Was taugt die Kryptowährung?Zehn Jahre Bitcoin: Kometenhafte Aufstiege und tiefe Krisen
AFP/dj
1.11.2018
Spekulationsobjekt oder Hoffnungsträger für ein besseres Finanzsystem? Am Bitcoin scheiden sich auch zehn Jahre nach der Idee für die wohl bekannteste Digitalwährung der Welt die Geister.
Nach den schwindelerregenden Kursgewinnen Ende vergangenen Jahres ist es zuletzt eher ruhig um die Kryptowährung geworden. Doch das Potenzial für eine Revolution durch die Blockchain-Technologie hinter dem Bitcoin sorgt weiter für Wirbel — und auch die Kritik ist nicht verstummt.
Als die Kryptowährung in einem am 31. Oktober 2008 unter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto veröffentlichten Papier erstmals skizziert wird, ist die Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers gerade einmal ein paar Wochen her. Das Vertrauen in die etablierte Finanzwelt hat schwer gelitten. Die Schöpfung der digitalen Alternativwährung soll deshalb vor allem eine politische Botschaft sein.
Der Bitcoin könne direkte Online-Zahlungen zwischen zwei Parteien ermöglichen — ohne die Bürde, durch eine Finanzinstitution laufen zu müssen, heisst es in dem Papier. Es ist der Masterplan für eine globale Währung, die von keiner Zentralbank kontrolliert wird und auf die jeder Zugriff haben kann. Die Identität Nakamotos ist bis heute ungeklärt.
Bitcoin begann bei Nerd und Kriminellen
In den ersten Jahren entwickelt sich der Bitcoin abseits der Augen der Öffentlichkeit. Auf Gegenliebe stösst er zunächst vor allem bei Computernerds — und auch bei Kriminellen, die eine Chance wittern, schmutziges Geld zu waschen. Doch nachdem die Kryptowährung 2013 zum ersten Mal die 1000-Dollar-Marke durchbricht, erwacht das Interesse — und die Kontroverse: Die Europäische Zentralbank (EZB) vergleicht den Bitcoin mit einem Schneeballsystem; Ben Bernanke, damals Chef der US-Notenbank Fed, sieht hingegen Potenzial.
Nur wenig später erlebt der Bitcoin seine bislang grösste Krise, als Anfang 2014 die Plattform Mt. Gox, auf der damals rund 80 Prozent aller Bitcoins gehandelt werden, gehackt wird. Der Wert bricht zusammen, ein mögliches Ende des Bitcoin scheint nah.
Bitcoin: Hat die Kryptowährung das Zeug dazu, Dollar und Euro als Währungen abzulösen? Dazu muss das Digital-Geld noch einige offene Fragen beantworten:
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Frage 1: Volatilität. 2017 machte Bitcoin vor allem mit seinen massiven Kursanstiegen Schlagzeilen ...
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Potenzielle Nutzer fragen sich ob der grossen Volatilität, ob ihr Erspartes in Bitcoin überhaupt sicher ist. Das müssen sich allerdings vor allem Spekulanten überlegen. Für kurzfristige Transaktionen spielt der aktuelle Kurs zum Dollar nur eine kleine Rolle.
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Damit hinkt der Vergleich mit historischen Ausnahmesituationen von Hyperinflation oder Hyperdeflationen auch ein Bisschen. Man kann sein Erspartes nach wie vor in CHF halten, für eine Überweisung dann aber einen Teil in Kryptogeld verwandeln.
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Frage 2: Warum bezahlen wir unseren Kaffee dann noch nicht per Bitcoin? Grund dafür sind momentan auch die Transaktionsgebühren. Sie betragen momentan rund 10 Franken pro Überweisung.
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Grund ist, dass aufgrund des raschen Wachstums das Bitcoin-Transaktionsnetzwerk verstopft ist. Transaktionen müssen durch ein Netzwerk gehen und momentan gilt: Wer mehr bezahlt, kommt schneller durch. Andere Kryptowährungen wie «Bitcoin Cash» oder «Litecoin» haben dieses Problem schon gelöst.
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Frage 3: Wie lange geht eine Transaktion? Momentan zwischen 10 Minuten und 10 Stunden. Analog zur Frage 2 - je nachdem, wieviel man für seine Transaktion zahlt. Allerdings wäre es ein Leichtes, diese Verzögerungen zu minimieren und damit eine echte Alternative zu Kreditkarten-Netzwerken zu werden.
