Antrittsrede des neuen US-Präsidenten «Dies ist der Tag der Demokratie»

dpa

20.1.2021 - 22:54

Der neue US-Präsident Joe Biden ruft in seiner Antrittsrede zu einem Neuanfang und Einigkeit auf. Und er verspricht Tempo bei seiner Arbeit.
Der neue US-Präsident Joe Biden ruft in seiner Antrittsrede zu einem Neuanfang und Einigkeit auf. Und er verspricht Tempo bei seiner Arbeit.
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In seiner Antrittsrede zieht US-Präsident Biden einen Schlussstrich unter Amtszeit und Stil seines Vorgängers – ohne Trump beim Namen zu nennen. Amerika müsse zur Einigkeit zurückfinden, um seine Probleme und die der Welt zu überwinden.

US-Präsident Joe Biden hat seine Landsleute zur Überwindung der vielen Probleme aufgerufen, mit denen die USA im Inneren und mit Corona-Pandemie und Klimawandel auch global konfrontiert sind. Nachfolgend Wortlautauszüge aus seiner Antrittsrede in einer inoffiziellen Übersetzung der AP-Weltnachrichten:

«Meine amerikanischen Landsleute, dies ist der Tag Amerikas. Dies ist der Tag der Demokratie. Ein Tag der Geschichte und Hoffnung, der Erneuerung und Entschlossenheit. ... Heute feiern wir nicht den Triumph eines Kandidaten, sondern einer Sache. Die Sache der Demokratie. Das Volk, der Wille des Volkes ist gehört worden und der Wille des Volkes wird befolgt. Wir haben wieder gelernt, dass unsere Demokratie wertvoll ist. Demokratie ist zerbrechlich. Und in dieser Stunde, meine Freunde, hat die Demokratie obsiegt.

Also jetzt, auf diesem geheiligten Grund, auf dem vor wenigen Tagen Gewalt versuchte, das Fundament des Kapitols zu erschüttern, kommen wir zusammen als eine Nation unter Gott, unteilbar, um die friedliche Machtübergabe auszuführen, wie wir das mehr als zwei Jahrhunderte getan haben. ...

Mit Tempo und Dringlichkeit

Wir werden mit Tempo und Dringlichkeit vorwärtspreschen, da wir viel zu tun haben in diesem Winter der Gefahr und erheblichen Möglichkeiten. Viel zu reparieren, viel wiederherzustellen, viel zu heilen, viel zu bauen, und viel zu erreichen.

Wenige Menschen in der Geschichte unserer Nation sind mehr herausgefordert worden oder haben eine herausforderndere oder schwierigere Zeit erlebt als die, die wir jetzt haben. Ein Jahrhundertvirus schleicht leise durch das Land und hat in einem Jahr mehr Leben genommen, als Amerika im gesamten Zweiten Weltkrieg verloren hat.

Millionen Arbeitsplätze sind verloren gegangen. Hunderttausende Geschäfte geschlossen. Ein Schrei nach rassischer Gerechtigkeit, der seit rund vier Jahrhunderten im Entstehen begriffen ist, bewegt uns. Der Traum von Gerechtigkeit für alle wird nicht länger aufgeschoben.

Der Schrei nach Überleben kommt vom Planeten selbst. Ein Schrei, der nicht verzweifelter und klarer sein kann. Und nun ein Aufstieg politischen Extremismus, weisser Vormacht, inländischem Terrorismus, denen wir uns entgegen stellen müssen und die wir besiegen werden.

Einigkeit ...

Um diese Herausforderungen zu bestehen, um die Seele und die Zukunft von Amerika wiederherzustellen, braucht es mehr als Worte. Es bedarf der flüchtigsten Eigenschaft in einer Demokratie. Einigkeit. Einigkeit. ...

Mit Einigkeit können wir grosse Dinge, wichtige Dinge, machen. Wir können Unrecht reparieren. Wir können Menschen in gute Arbeit bringen. Wir können unsere Kinder in sicheren Schulen unterrichten. Wir können das tödliche Virus überwinden. Wir können Arbeit belohnen, die Mittelschicht wiederherstellen und Gesundheitsvorsorge sicher für alle machen. Wir können rassische Gerechtigkeit liefern, und wir können Amerika wieder zur führenden Kraft des Guten in der Welt machen.

Ich weiss, von Einigkeit zu sprechen kann in diesen Tagen töricht klingen. Ich weiss, dass die Kräfte, die uns trennen, tief sind, und sie sind real. Aber ich weiss, dass sie nicht neu sind. Unsere Geschichte ist ein konstanter Kampf zwischen dem amerikanischen Ideal gewesen, dass wir alle gleich sind, und der harten, hässlichen Realität, dass Rassismus, Nativismus und Dämonisierung uns auseinandergerissen haben. Dieser Kampf ist ewig, und der Sieg ist niemals sicher. ...

... gegen Bitterkeit und Zorn

Ohne Einigkeit gibt es keinen Frieden, nur Bitterkeit und Zorn; keinen Fortschritt, nur erschöpfende Empörung; keine Nation, nur einen Staat des Chaos. Die ist unser historischer Moment der Krise und Herausforderung, und Einigkeit ist der Weg nach vorne. Und wir müssen diesem Moment als Vereinigte Staaten von Amerika entsprechen.

Wenn wir das tun, garantiere ich euch, dass wir nicht scheitern werden. Wir sind niemals in Amerika gescheitert, wenn wir zusammengehalten haben. Und deshalb, zu dieser Zeit und an diesem Ort, lasst uns alle neu beginnen. ...

Politik darf nicht ein rasendes Feuer sein, das alles in seinem Weg zerstört. Jede Meinungsverschiedenheit darf nicht Ursache eines totalen Kriegs sein, und wir müssen eine Kultur zurückweisen, in der die Tatsachen selbst manipuliert und erzeugt und sogar fabriziert werden. ...

«Krieg» beenden

Wir müssen diesen groben Krieg von rot gegen blau (Farben der beiden grossen US-Parteien) beenden, ländlich gegen urban und Stadt gegen Land, konservativ gegen liberal. ...

Wir alle verstehen, dass uns die Welt heute zusieht, uns allen heute zusieht. Also ist das meine Botschaft an jene jenseits unserer Grenzen. Amerika wurde auf die Probe gestellt und wir sind stärker daraus hervorgegangen. Wir werden unsere Bündnisse reparieren und uns in der Welt wieder engagieren, nicht, um die Herausforderungen von gestern zu bestehen, sondern die von morgen. .. Wir werden ein starker und zuverlässiger Partner für Frieden, Fortschritt und Sicherheit sein.»

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