Fake News Fake News: Deshalb verführen sie uns

Von Michael In Albon

12.3.2021

Fake News als Begriff gibt es noch nicht so lange. Besonders der amerikanische Ex-Präsident Donald Trump wird oft mit dieser Art der Desinformation in Verbindung gebracht. Wie und weshalb funktionieren Fake News überhaupt?
Fake News als Begriff gibt es noch nicht so lange. Besonders der amerikanische Ex-Präsident Donald Trump wird oft mit dieser Art der Desinformation in Verbindung gebracht. Wie und weshalb funktionieren Fake News überhaupt?
Bild: Keystone

Von Michael In Albon

12.3.2021

Im Internet haben Lügen keine kurzen Beine, im Gegenteil. Sie machen Nachrichten grösser, schneller, krasser – beliebter. Zu Neudeutsch heisst das dann «Fake News». Wie und weshalb funktioniert Desinformation?

Das Coronavirus werde «wie von Zauberhand und ganz plötzlich verschwinden», sagte der damalige US-Präsident Donald Trump am Anfang der Pandemie.

Einige Jahre zuvor ging seine Behauptung um die Welt, das Konzept der Klimaerwärmung sei von Chinesen erfunden worden, um der amerikanischen Wirtschaft zu schaden.

Wir alle wissen, wie falsch diese Aussagen damals waren. Auch er musste es gewusst haben, schliesslich ist ein Präsident von zahlreichen Beratern und Wissenschaftlerinnen umgeben. Warum also diese Behauptungen?

Von der Lüge zu Fake News

Wer etwas Falsches erzählt, kann dies aus verschiedenen Gründen tun. Zum Beispiel unabsichtlich, weil man etwas missversteht und dann falsch wiedergibt. Ist uns allen schon mal passiert. Man kann aber auch absichtlich etwas Falsches sagen, also lügen.

Im Fall von Donald Trump ging es vermutlich darum, keine Panik zu erzeugen und zu suggerieren, dass er die Situation unter Kontrolle hat. Mitten im Wahlkampf konnte er sich kein schlechtes Image erlauben.

Fake News haben diverse Zwecke: Es geht darum, die Aufmerksamkeit absichtlich zu verschieben, versteckte Propaganda für ein bestimmtes Ziel zu betreiben oder – und das erleben wir in den sozialen Medien aktuell sehr oft – gezielt zu desinformieren. Sei es mit bizarren Heilmitteln für Corona oder Abstreitungen des Klimawandels. Doch warum sind Fake News trotzdem so erfolgreich und erhalten so viel Aufmerksamkeit?

Wahr oder nicht wahr – ist das wirklich die Frage?

Der Philosoph William James hat vor bald 100 Jahren Wahrheit so definiert: Wahr ist, was uns nützt. Und meinte damit, dass wir eine Information besonders gerne glauben, wenn sie unsere Vermutung oder Meinung bestätigt.

Kommunikationswissenschaftlerin Edda Humprecht von der Universität Zürich erklärt das so: «Menschen neigen dazu, eher Informationen zu glauben, die ihr Weltbild und ihre Werte bestätigen – auch wenn sie falsch sind. Die Psychologie nennt dieses Phänomen Confirmation Bias oder Bestätigungsfehler.»

Dr. Edda Humprecht forscht am Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung der Universität Zürich. Seit 2016 widmet sie sich verstärkt dem Thema Falschinformationen und untersucht, warum und wie sich Fake News in den sozialen Medien verbreiten und welche Länderunterschiede es gibt.
Dr. Edda Humprecht forscht am Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung der Universität Zürich. Seit 2016 widmet sie sich verstärkt dem Thema Falschinformationen und untersucht, warum und wie sich Fake News in den sozialen Medien verbreiten und welche Länderunterschiede es gibt.
Bild: John Flury

Gerade bei polarisierenden Themen wie Wahlen oder Abstimmungen lasse sich dies häufig beobachten, weil die meisten Personen dann starke und starre Meinungen hätten.

«Es geht nicht einmal unbedingt darum, ob eine Nachricht wahr ist, sondern darum, in den sozialen Netzwerken zu zeigen, dass es Artikel gibt, welche die eigene Meinung bestätigen oder auch einfach die eigene Überzeugung teilen», so die Wissenschaftlerin. Ob wir uns für etwas interessieren oder nicht, hängt also nicht primär davon ab, ob es wahr ist oder nicht.

So lassen wir uns von Fake News verführen

Genau wegen dieses Bestätigungsfehlers sind Fake News erfolgreich. Sie geben uns das, was wir «hören wollen». Dr. Humprecht erläutert: «Falschinformationen sind meistens gut aufbereitet: auffällige Bilder und einfache Botschaften statt komplexer Inhalte. Das kommt vielen Menschen entgegen.

Ganzes Interview lesen

Das ganze Interview mit Dr. Edda Humprecht finden Sie im Magazin «enter», der Eltern-Ratgeber für digitale Medien von Swisscom. Die aktuelle Ausgabe diskutiert diverse Themen rund ums Thema Fake News.

Gerade wenn die Unsicherheit hoch ist, wie in der Pandemie, suchen wir nach Erklärungen, die das komplexe Umfeld vereinfachen.» Genau das tun Falschinformationen, sagt Humprecht: «Sie teilen die Welt in Schwarz oder Weiss, Gut oder Böse ein. Das entspricht allerdings selten der Wirklichkeit.»

So hat es in der Verzweiflung der Pandemie vielleicht etwas Tröstliches, auch nur einen Moment lang zu hoffen, dass das Coronavirus wie von Zauberhand plötzlich verschwinden würde.


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Michael In Albon leitet «Schulen ans Internet» und ist Jugendmedienschutz-Beauftragter sowie Medienkompetenz-Experte.
Michael In Albon leitet «Schulen ans Internet» und ist Jugendmedienschutz-Beauftragter sowie Medienkompetenz-Experte.
Bild: Swisscom