Rund um die Uhr im EinsatzDiese Oma treibt Telefonbetrüger in den Wahnsinn – bald auch in der Schweiz?
Martin Abgottspon
21.11.2024
Das britische Telekommunikationsunternehmen O2 sagt Telefonbetrügern den Kampf an. Mit einer KI-Oma, die gekonnt die Zeit der Gauner totschlägt. Hierzulande müssen wir auf eine ähnliche Lösung wohl noch etwas warten.
Martin Abgottspon
21.11.2024, 07:30
21.11.2024, 09:10
Martin Abgottspon
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Die britische Telekommunikationsfirma O2 hat die KI-Oma «Daisy» entwickelt, die Telefonbetrüger in langen Gesprächen festhält.
Daisy stellt naive Fragen, lenkt Betrüger ab und sammelt gleichzeitig Informationen über deren Methoden.
Der Swisscom gefällt die Idee, aktuell gibt es aber keine Pläne für eine vergleichbare Lösung.
Daisy scheint etwas überfordert, wenn es um neue Technologien geht. Sie gibt sich unwissend, stellt immer wieder naive Rückfragen und sorgt so dafür, dass die Gespräche mit ihr kaum ein Ende nehmen. Für Telefonbetrüger der reinste Alptraum..
In einem veröffentlichten Werbespot von O2 ist zu hören, wie ein böswilliger Anrufer wütend ausruft: «Es ist fast eine Stunde vergangen. Um Himmels willen ...!» Daisy, unbeeindruckt, antwortet freundlich: «Ach Gott, wie schnell die Zeit vergeht.»
Zeit, in welcher die Betrüger keine Möglichkeit haben, andere Opfer zu kontaktieren. Zudem sammelt Daisy durch die Gespräche Daten über häufig genutzte Betrugsmethoden, die O2 zur weiteren Prävention einsetzen kann. Laut dem Portal Techspot hielt Daisy einige «Opfer» bis zu 40 Minuten in der Leitung.
Mit der Macht der Daten gegen das Böse
Die Idee für Daisy entstand aus einer Umfrage von O2, bei der 71 Prozent der Befragten angaben, sie würden sich gerne an Betrügern rächen. Mit diesem Wunsch im Hinterkopf schuf das Unternehmen die charmante KI-Darstellerin.
Unterstützung erhielt O2 von Jim Browning, einem bekannten «Scambaiter» auf YouTube. Scambaiting bezeichnet die Taktik, Betrüger zu täuschen, ihre Zeit zu verschwenden und dabei Informationen über ihre Vorgehensweise zu sammeln. Daisy ist in diesem Bereich revolutionär: Im Gegensatz zu menschlichen Scambaitern arbeitet sie autonom und rund um die Uhr.
Daisy ist über eine spezielle Telefonnummer erreichbar, die absichtlich auf Listen von Betrügern gesetzt wurde. Kunden von O2 können den Bot nicht direkt verwenden, jedoch dazu beitragen, Daisy mit neuen Zielen zu versorgen.
Wie sieht es in der Schweiz aus?
Im Internet wird Daisy bereits gefeiert. Doch ist das Modell tatsächlich mehr als ein PR-Gag? Die Swisscom findet die Idee auf jeden Fall auch «spannend und eine interessante Lösung», wie sie auf Anfrage mitteilt. «Wir sind gespannt, ob sich das bewährt im Kampf gegen Telefonbetrüger.»
Die Swisscom verfolge aktuell aber keine ähnlichen Pläne. «Wir setzten auf unseren Callfilter und auf Antispoofingmassnahmen direkt bei uns im Netz und arbeiten eng mit den zuständigen Behörden wie dem Bundesamt für Cybersicherheit (BACS) zusammen.»
Das BACS veröffentlichte erst kürzlich ein Dokument zum Thema «Telefonbetrug im Cyberbereich». Darin wird auch ausführlich auf Künstliche Intelligenz eingegangen, wie sie von Seiten der Betrüger verwendet wird. Für Telekommunikationsunternehmen wie die Swisscom ist der Einsatz von KI im Kampf dagegen sehr viel schwieriger. «Unabhängig davon, ob die Anrufenden eine gefälschte Identität nutzen, ist es den Telekommunikationsanbietern zurzeit weder erlaubt noch technisch möglich, Robocalls, die KI-Methoden verwenden, anhand von Inhalt, Sprache oder Stimme zu erkennen.»
Aktuell schützt man sich am besten, indem man den Anruffilter sowohl auf dem Festnetz wie auch auf dem Mobiltelefon aktiviert. Dadurch verhindert man auch lästige Werbeanrufe. Und was sonst noch beim entspannten Telefonieren hilft, zeigt dir dieser Ratgeber.