Corona bremst Einkaufstouristen Zwei Milliarden bleiben bei Schweizer Händlern

tafi/SDA

6.1.2021

Die Lebensmittelgeschäfte konnten von der Erholung im Detailhandel deutlich profitieren. (Archivbild)
Die Lebensmittelgeschäfte konnten von der Erholung im Detailhandel deutlich profitieren. (Archivbild)
KEYSTONE/GEORGIOS KEFALAS

Das Land im Lockdown, die Läden bleiben zu – trotzdem fährt der Schweizer Detailhandel 2020 ein Umsatzplus ein. Doch nicht alle Händler profitieren im Corona-Jahr 2020. Ein Überblick über Gewinner und Verlierer.

Ein solches Umsatzwachstum hat es lange nicht mehr gegeben: Die Umsätze im Schweizer Detailhandel sind 2020 um 5,2 Prozent gewachsen. Das zeigt die jährliche Studie «Retail Outlook» der Grossbank Credit Suisse (CS) auf.

Der harte Lockdown und die Grenzschliessungen im Frühjahr haben die Schweizer Detailhändler demnach weniger hart getroffen, als befürchtet. Im Gegenteil. Vor allem der Lebensmittelhandel wuchs deutlich. Hauptgrund dafür: Die Geschäfte durften auch im Lockdown geöffnet bleiben und hatten zeitweise keine Konkurrenz durch Bars, Restaurants und Einkaufstourismus. Gekocht wurde zu Hause, die Grenzen waren dicht.

Die CS-Ökonomen haben ausgerechnet, dass 2020 deutlich weniger im Ausland eingekauft wurde, als im Jahr zuvor. Der Rückgang habe 25 Prozent betragen und sei von acht Milliarden Franken auf sechs Milliarden gesunken. Anders ausgedrückt: Zwei Milliarden Franken blieben in der Schweiz.

Weil die Grenzen im Frühjahr dicht waren, blieb der Einkaufstourismus aus. Davon profitierte der Schweizer Detailhandel. (Symbolbild/Archiv)
Weil die Grenzen im Frühjahr dicht waren, blieb der Einkaufstourismus aus. Davon profitierte der Schweizer Detailhandel. (Symbolbild/Archiv)
KEYSTONE/Georgios Kefalas

Nachholkonsum rettet den Handel

Vor allem Migros, Coop und Co. profitierten davon. Dazu kam es im Frühjahr zu Hamsterkäufen und nach Ende des Lockdowns zu «Nachholkonsum»: «Der Nachholeffekt nach der Wiedereröffnung im Mai hat vor allem im Non-Food-Segment einen Boom mit rekordhohen Umsatz­zu­nahmen ausgelöst», schreiben die Experten der CS. Zudem habe der «erstarkte Inlandtourismus im Sommer und Herbst» dazu beigetragen, dass der «Schweizer Detailhandel in diesem Jahr insge­samt eine positive Umsatzbilanz» aufweist.

Zu den grossen Gewinnern der Pandemie gehört laut CS-Monitor der Onlinehandel. Laut Schätzungen gab es in diesem Bereich ein Umsatzplus von 55 Prozent. Dafür verantwortlich seien nicht nur klassische Internethändler, sondern auch Detailhändler und Warenhäuser, die schnell und effizient auf die neuen Anforderungen durch die Corona-Pandemie reagiert und ihre Aktivitäten in diesem Bereich ausgebaut haben.

Kaum neue Kleider – Modebranche verliert

Freilich gab es auch Verlierer der Krise: So sei ausgerechnet der Onlinegigant Zalando geschrumpft. «Bis September wurden über 17 Prozent weniger Warenwert an Rückfuhren verbucht als im Vorjahr. Wir gehen deshalb davon aus, dass Zalando 2020 «nur» knapp 750 Millionen Franken umgesetzt hat», so die Autoren der CS-Studie.

Hauptgrund dafür dürfte der reduzierte Bedarf an Kleidung und Schuhen gewesen sein. «Höhere Homeoffice-Anteile, abgesagte oder verschobene Anlässe und Events sowie eine gewisse Zurückhaltung bezüglich ‹unnötiger› Ausgaben während des Lockdowns hielten Konsumenten wohl davon ab, ihr Geld für die Neuausstattung ihrer Garderobe auszugeben», heisst es im «Retail Outlook 2021». Insgesamt verzeichnete der Bereich Bekleidung und Schuhe 2020 einen deutlichen Umsatzeinbruch von 15 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Für 2021 Umsatzrückgang erwartet

Nach dem aussergewöhnlichen Jahr 2020 liegt die Latte für den Schweizer Detailhandel im neuen Jahr hoch. Die Umsatzentwicklung sei in vielen Segmenten so positiv gewesen, «dass ein Wiedererreichen der Werte im Jahr 2021 unter normalen Umständen unwahrscheinlich erscheint».

Bei den Lebensmittelhändlern rechnet die CS mit einem Umsatzrückgang von sechs Prozent. «Hingegen erwarten wir, dass das Bekleidungs- und Schuhsegment nach überstandener Pandemie wieder etwas an Fahrt gewinnen dürfte.»

Innenstädte gefährdet

Allerdings schränken die CS-Ökonomen die Aussagekraft ihrer Prognosen selber ein: Diese Prognosen würden auf Annahmen bezüglich der epidemiologischen Entwicklung basieren, «die mit hoher Unsicherheit behaftet sind, und sollten vor allem als grobe Richtungsweisung dienen». Denn mögliche Einschränkungsmassnahmen dürften nicht ausser Acht gelassen werden.

Solche Massnahmen würden vor allem in Innenstädten zu einem Teufelskreis führen. Dort seien die Geschäfte insbesondere auf Laufkundschaft angewiesen: Würde die Mobilität der Menschen erneut eingeschränkt, könnte die tieferen Besuchsfrequeznen «zur Aufgabe oder Schliessung von Geschäften» führen. Leere Flächen wiederum «verringern die Attraktivität einer Innenstadt, Konsumenten bleiben eher fern». Das führe schlussendlich zu einer weiteren Verwaisung.

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