Mode mit Message Wenn Männer sich breit machen – zwei Designerinnen setzen Zeichen

Caroline Bock, dpa

7.2.2021

Die Designerinnen Mina Bonakdar (links) und Elena Buscaino.
Die Designerinnen Mina Bonakdar (links) und Elena Buscaino.
Bild: dpa/Jörg Carstensen

Zwei Berliner Studentinnen machen Mode gegen Männer, die sich im öffentlichen Raum breitmachen. Ihnen geht es um mehr als nur schlechtes Benehmen in der U-Bahn.

Frauen kennen das. Sie sitzen in der U-Bahn oder im Bus, die Beine parallel nebeneinander oder übereinandergeschlagen. Schon taucht ein männlicher Mitpassagier auf, fläzt sich gegenüber oder daneben hin, macht die Beine breit und nimmt so viel mehr Platz ein als nötig.

Das Phänomen hat seit einigen Jahren einen globalen Namen: Manspreading.

Gegen dieses «Ausbreiten des Mannes» in Bus und Bahn gab es in Städten wie New York, Madrid und Wien schon Kampagnen. In Berlin klärten die Verkehrsbetriebe ihre Fahrgäste via Facebook auf, dass es keinerlei anatomische Gründe für das maskuline In-die-Breite-Sitzen gebe. Sie forderten: «Knie zusammen, ihr Dödel!»

Es geht nicht allein um schlechtes Benehmen

Es ist ein Thema mit viel Aufregerpotenzial in den Kommentarspalten, für einige nach dem Motto: Ich komme da nicht mehr mit, was soll uns Männern denn noch alles verboten werden?

Eine einfache Antwort lautet: Es geht nicht allein um schlechtes Benehmen. Sondern auch um Rücksicht und gleiches Recht für alle, das eben bei kleinen Dingen anfängt.

Die Berliner Studentinnen Elena Buscaino, 26, und Mina Bonakdar, 25, wehren sich auf ihre Art. Sie setzen mit dem «Riot Pant Project» ein Zeichen und verkaufen Hosen mit Slogans gegen männliche Dominanz. «Stop Spreading» oder «Give Us Space», diese Worte sind zu sehen, sobald die Trägerin oder der Träger die Beine breitmacht.

Die Botschaft des Projekts von Elena Buscaino und Mina Bonakdar lautet: Hört auf mit dem Ausbreiten und gebt uns Raum.
Die Botschaft des Projekts von Elena Buscaino und Mina Bonakdar lautet: Hört auf mit dem Ausbreiten und gebt uns Raum.
Bild: dpa/Jörg Carstensen

Die Botschaft lautet also: Hört auf mit dem Ausbreiten und gebt uns Raum. Der dritte Aufdruck lautet schlicht und direkt «Toxic Masculinity», also toxische Männlichkeit.

Die beiden Frauen haben sich 2019 an der Universität der Künste kennengelernt, bei einem Mode- und Grafikdesign-Projekt über Schrift und Kleider, das Thema war Ehe und Scheidung. «Wir haben uns viel über Sexismus und Feminismus unterhalten», erzählen sie. Ihnen geht es darum, Geschlechterrollen ins Visier zu nehmen und Stereotypen zu demaskieren. Dahinter steht für sie die Frage, wie viel Raum Männer insgesamt einnehmen: «Wer hat wie viel Platz in der Gesellschaft?»

«Es ist wie mit dem Staub beim Staubwischen»

Einen direkten Anlass für das Anti-Manspreading-Projekt gab es nicht. «Der Schlüsselmoment ist, dass es jeden Tag passiert», sagt Elena Buscaino. «Die Frustration und Wut waren schon vorher da», bestätigt Mina Bonakdar.



Die Wirkung der Slogans auf ihren Hosen beschreibt sie so: «Die Sexualisierung der körperlichen Geste löst sich auf, die Sprüche wirken als Schutz und geben Kraft.» Die Hosen machen ihnen auch Spass. Von Freunden hätten sie viel Zuspruch bekommen. «Es ist ihnen überhaupt erst aufgefallen, wie sie sich verhalten.»

Kleiner Exkurs: Zur Feminismus-Debatte gehört Manspreading schon länger. 2017 schrieb die Autorin Margarete Stokowski in einer Spiegel-Kolumne: «Mit Manspreading ist es wie mit Staub beim Staubwischen: Wenn man einmal anfängt, drauf zu achten, dann sieht man es überall.»

Zurück zu Elena Buscaino und Mina Bonakdar. Sie kennen aus dem Netz auch Kritik, oft nach dem Motto: Als ob die Welt gerade keine anderen Probleme hat. Oder auch den Vorwurf, dass man wegen spielerischer Aktionen wie der ihren Feminismus insgesamt nicht mehr ernst nehmen könne. Dabei ginge es doch nur darum, wie man selbst etwas tun könne, sagt Buscaino. «Das eine Problem negiert nicht das andere.» Ihr Hosen-Projekt sehen sie als Puzzleteil innerhalb der grösseren Debatte. Ein auf das Alltägliche, Individuelle heruntergebrochener Feminismus.

Zwischen 100 und 200 ihrer Hosen (alle aus Second-Hand-Beständen) hätten sie bereits verkauft. Der nächste Schritt soll eine eigene Website sein. Aber wäre es nicht schön, wenn diese Slogan-Hosen gar nicht mehr nötig wären?

Das wäre ihr Ziel, ein Traum, sagen die beiden. Wobei sie nicht damit rechnen, dass er sehr bald Realität wird.


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