Wegen App Store App-Entwickler wirft Apple «Erpressung» vor

dj

17.6.2020

Der App Store ist ein grosses Geschäft für Apple.
Der App Store ist ein grosses Geschäft für Apple.
Getty Images

Der Entwickler einer neuen E-Mail-App will Apple nicht an seinen Einnahmen beteiligen und wirft dem Unternehmen Erpressung vor.

Der Entwickler einer neuen E-Mail-App hat Apple «Erpressung» vorgeworfen und es als «Mafioso» und «Gangster» betitelt. David Heinemeier Hansson ist der CTO von Basecamp, das am Montag die E-Mail-App Hey lancierte. Erste Teste fallen überwiegend positiv aus.

Nun habe Apple der Firma aber angedroht, die App aus dem App Store zu entfernen, wenn in Hey keine Bezahloption über Apple eingebaut wird. Dabei nimmt Apple bei Abo-Diensten eine Kommission von 30 Prozent im ersten Jahr, und 15 Prozent danach.

Heinemeier Hansson wirft Apple nun in einem langen Twitter-Thread vor, seine Position als «Torwächter» über den App Store zu missbrauchen und dabei sogar die eigenen Richtlinien willkürlich anzuwenden.

Apple will mitverdienen

Apples erklärtes Problem mit Hey ist, dass es eine Abo-Option hat, diese aber nicht über In-App-Käufe anbietet, Apple also nicht daran mitverdient. Das würde gegen die Richtlinien des App Stores verstossen, so Apple.

Tatsächlich schreibt Apple vor, dass Apps in der Regel beim Angebot von kostenpflichtigen Zusatzdiensten eine Zahlungsmöglichkeit über Apple einbauen müssen, über die Apple Kommission kassiert.

Hierbei gibt es aber zahlreiche Ausnahmen. So gilt diese Vorschrift etwa nicht für sogenannte «Reader»-Apps, womit Apps gemeint sind, die für den passiven Konsum von Inhalten gedacht sind, wie Netflix oder die App einer Tageszeitung. Dann bekommen noch für Geschäftskunden bestimmte Apps Ausnahmeregeln, solche für Endkonsumenten aber nicht. In der Homeoffice-Welt sind die Grenzen zwischen beiden aber eh immer öfters fliessend.

Richtlinien willkürlich angewendet?

Heinemeier Hansson hob zudem hervor, dass es derzeit sogar E-Mail-Apps im App Store gäbe, die die Bezahlung genauso wie Hey handhaben würden. Apple würde also völlig willkürlich handeln, der Missbrauch der Marktmacht würde von «Fall zu Fall» stattfinden.

Und Apple bietet ebenfalls einen eigenen E-Mail-Dienst, über iCloud, bei dem man für mehr Speicherplatz zahlen muss. Apple ist also ziemlich eindeutig in diesem Sektor ein Konkurrent von Hey und sei damit nicht in der Lage, neutrale Entscheidungen über die Regelkonformität der App zu treffen, so der Vorwurf. Gegenüber «Protocol» sagte Apple, dass es ein Fehler gewesen wäre, Hey überhaupt erst in den App Store zu lassen.

EU-Ermittlung nach Spotify-Beschwerde

Die Kontroverse kommt zur Unzeit für Apple. Denn gestern wurde bekannt, dass die EU-Kommission nach einer Beschwerde von Spotify eine neue Kartelluntersuchung gegen Apple eingeleitet hat. Die Kernfrage dabei dürfte lauten: Ist Apple ein Monopolist? Wenn es um den Markt «Apps für iPhones» geht, definitiv. Von exotischen Methoden wie Jailbreaking mal abgesehen, ist man komplett auf das Gutdünken von Apple angewiesen, wenn man eine App fürs iPhone anbieten möchte. Und der Vorwurf von Spotify und nun Heinemeier Hansson ist, dass Apple diese Position ausnutzt, um Konkurrenten kleinzuhalten.

Apple betont dagegen immer wieder, dass der Markt ja eigentlich «Apps für Smartphones» umfasst. Und da gibt es natürlich noch eine starke Alternative, Googles Play Store für Android. In der westlichen Welt haben Apple und Google hier ein de facto Duopol, was in sich auch problematisch ist, aber zumindest den Marktmissbrauch-Vorwurf gegen Apple abschwächt.

Welche Sichtweise die EU annehmen wird, wird sich im Verlauf der Untersuchung zeigen. Die EU ist in Kartellfragen zu «Big Tech» in den letzten Jahren jedenfalls deutlich härter vorgegangen als die USA unter Trump. Die zuständige Wettbewerbskomissarin Margrethe Vestager zeigte bisher wenig Verständnis für die Argumente von Apple.

«Es ist enttäuschend, dass sich die EU-Kommission haltloser Vorwürfe einer Reihe von Firmen annimmt, die nichts mehr als eine Freifahrt wollen und sich nicht wie alle anderen an die Regeln halten», reagierte Apple auf die Ermittlungen. Diese dürften sich eine Weile hinziehen und bei einer Busse oder Sanktionen gegen Apple wohl noch von jahrelangen Gerichtsstreitigkeiten gefolgt werden. In 2016 verdonnerte Vestager Apple dazu, 13 Milliarden Euro Steuern an Irland nachzuzahlen. Diese Entscheidung ist immer noch nicht rechtskräftig.

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