Partnerschaft, Sicherheitspolitik, Strassenbau Das hat der Bundesrat heute alles entschieden

gg, sda

30.3.2022 - 15:30

Die Drohne Hermes 900 HFE für das Aufklärungsdrohnensystem 15 (ADS 15) auf dem Militärflugplatz in Emmen. (Archiv)
Die Drohne Hermes 900 HFE für das Aufklärungsdrohnensystem 15 (ADS 15) auf dem Militärflugplatz in Emmen. (Archiv)
Bild: Keystone

Der Bundesrat will jugendliche Flüchtlinge besser schützen. Die Importmenge beim Getreide wird erhöht. Und eine neue Partnerschaftsform wird geprüft. Die jüngsten Entscheide im Ticker.

30.3.2022 - 15:30

Landesversorgung

Die Pandemie, der Ukraine-Krieg sowie immer komplexer und verletzlicher werdende Versorgungssysteme erfordern eine Reform der wirtschaftlichen Landesversorgung (WL). Der Bundesrat will das dazugehörige Bundesamt substanziell personell verstärken. Die Regierung hat verschiedene Richtungsentscheide für eine bessere Versorgungssicherheit getroffen, wie sie am Mittwoch mitteilte. Ein Ausbau und eine Neuorganisation erwiesen sich als «unerlässlich». Noch ohne Details zu nennen, plädiert der Bundesrat dafür, «die Organisation und Funktionsweise der wirtschaftlichen Landesversorgung dauerhaft an die aktuellen Anforderungen anzupassen». Dafür ist eine Teilrevision des Landesversorgungsgesetzes notwendig. Die Vernehmlassung soll noch in diesem Jahr eröffnet werden.

Aufhebung der Corona-Massnahmen

Der Bundesrat hebt wie erwartet die letzten Massnahmen gegen die Corona-Pandemie auf. Ab 1. April fallen die Isolationspflicht für Infizierte sowie die Maskenpflicht im öffentlichen Verkehr und in Gesundheitseinrichtungen. Die Covid-App wird vorübergehend deaktiviert. Bis im Frühling 2023 sei nun eine Übergangsphase mit erhöhter Wachsamkeit und Reaktionsfähigkeit angezeigt. Strukturen müssten soweit erhalten bleiben, dass Bund und Kantone schnell auf neue Entwicklungen reagieren können. Dies gelte vor allem für Testen, Impfen, Kontaktverfolgung, Überwachung und Meldepflicht der Spitäler. Ein Grundlagenpapier des Bundesrats dazu geht bis zum 22. April in die Konsultation. Mit der Rückkehr zur «normalen Lage» gemäss Epidemiengesetz liegt die Hauptverantwortung zum Schutz der Bevölkerung wieder bei den Kantonen.

Asyl

Der Bund bezahlt neu für alle 18- bis 25-jährigen Flüchtlinge und vorläufig aufgenommenen Personen unabhängig von der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit oder einer Ausbildung eine Globalpauschale an die Kantone aus. Zudem wird die Globalpauschale für Asylsuchende und vorläufig Aufgenommene sowie für Schutzbedürftige ohne Aufenthaltsbewilligung (Status S) in zwei separate Pauschalen aufgetrennt, um den unterschiedlichen ausländer- und integrationspolitischen Voraussetzungen Rechnung zu tragen. Das hat der Bundesrat beschlossen. Er hat diese und weitere Änderungen der Asylverordnung 2 über Finanzierungsfragen auf den 1. Januar 2023 in Kraft gesetzt. Die Umstellung auf das neue Finanzierungssystem erfolgt kostenneutral, wie der Bundesrat schrieb.

Synergien bei Messnetzen

Der Bund unterhält mehrere Messnetze, insbesondere in den Bereichen Meteorologie, Sicherheit, Gesundheit, Umwelt und Mobilität. In den vergangenen Jahren haben die zuständigen Bundesämter viele Synergien genutzt und die Zusammenarbeit gestärkt, inzwischen aber einen grossen Teil des Synergiepotenzials ausgeschöpft. Dies ist einem Bericht zu entnehmen, den der Bundesrat am Mittwoch zur Kenntnis genommen hat. 2018 hatte er das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) beauftragt, mit den betroffenen Bundesämtern und Fachstellen Möglichkeiten zur Optimierung der Messnetze zu prüfen und gegebenenfalls umzusetzen. Diese Umsetzung noch im Gang.

Nutzung von Daten

Das Potenzial von Daten soll in der Schweiz besser ausgeschöpft werden. Der Bundesrat hat Massnahmen beschlossen, um in der Schweiz und im Ausland vertrauenswürdige Datenräume und digitale Selbstbestimmung zu fördern. Heute seien Daten zunehmend bei grossen Akteuren konzentriert, schreibt er. Ferner seien bei privaten und öffentlichen Dienstleistungsanbietern Hürden in der Datennutzung zu beobachten, etwa fehlendes Knowhow. Hinzu komme, dass ein wachsender Anteil der Bevölkerung misstrauisch gegenüber der Datennutzung sei. Nun sollen das Aussen- und das Verkehrsdepartement bis Juni 2023 einen freiwilligen Verhaltenskodex für den Betrieb von vertrauenswürdigen Datenräumen erarbeiten. Zudem wird abgeklärt, ob die Schweiz eine nationale Anlaufstelle für Datenräume benötigt.

