Nur ein Lauf im Riesenslalom und Super-G ganz weg Stellt FIS-Präsident Eliasch den Ski-Zirkus auf den Kopf?

Von Syl Battistuzzi

5.4.2022

Ob Super-G-Seriensieger Marco Odermatt Freude hat, wenn FIS-Präsident Johan Eliasch ihm seine Lieblingsdisziplin streicht, darf bezweifelt werden.
Ob Super-G-Seriensieger Marco Odermatt Freude hat, wenn FIS-Präsident Johan Eliasch ihm seine Lieblingsdisziplin streicht, darf bezweifelt werden.
Bild: Getty

Vor zehn Monaten hat Johan Eliasch sein Amt als FIS-Präsident angetreten. Seither rätselt die Ski-Welt, wohin der schwerreiche Geschäftsmann den Verband eigentlich hinführen will. Seine Reform-Ideen wirken bisher überraschend unausgegoren, ein Chaos droht. 

Von Syl Battistuzzi

5.4.2022

70 Jahre lang stand immer ein Schweizer an der Spitze im Ski-Weltverband. Doch im letzten Sommer unterlag der Aargauer Urs Lehmann bei der Nachfolgewahl für Gian Franco Kasper deutlich dem Quereinsteiger Johan Eliasch. Der FIS-Kongress entschied sich klar für den gebürtigen Schweden, der auch den britischen Pass hat.

Der schillernde und umtriebige Milliardär erklärte vor der Wahl, auf sein Gehalt zu verzichten. Als langjähriger Mehrheitsaktionär und CEO des österreichischen Sportartikel-Konzerns Head konnte Eliasch auch genügend Verbindung zum Ski-Sport aufweisen, um den Ansprüchen zu genügen. Der 60-Jährige schien auch mit seinem grünen Anstrich – trotz konservativer politischer Grundeinstellung engagierte er sich in der Vergangenheit für Klimaschutz und Umweltfragen – den Zahn der Zeit zu treffen. Ein Erneuerungsprozess im Ski-Verband, der zuletzt unter Kasper nur noch im Verwaltungsmodus geführt wurde, war und ist aktuell dringender denn je. 

Reformstau soll Geschichte sein

Den Ski fahren ist bei den jungen Leuten nicht mehr so populär wie früher, als hierzulande Pirmin Zurbriggen oder Vreni Scheider die Bevölkerung in Scharen vor die Fernseher lockten. Durch den Klimawandel (sprich Schneemangel oder hohe Beschneiungskosten) droht ebenfalls Gefahr. Und die Sportart ist selbst für Normalverdiener ein teurer Spass. 

Eliasch machte mit markigen Worten Wettkampf und versprach auch bei seinem Amtsantritt den Athleten viel. So sollten die Ski-Stars «genau so viel Preisgeld wie die Tennisspieler erzielen» können. Wie die Rechnung aufgehen soll, liess er offen. Dafür schwärmte er lieber von den Olympischen Spielen und dem damit verbundenen «grossartigen Wachstumspotenzial».

Um Innovationen anzustreben, gründete er die «Future Working Group». Mit Peter Schröcksnadel, dem berühmt-berüchtigten ehemaligen ÖSV-Boss wählte er einen 80-Jährigen als Leiter aus. Der Vize-Präsident ist aber fast ein Jungspund zu Bernie Ecclestone. Der ehemalige Formel-1-Zampano ist inzwischen 91-Jährig und wurde als Berater engagiert. 



Vielen im Zirkus war es aber wichtiger, wie der Weltcup-Kalender gestaltet werden soll. Eine Planung ist ohne genaue Vorstellung unmöglich, die Vorbereitungen für alle Ski-Teams waren so lange auf Eis gelegt. Auch zig Veranstalter – neben den gesetzten grossen Events wie Kitzbühel oder Adelboden – sind auf Termine und Infos von der FIS angewiesen. Als «eine Operation am offenen Herzen» umschrieb Walter Reusser, der Alpin-Direktor von Swiss-Ski die Situation.

Ski-Weltcup wird gandenlos umgekrempelt

Nun kommt immer mehr ans Licht, wie der Ski-Zirkus zukünftig aussieht. Und es riecht tatsächlich nach Revolution: Die Abfahrtsrennen auf dem Matterhorn standen dabei schon fest. Zukünftig will Eliasch aber vor allem noch Rennen in Asien sehen. Natürlich soll dabei auch die Olympia-Strecke in Peking ein fixer Bestandteil sein. Getreu seiner Vision, dass China den Wintersport auf das «nächste Level» hebt.

Auch inhaltlich lässt der Businessman offenbar keinen Stein auf dem anderen. Wie «SRF» meldet, soll der Riesenslalom auf einen Durchgang beschränkt werden, um den Wettbewerb spannender zu gestalten – und mehr TV-Einschaltquoten zu generieren. Die Zukunftsgruppe um Schröcksnadel und Ecclestone liebäugelt auch offen mit der Streichung des Super-G, der vor gut 40 Jahren eingeführt wurde. Der Fokus soll auf die traditionellen Disziplinen (Slalom, Riesenslalom und Abfahrt) gelegt werden.

Johan Eliasch will den Laden mit umstrittenen Reformen zum Laufen bringen. 
Johan Eliasch will den Laden mit umstrittenen Reformen zum Laufen bringen. 
Bild: Keystone

Der FIS-Präsident wünscht sich hingegen laut Insidern eine Premiere von Indoor-Rennen. Ski-Hallen in Dubai attestierte er zumindest schon mal mit «hat Potenzial». Wie das mit den Bestrebungen nach Nachhaltigkeit zusammenpasst, bleibt sein Geheimnis. Mittels eines Auf- und Abstiegs soll das Teilnehmerfeld gekürzt und damit gleichzeitig Sendezeit gestrafft werden. 

Eliasch drängt zudem darauf, jedes Jahr ein Grossereignis präsentieren zu können. Mit einer Art Mini-Olympia namens «FIS Games» sollen in den WM- und Olympiafreien Jahren mit FIS-Disziplinen (Ski Alpin, nordische Disziplinen, Snowboard oder Freestyle) diese Lücke gefüllt werden, erstmals im 2024.

Eliasch hat seine Rolle noch nicht gefunden

Welche Ideen und Entwürfe es tatsächlich in den Renn-Kalender schaffen, wird man demnächst erfahren. Die bisherigen Vorschläge jedenfalls sind für viele Beobachter mehr als ernüchternd, die Anfangseuphorie ist verflogen. Darunter hat auch der Ruf von Eliasch, der seine Methoden aus der Privatwirtschaft dem Weltverband ohne Rücksicht überstülpen will, deutlich gelitten. Die Zeit der Vorschusslorbeeren ist vorbei.

Die «ARD» meldete kürzlich, Einträge in Firmenregistern würden Zweifel aufkommen lassen, dass Eliasch wie angekündigt als Geschäftsführer beim Skiherstellers Head zurückgetreten sei. Es wäre mehr als nur ein grober Interessenskonflikt.