Das schmerzhafte Ende einer stürmischen Beziehung Darum lässt Juve Paulo Dybala ablösefrei ziehen

Von Syl Battistuzzi

22.3.2022

Paulo Dybala muss Juventus Turin verlassen.
Paulo Dybala muss Juventus Turin verlassen.
Bild: Getty

Nach sieben Jahren werden sich im Sommer die Wege von Paulo Dybala und Juventus Turin trennen. Was einst als verheissungsvolle Affäre begann, entpuppte sich mit der Zeit für beide Seiten nicht als die grosse Liebe. 

Von Syl Battistuzzi

22.3.2022

Im Spätherbst 2021 sah die Welt in beiden Lagern noch rosig aus. So soll es gemäss Insidern zu einer mündlichen Einigung zwischen Juventus und Dybala gekommen sein. Gut zehn Millionen Euro im Jahr waren dem Argentinier offenbar als Jahresgehalt angeboten worden. Doch die Bianconeri zogen ihr Angebot später zurück und sollen nur noch ein fixes Salär von sieben Millionen Euro plus erfolgsabhängiger Lohnbestandteilen offeriert haben – nicht genug für den gekränkten Profi.

So kamen die jüngsten Meldungen nicht aus heiterem Himmel. Der 2015 für 40 Millionen Euro aus Palermo geholte Angreifer wird Ende Saison den Club verlassen (müssen). Juves Teamchef Maurizio Arrivabene erläutert die Gründe für seinen Abgang. 

«Es hat sich etwas geändert, nämlich mit der Verpflichtung von Vlahovic im Januar. Damit hat sich die technische Ausrichtung der Mannschaft verändert und das Projekt «Juventus» insgesamt verändert. Und Teil dieser Veränderung ist auch, dass der Vertrag mit Paulo Dybala nicht verlängert wurde.»

Es habe zwar ein Treffen stattgefunden, doch der Club habe «aus Respekt» kein Angebot gemacht, welches «viel zu niedrig» gewesen wäre, so Arrivabene, ehemaliger Ferrari-Teamchef, der seit Juni 2021 bei der alten Dame die Position des Sportdirektors bekleidet. «Wir haben sehr viel über diese Entscheidung nachgedacht. Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass die Leitung von Juventus Turin keine Entscheidungen gegen Juventus trifft. Die Führung trifft Entscheidungen für Juventus», hält er fest. 

Arrivabene: «Dybala-Abschied ist richtig für Juve»

Arrivabene: «Dybala-Abschied ist richtig für Juve»

Paulo Dybala verlässt im Sommer Juventus Turin. Auch wenn man den Argentinier schätze, die Entscheidung wurde für Juve getroffen, so Sportdirektor Maurizio Arrivabene.

22.03.2022

Stürmische Anfangsphase, schmerzloses Ende

Statt Arrivabene heisst es also Arrivederci. Dabei galt «La Joya» (dt.: das Juwel) einst als kommender Weltfussballer. Seine erste Saison im Piemont endete gleich mit dem Double. Dybala führte mit seinem feinen linken Fuss Regie und wurde in der Liga in die beste Elf des Jahres gewählt. Auch seine Skorerbilanz konnte sich sehen lassen: 23 Tore und 7 Assists in wettbewerbsübergreifend 46 Spielen. 

Auch seine zweite Saison liess sich sehen. In Turin erfreuten sich die sonst so kritischen Fans an ihrer verspielten Nummer 21. Am Schluss stand man gar im Champions-League-Finale, welches man gegen Real Madrid verlor (1:4). In seiner dritten Saison übernahm Dybala dann standesgemäss die «10».

Es schien also alles angerichtet, um in die Fusstapfen von seinem berühmten Vorgänger Alessandro del Piero zu treten. Bei den Fans weckte der technisch beschlagene Profi längst Erinnerungen an ihren früheren Liebling. Statistisch war die dritte Spielzeit seine produktivste (in der Meisterschaft gelangen ihm in 33 Partien 22 Tore und 5 Vorlagen). Doch in der Königsklasse flog er im Viertfinal der Königsklasse gegen Real Madrid vom Platz (0:3), ein Vorbote für die kommende Zeit. 

Paulo Dybala mit seinem Masken-Jubel.
Paulo Dybala mit seinem Masken-Jubel.
Bild: Keystone

Spätestens mit der Ankunft von Cristiano Ronaldo veränderte sich aber seine Rolle im Team, was sich auch auf die Skorerwerte auswirkte. Zudem begannen ihn des Öfteren diverse Blessuren zu plagen. Trotz einer enttäuschenden Saison stand Dybala immer noch sehr hoch im Kurs. Ein Wechsel in die Premier League – Manchester United und Tottenham buhlten stark um ihn – lehnte er dennoch ab.

Juve hat schon Nachfolger auserkoren

Die nächste Saison liess er dann wieder seine Klasse aufblitzen und wurde in der Serie A als MVP ausgezeichnet. Die Spielzeit 2020/21 war dann zum Vergessen, ehe Dybala sich diese Saison wieder aufrappelte. Seine aktuelle Bilanz mit 13 Toren und 6 Vorlagen in wettbewerbsübergreifend 29 Spielen sieht durchaus passabel aus, doch mit seiner Verletzungsanfälligkeit trauen ihm die Juve-Bosse nun offenbar keine Leistungssteigerung mehr zu. Für die Tore soll nun Wintereinkauf Dusan Vlahovic sorgen. 

Der 28-Jährige wird sein Glück woanders suchen müssen. Sein Noch-Arbeitgeber hat gemäss italienischen Medienberichten offenbar in Nicolò Zaniolo bereits eine passende Ersatz-Lösung gefunden. Der 22-jährige Offensivspieler will seinen 2024 auslaufenden Vertrag bei der AS Roma nicht verlängern und möchte fernab seiner Heimat einen sportlichen Neuanfang wagen. 

Wo wird Dybala seine Karriere fortsetzen?

Trotz seiner Verletzungsgeschichte hat Dybala immer noch viele Bewunderer in Italien und ganz Europa. In der Serie A kommen realistischerweise wohl nur die beiden Mailänder Clubs infrage, was die Juve-Fans sicher sehr schmerzen würde. Wahrscheinlicher scheint aber ein Abgang ins Ausland. Der aktuelle Tottenham-Coach Antonio Conte versuchte in der Vergangenheit mehrfach, ihn zu verpflichten. Auch Atlético-Trainer Diego Simeone gilt als grosser Verehrer seines Landsmannes.

Die «Gazzetta dello Sport» schrieb im Januar vom Interesse von Liverpool und Manchester City. Auch Barcelona soll ein Kandidat sein. Bis heute hat Dybala jedoch noch kein konkretes Angebot von einem Club erhalten.  

Doch wer Dybala verpflichtet, könnte ein Schnäppchen machen. Mit 113 Toren in 283 Einsätzen für Juventus hat der Spielmacher bewiesen, dass er einem Spiel den Stempel aufdrücken kann. Der Argentinier – in der Nationalmannschaft stand seine Karriere bisher unter keinem guten Stern – kann an einem guten Tag den Unterschied ausmachen. Ein Neuanfang an einem anderen Ort könnte also für beide Seiten das Beste sein. Oder sowohl Juve und Dybala merken, was sie aneinander verloren haben.