Gerichte

Die Schweiz soll dem Haager Gerichtsstandsübereinkommen beitreten. Der Bundesrat hat dazu eine Vernehmlassung bis zum 7. Juli eröffnet. Das Übereinkommen regelt die Zuständigkeit von Gerichten bei internationalen Handelsstreitigkeiten und die grenzüberschreitende Anerkennung von Urteilen. Es sei für den Wirtschaftsstandort von grossem Interesse, schreibt der Bundesrat, weil es grenzüberschreitende Wirtschaftsstreitigkeiten berechenbar mache. Ebenso sei es für Staaten interessant, die sich wie die Schweiz international als Gerichtsstandort positionieren wollten. Aktuell werde in mehreren Kantonen die Errichtung von spezialisierten Gerichten für internationale Handelsstreitigkeiten diskutiert. Das Übereinkommen gilt in der EU, in Mexiko, Singapur, Montenegro und in Grossbritannien.

Nachtragskredite

Der Bundesrat unterbreitet dem Parlament 17 weitere Nachtragskredite im Umfang von 2,7 Milliarden Franken. Der Grossteil - 2,4 Milliarden Franken - hängt mit der Corona-Pandemie zusammen. Dabei geht es unter anderem um die Kurzarbeitsentschädigung und die Beschaffung von Impfstoffen. Im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine ist ein Nachtragskredit von 61 Millionen Franken notwendig. Bei den Nachtragskrediten handelt es sich um einen ordentlichen Nachtrag zum Voranschlag 2022.

Waffenexporte

In einem Monat gelten schärfere Regeln für Waffenexporte. Die Ausnahme für Ausfuhren in Länder, die Menschenrechte systematisch und schwerwiegend verletzen, wird gestrichen. So sieht es der Gegenvorschlag zur mittlerweile zurückgezogenen Volksinitiative «Gegen Waffenexporte in Bürgerkriegsländer (Korrekturinitiative)» vor. Der Bundesrat hat diesen am Mittwoch per 1. Mai in Kraft gesetzt. Bisher waren die Bewilligungskriterien in der Kriegsmaterialverordnung verankert. Der Bundesrat verfügte über Rechte, Ausnahmen für Kriegsmaterialexporte in Eigenregie zu bewilligen.

Energiewende

Die Stromproduktion aus erneuerbaren Energien soll stärker gefördert werden. Neu will der Bundesrat auch für Windenergie- und Geothermie-Anlagen Investitionsbeiträge ermöglichen. Für Anlagen, die mit Wasserkraft oder aus Biomasse Strom produzieren, will er die Förderung ausweiten und für Biomasse-Anlagen Betriebskostenbeiträge einführen. Für Photovoltaik-Anlagen ohne Eigenverbrauch sollen die Einmalvergütungen erhöht und ein Winterbonus für Photovoltaik-Anlagen eingeführt werden. Der Bundesrat hat am Mittwoch verschiedene Verordnungsänderungen bis zum 8. Juli in eine Vernehmlassung gegeben. Sie sollen Anfang 2023 in Kraft treten.

Jugendliche Flüchtlinge

Der Bundesrat stellt rund 21,8 Millionen Franken für Kinder und Jugendliche zur Verfügung, die von West- und Nordafrika aus auf Migrationsrouten unterwegs sind. Betroffen sind etwa fünf Millionen Minderjährige. Das Geld soll zu ihrem Schutz und zur Förderung ihrer Zukunftsperspektiven vor Ort eingesetzt werden.

Jedes Jahr begeben sich 5 Millionen Kinder und Jugendliche von West- und Nordafrika aus auf Migrationsrouten. Oft sind sie unbegleitet und damit grossen Risiken ausgesetzt. Der Bundesrat hat deshalb an seiner Sitzung vom 30. März entschieden, für die kommenden vier Jahre rund 21,821,8 Millionen Franken zu ihrem Schutz und zur Förderung ihrer Zukunftsperspektiven vor Ort Millionen Franken zu ihrem Schutz und zur Förderung ihrer Zukunftsperspektiven vor Ort zur Verfügung zu stellen.

Strassenbau

Der Bundesrat hat am Mittwoch das generelle Projekt für den Bau der dritten Röhre des Rosenbergtunnels der A1 in St. Gallen genehmigt. Es ermöglicht die umfassende Sanierung der beiden bestehenden Tunnelröhren und stellt den langfristigen Betrieb der Stadtautobahn in St. Gallen sicher. Die Kosten belaufen sich auf rund 410 Millionen Franken. Gebaut werden soll nicht vor 2030. Es wird mit einer Bauzeit von sechs Jahren gerechnet. Die beiden 1987 in Betrieb genommenen Tunnels müssen aufgrund ihres baulichen Zustands umfassend saniert werden; sie sollen nacheinander erneuert werden. Die dritte Röhre des Rosenbergtunnels ist im Strategischen Entwicklungsprogramm (Step) Nationalstrasse integriert.

