich bin überzeugt, wer dankbar ist, lebt gesünder. Gleichzeitig finde ich es aber wichtig, dass man an sich selber glaubt und gleichzeitig offen ist, sich hin und wieder auch für Ideen von anderen Menschen begeistern zu können.

Wann haben Sie sich zuletzt für die Idee eines anderen Menschen begeistern können?

In Grossbritannien engagieren sich ganz viele Menschen in der Freizeit als Volunteer. Ich selber habe kürzlich dreimal freiwillig in einem Corona-Impfzentrum ausgeholfen. Das tat gut.

Und zum Schluss gibt es jetzt noch den Self-Rating-Test: Sie schätzen Ihr Talent zwischen zehn Punkten, super tolle Begabung, und null Punkten, keine Begabung, ein: Unterwäsche-Model.

Aktuell würde ich mir in dieser Kategorie sechs Punkte geben.

Das heisst, Sie stehen kurz vor dem Sixpack?

Sagen wir es so: Ich bin gerade ziemlich gut im Schuss und ja, das Sixpack ist nicht mehr weit, also wenn ich weiterhin so fleissig trainiere wie in den letzten Wochen und Monaten.

Gärtner?

Acht Punkte. Obwohl ich zugeben muss, dass ich früher absolut keinen grünen Daumen hatte. Aber mit der immer grösser werdenden Leidenschaft für dieses Hobby wuchs auch meine Erfolgsrate.

Liebhaber?

Drei Punkte (lacht). Sie sind so schlecht im Bett? Okay, ich sage sieben Punkte, sonst entstehen nach der Veröffentlichung von diesem Interview noch irgendwelche komischen Gerüchte.

Sänger?

Zwei Punkte. Singen kann ich überhaupt nicht. Nicht einmal in einer Karaoke-Bar würde ich mich ans Mikrofon wagen.

Fotograf?

Sieben Punkte. Ich bin ein ambitionierter Autodidakt mit Luft nach oben.

Es ist ja auch bereits ein Fotoband von Ihnen erschienen.

Das stimmt. 2012 gab ich ein Buch über Schweizer Kühe heraus. Und vielleicht kommt bald ein nächstes Fotoprojekt zustande.

Wollen Sie schon mehr dazu verraten?

Wir Menschen sind auf der Strasse oft zu zweit unterwegs. Ich fotografiere Paare, die ich unterwegs spontan treffe. Das können Liebespaare, beste Freunde, aber auch Vater und Sohn sein. Es sind immer sehr spannende Begegnungen. Es soll ein Buch der Liebe werden.

Haben Sie ein schlechtes Gewissen, wenn Sie Ihren Teller nicht leer essen?

Nein, überhaupt nicht. Aber ich weiss, viele Schweizerinnen und Schweizer haben Mühe damit. Dabei kann man sich das Essen ja einpacken lassen und es daheim nochmals aufwärmen, wenn man wieder Hunger bekommt. Und ich weiss zudem aus eigener Erfahrung, dass es in jedem Restaurant einen Schweinetrog gibt. Es wird also kein Essen weggeschmissen.

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