Reaktionen auf Öffnungen «Die Kantone müssen das Demo-Verbot aufheben oder lockern»

Von Lukas Meyer

15.4.2021

Polizisten kontrollieren Demonstrierende in Zürich.
Polizisten kontrollieren Demonstrierende in Zürich.
KEYSTONE

Die Kantone sind noch nicht sicher, wie sie mit den vom Bundesrat beschlossenen Lockerungen umgehen. Sicher ist: Bern und Zürich wollen das Verbot von Demonstrationen mit mehr als 15 Personen überdenken.

Von Lukas Meyer

15.4.2021

Den Kanton Uri erwähnte Alain Berset gestern mehrmals als Beispiel dafür, dass die Situation immer noch sehr fragil sei. Die Lage ist dort nach wie vor ernst, heute wurden 212 neue Fälle gemeldet, einer mehr als am Vortag. Die Zahl der Personen in Quarantäne stieg um 59 auf 331. Bereits am Montag wurden zusätzliche Massnahmen beschlossen, wie etwa eine Schliessung der Skigebiete und eine Verschärfung des Contact-Tracing.

Der Corona-Sonderstab werde heute und der Regierungsrat morgen besprechen, wie man mit den Lockerungen umgeht und ob es allfällige weitere Massnahmen braucht, sagt der Kanton auf Anfrage von «blue News».

Der Aargau begrüsst den Entscheid des Bundesrats, wie der Regierungsrat in einer Mitteilung schreibt. Der Kanton wolle flexible Rahmenbedingungen schaffen und den Ermessensspielraum nutzen. Man erwarte, dass der Bundesrat rasch einen Zeitplan für weitere Öffnungsschritte kommuniziere.

Auch die Bündner Regierung ist laut «Südostschweiz» zufrieden mit dem Entscheid. Die Schritte gingen in die richtige Richtung, sagte Gesundheitsdirektor Peter Peyer. Der Bundesrat habe entschieden, was der Kanton «erwartet und auch angestrebt» habe.

Demonstrationen mit 100 Personen möglich?

Wie geht es weiter mit Demonstrationen in Zürich und Bern? Diese sind derzeit verboten, wenn mehr als 15 Personen teilnehmen. In Bern könnte das möglicherweise angepasst werden, sagt der zuständige Regierungsrat Philippe Müller (FDP) auf Anfrage. Er und seine Kollegen werden darüber an ihrer morgigen Sitzung befinden. Man orientiere sich grundsätzlich an den Vorgaben des Bundes. Für Veranstaltungen draussen sind ab Montag 100 Personen zugelassen.

Auch der Zürcher Regierungsrat «wird seine kantonale Verordnung sehr zeitnah prüfen und in Abstimmung mit den Bundesbeschlüssen allenfalls anpassen», teilt Regierungssprecher Andreas Melchior mit.

Derweil hat die Stadt Schaffhausen die Bewilligung für eine am Samstag geplante Demo von Corona-Skeptikern widerrufen. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass es zu Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung komme, heisst es in einer Mitteilung.

«Das letzte Argument für eine Beschränkung ist entfallen»

Die Einschränkungen für Demonstrationen sind seit Längerem unter Beschuss. In Bern sind linke Kreise deswegen ans Bundesgericht gelangt, wie «Der Bund» berichtete. Auch gegen die verweigerte Bewilligung einer Demonstration von Corona-Skeptikern in Altdorf haben die Organisatoren Beschwerde eingereicht.

«Es war schon bislang so, dass politische Versammlungen laut Verordnung des Bundes von den Personenbeschränkungen auf 15 Personen ausgenommen waren, dennoch haben die Kantone Zürich und Bern politische Versammlungen auf diese Anzahl beschränkt», sagt Andreas Glaser, Rechtsprofessor an der Universität Zürich und Mitglied der Direktion des Zentrums für Demokratie Aarau, auf Anfrage von «blue News».

Entsprechend zieht Glaser den Schluss: «Meines Erachtens ist mit der Neuregelung durch den Bundesrat das letzte Argument für eine Beschränkung auf 15 Personen entfallen. Die Kantone müssen das Verbot daher aufheben oder zumindest deutlich lockern.»