Gleichgeschlechtliche Ehe

Am 1. Juli können gleichgeschlechtliche Paare eine Ehe eingehen. Damit Frauen- und Männerpaare sich im Zivilstandsamt trauen lassen können, hat der Bundesrat drei Verordnungen angepasst. Es geht um die Zivilstandsverordnung, die Verordnung über die Gebühren im Zivilstandswesen und die Fortpflanzungsmedizinverordnung. Die Verordnungsanpassungen seien technischer oder sprachlicher Natur, schrieb der Bundesrat. Die eingetragene Partnerschaft kann ab 1. Juli nicht mehr eingegangen werden. Paare, die in eingetragener Partnerschaft leben, können diese in eine Ehe umwandeln lassen. Zudem erhalten miteinander verheiratete Frauen Zugang zur Samenspende.

Neue Partnerschaftsform

Ein Pacte Civil de Solidarité (Pacs) nach Schweizer Art könnte eine mögliche Alternative zur Ehe und zum Konkubinat sein. Zu diesem Schluss kommt der Bundesrat in einem Bericht. Anstoss für die Prüfung dieser neuen Partnerschaftsform hatten Postulate aus dem Parlament gegeben. Dieses Modell wäre weniger bindend als eine Ehe, aber verbindlicher als ein Konkubinat. Es orientiert sich am französischen Vorbild.

Klimaberichterstattungspflicht für grosse Unternehmen

Für grosse Unternehmen gilt künftig eine Klimaberichterstattungspflicht. In einer Verordnung, die der Bundesrat bis zum 7. Juli in eine Vernehmlassung gegeben hat, werden die gesetzlichen Bestimmungen im Obligationenrecht konkretisiert. Es geht um Offenlegungspflichten über nichtfinanzielle Belange, die mit dem indirekten Gegenvorschlag zur im November 2020 abgelehnten Konzernverantwortungsinitiative eingeführt werden. Die Pflicht zur Klimaberichterstattung gilt für Aktiengesellschaften und etwa Banken und Versicherungen ab 500 Mitarbeitenden und mit einem Jahresumsatz von mindestens 40 Millionen Franken oder einer Bilanzsumme ab 20 Millionen Franken.

Versorgung mit Brotgetreide

Wegen der schwachen Ernte im vergangenen Jahr wird die Menge an Brotgetreide 2022 nicht für die Versorgung in der Schweiz ausreichen. Nun hat der Bundesrat die Importmenge erhöht. Um eine kontinuierliche Versorgung sicherzustellen, hatte die Branchenorganisation Swiss Granum beim Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) beantragt, das Importkontingent für dieses Jahr um 40'000 Tonnen zu erhöhen. Diesem Antrag wurde nun stattgegeben, wie die Landesregierung mitteilte. Konkret wird mit einer Änderung der Agrareinfuhrverordnung das Zollkontingent Brotgetreide erhöht und 20'000 Tonnen Anfang Mai und je 10'000 Tonnen Anfang September und November freigegeben. Die Änderung tritt am 1. Mai 2022 in Kraft.

Sportförderung

Der Bundesrat will das grösste Sportförderprogramm des Bundes Jugend+Sport (J+S) stärken, damit es noch mehr Kinder und Jugendliche erreicht. Dazu hat er die Teilrevision der Verordnung über die Förderung von Sport und Bewegung (SpoFöV) auf den 1. Dezember 2022 in Kraft gesetzt. Neu werden unter anderem das Fördergefäss «J+S-Lager» auch für Sportvereine und weitere Organisationen geöffnet und neue Möglichkeiten für virtuelle Kursformate geschaffen. Laut Bundesrat hat die Verordnungsrevision Mehrkosten von rund 6 Millionen pro Jahr zur Folge. Da der J+S-Transferkredit in den letzten Jahren nicht vollständig ausgeschöpft worden ist, ist bis 2023 voraussichtlich kein weiterer Kredit nötig.

Drohnen in der Sicherheitspolitik

Der zunehmende Einsatz von Drohnen in Konflikten führt zu keinem Paradigmenwechsel in der Sicherheitspolitik. Das schreibt der Bundesrat in einem Bericht ans Parlament. Denn die Fluggeräte seien zwar ein zusätzliches Mittel in der Luftkriegsführung, könnten sich aber nur unzureichend selbst verteidigen. Ihr Einsatz setze daher in der Regel die mit Kampfjets durchgesetzte Lufthoheit voraus. Taktische und grössere Drohnen können mit Kampfflugzeugen und der bodengestützten Luftverteidigung abgewehrt werden. Doch gegen kleinere Drohnen gebe es heute weltweit keine wirksame Abwehr, heisst es im Bericht. Zahlreiche Systeme seien in der Versuchsphase. Bestellt hatte den Bericht die Sicherheitspolitische Kommission des Nationalrates (SIK-N) mit einem Postulat.

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