Kampf gegen Mutationen FFP2-Masken sind andernorts obligatorisch – die Schweiz wartet zu

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14.1.2021

Eine Apothekerin in Nordrhein-Westfalen hält zur Illustration eine FFP2-Maske in den Händen. 
Eine Apothekerin in Nordrhein-Westfalen hält zur Illustration eine FFP2-Maske in den Händen. 
Bild: KEYSTONE

Einige Nachbarländer machen es vor: Im Kampf gegen das mutierte Corona-Virus führen sie die sogenannten FFP2-Masken verpflichtend ein. Zieht die Schweiz nach?

Das mutierte Virus verbreitet sich schneller. Bieten da unsere gängigen Hygiene- oder Stoffmasken genügend Schutz? Oder wäre nun das Tragen von sogenannten FFP2-Masken angesagt, die mehr Schutz bieten?

In Bayern ist dieser Schritt ab Montag Realität – und Pflicht. Wer einkaufen geht oder in Bahn und Bus unterwegs ist, muss zwingend Masken der höheren Schutzkategorie FFP2 tragen. Das hat der bayerische Ministerpräsident Markus Söder veranlasst. Bereits berichten dortige Medien über eine erhöhte Nachfrage nach den FFP2-Masken und Schlangen vor Apotheken und Drogeriemärkten.

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder erlässt ein FFP2-Obligatorium.
Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder erlässt ein FFP2-Obligatorium.
Bild: KEYSTONE

Bayern ist damit nicht allein: Auch unser Nachbarland Österreich will nachziehen. Laut Aussage von gestern vom dortigen Gesundheitsminister Rudolf Anschober will seine Regierung eine Ausweitung der Masken-Pflicht auf FFP2-Masken diskutieren. Eine solche Regel gilt bisher einzig in Wintersportgebieten in geschlossenen Gondeln.

In der Schweiz laut BAG kein Thema

Wird die Schweiz nachziehen? Nein, hiess es an der gestrigen Medienkonferenz des Bundesrates. «Die Diskussion wird bei uns momentan nicht geführt – auch nicht für den ÖV», sagte Patrick Mathys, der Leiter der Sektion Krisenbewältigung des Bundesamtes für Gesundheit BAG. Man sei nicht der Meinung, dass diese einen besseren Schutz gegen das Virus oder gegen dessen mutierte Variante biete. Man beobachte jedoch das Vorgehen der anderen Länder in diesem Zusammenhang aufmerksam.

So funktionieren FFP-Masken
Eine Anleitung fuer das korrekte Aufsetzen einer FFP2 Atemschutzmaske, fotografiert am 25. Maerz 2020 in Zuerich. (KEYSTONE/Christian Beutler)
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FFP-Masken filtern die Luft besser als gewöhnliche Hygienemasken. Es gibt drei Schutzklassen: FFP1, FFP2 und FFP3. FFP2-Masken filtern laut NZZ 94 Prozent der Partikel bis zu einer Grösse von 0,6 Mikrometern aus der Luft. Solche professionellen Masken werden bisher beim Gesundheitsfachpersonal eingesetzt, das direkten Kontakt zu Patienten mit einer bestätigten oder vermuteten Corona-Erkrankung hat. 

Ähnlich klingt es von der Covid-19-Task-Force des Bundesrates. «Derzeit bestehen keine wissenschaftlichen Grundlagen, die einen Wechsel auf FFP2-Masken nötig erscheinen lassen», sagt deren Mitglied, die Spitalhygienikerin Sarah Tschudin-Sutter vom Universitätsspital Basel der NZZ. «Wir gehen gegenwärtig davon aus, dass die etablierten Massnahmen ebenfalls gegen die Verbreitung der neuen Covid-19-Variante wirken – wobei der wichtigste Aspekt die konsequente und richtige Anwendung ist.»

Lehrer verlangen kostenlose FFP2-Masken

Davon unabhängig ist die Diskussion in der hiesigen Politik angekommen. So verlangt der Lehrerinnen- und Lehrerverband des Kantons Basel-Landschaft (LVB) laut NZZ bereits jetzt, dass Lehrpersonen auf Wunsch kostenlos FFP2-Masken erhalten. Auch der nationale Lehrerverband hält dies für sinnvoll, wie dessen Präsidentin Dagmar Rösler sagt.

Eine Empfehlung, eine FFP2-Maske zu tragen, befürwortet auch die grüne Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber. Allerdings mit einer Ausnahme: Für Menschen, die Schwierigkeiten beim Atmen hätten, seien FFP2-Masken sehr unangenehm oder sogar gesundheitsgefährdend, sagte sie der Zeitung. Diese bekämen viel weniger Luft als mit den einfachen Hygiene-Masken.

Männer mit Bart sind weniger geschützt

Die Politikerin spricht damit eine Problematik der FFP2-Masken an: Liegen diese nicht ganz dicht auf der Haut auf, so berichtet die NZZ, verlieren sie einen grossen Teil ihrer Filter- und Schutzwirkung. Damit eingeschlossen: Männer, die nicht ganz glatt rasiert sind. Furore machte laut NZZ deshalb in Deutschland die Aussage eines Hamburger Spitalhygienikers, wonach Bartträger bei einer konsequent durchgesetzten FFP2-Pflicht eigentlich nicht mehr in bayerische Läden und Fahrzeuge des öffentlichen Verkehrs dürften.



FFP2-Masken gehen ins Geld

Kommt erschwerend dazu: FFP2-Masken kosten pro Stück bei den meisten Anbietern zwei Franken oder mehr. Das ist rund zehnmal so teuer wie eine einfache Hygienemaske. Ob sie mehrmals verwendet werden können, ist umstritten.

Hier werden bereits Forderungen der Politik laut: «Falls ein Obligatorium an gewissen Orten kommt, muss der Staat die FFP2-Masken der Bevölkerung gratis zur Verfügung stellen», sagte SP-Vizepräsidentin und Gesundheitspolitikerin Barbara Gysi der NZZ.

Armeeapotheke hat Vorrat

Und das wiederum führt uns zu einem weiteren Punkt. Erleben wir bei den Masken vielleicht bald ein Déjà-vu? Wir alle erinnern uns noch daran, wie das BAG zu Beginn der Corona-Krise nicht müde wurde zu betonen, dass gesunde Menschen keine Masken tragen sollten. Was, wenn plötzlich mehr Leute auch hierzulande FFP2-Masken tragen wollen?

Eine Umfrage der NZZ zeigt: Dieses Mal wäre die Schweiz besser vorbereitet. Die Armeeapotheke hat nach eigenen Angaben mehr als 3,8 Millionen FFP2-Masken an Lager. In den nächsten Wochen würden weitere Lieferungen von rund vier Millionen Stück erwartet. Auch bei Coop und Migros seien FFP2-Masken vorrätig.



Ob dieser Vorrat dereinst aufgekauft wird, bleibt abzuwarten. Klar ist: Das Online-Warenhaus Galaxus hat gemäss NZZ im Vergleich zum Anfang des Monats eine Verfünffachung der Bestellungen von professionellen Masken festgestellt.

Auch beim Online-Shop Brack.ch gehört «FFP2» seit Anfang dieser Woche zu den meistgesuchten Begriffen. Die User, so die NZZ, scheinen sich allerdings erst zu erkundigen – noch sei die Nachfrage bei Privatpersonen nicht angestiegen.

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