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Und Frage 4: Wie steht's mit dem Energieverbrauch? Das Bitcoin-Netzwerk verbraucht momentan etwa die Strommenge eines Mittleren Staates wie Dänemark oder Bulgarien. Problem: Viel davon wird in China abgewickelt, mit dreckigem Strom aus fossilen Brennstoffen.
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Dabei hätten die Kryptowährungen das Potenzial, Finanztransaktionen viel effizienter abzuwickeln als dies Banken und Börsen bisher taten. Erneuerbare Energien für Digital-Geld wären also ein Segen für die Umwelt.
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Bitcoin für manche wie eine «Religion»
Es dauert bis ins Jahr 2017, bis sich der Kurs erholt. Das sei ein «Wendepunkt» gewesen, sagt Pierre Noizat, der 2011 die erste Bitcoin-Börse in Frankreich gründete. Während im Windschatten des Bitcoins hunderte weitere Digitalwährungen gedeihen, geht es in den folgenden Monaten steil aufwärts: Ende 2017 klettert der Bitcoin-Kurs bis auf 19’500 Dollar.
Aktuell liegt er mit rund 6400 Dollar allerdings wieder deutlich niedriger. Dennoch sei die Kryptowährung «mehr als eine technologische und ökonomische Innovation», sagt Bitcoin-Experte Bob McDowall. «Für manche Leute ist sie fast zu einer Religion geworden.»
Mining wird von Profis dominiert
Grundsätzlich kann sich an dieser Religion jeder beteiligen: Da Transaktionen nicht von einer zentralen Stelle bestätigt werden müssen, sondern stattdessen alle Buchungsvorgänge kryptografisch verschlüsselt in einer dezentralen Datenbank — der sogenannten Blockchain — aneinandergekettet werden, ist ein immenser Rechenaufwand nötig.
Wenn private Nutzer mit ihrem Computer einen Teil davon übernehmen, werden sie in Bitcoin-Anteilen entlohnt. So entstehen neue «Münzen» — der Prozess wird deshalb als «Mining» (Schürfen) bezeichnet. Schon längst wird dieser stromintensive Prozess allerdings von professionellen Akteuren dominiert.
Bitcoin ist «zentralistischer als Nordkorea»
Die viel beschworene Dezentralisierung hält der US-Wirtschaftswissenschaftler Nouriel Roubini nicht zuletzt deshalb für einen Mythos. «Das System ist zentralistischer als Nordkorea», sagt er. «Die Schürfer sind zentralisiert, die Wechselbörsen sind zentralisiert, die Entwickler sind zentralisierte Diktatoren», kritisiert er. Die Mehrheit der Beobachter ist sich zudem einig, dass der Bitcoin weiterhin weniger für Zahlungen verwendet wird, denn als Wertanlage oder angesichts der Kursschwankungen für Spekulationen.
Auf der anderen Seite spielt die Blockchain-Technologie vor allem für viele Startups eine immer grössere Rolle. Denn prinzipiell kann die Technik klassische Gewährsleute wie Banken oder Notare überflüssig machen - und damit nicht nur Zahlungsströme, sondern etwa auch die Verwaltung von Lieferketten oder Verträgen einfacher machen. Pierre Noizat gibt sich deshalb zum zehnten Geburtstag der Bitcoin-Idee optimistisch. «Es dauert 20 Jahre, bis sich so eine Technologie durchsetzt», sagt er.
Gibt es ausserirdisches Leben? Wegen dem Boom der Kryptowährungen entgehen uns möglicherweise die Signale von E.T.
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Das SETI-Projekt sucht weltweit mit Radioteleskopen nach ausserirdischen Funksignalen.
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Doch zur Auswertung der Aufnahmen ist eine enorme Rechenkraft nötig.
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Bisher wurden dafür GPUs verwendet - Anwender dürften diese Bauteile als «Grafikkarten» für ihre Computer kennen.
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Doch Hersteller wie NVIDIA können die enorme Nachfrage nicht mehr bedienen.
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Schuld daran ist der Run auf Kryptowährungen:
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Denn besagte GPUs sind besonders effizient beim «minen» von Digitalwährungen wie Ethereum. Deshalb kaufen Miner den weltweiten Vorrat von Grafikkarten auf.
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Nicht nur Alien-Sucher sind von der Knappheit betroffen: Auch Wissenschaftler, die den Sternenhimmel nach Partikeln aus der Anfangszeit des Universums suchen, macht der GPU-Mangel gerade Probleme. Die All-Revolution muss sich also noch etwas gedulden.
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