Privatsphäre in GefahrHändler verhökern Infos zu Besuchern von Abtreibungskliniken
Dirk Jacquemien
4.5.2022
Über einen Datenhändler lassen sich Infos zu Besucher*innen von US-Abtreibungsspitälern erwerben.
Dirk Jacquemien
04.05.2022, 17:59
Dirk Jacquemien
Daten über die Besucher*innen von US-Abtreibungsspitälern sind einfach käuflich erhältlich. Zu diesem Schluss kommt eine Untersuchung von «Vice». Die Seite hatte beim Datenhändler SafeGraph die Daten von Besucher*innen von Einrichtungen der Organisation Planned Parenthood erworben.
Planned Parenthood bietet Gesundheitsberatung und allgemeine gynäkologische Behandlungen an, führt in einigen seiner Einrichtungen aber auch Schwangerschaftsabbrüche durch.
Firmen wie SafeGraph sammeln ihre Daten üblicherweise über auf Smartphones installierte Apps. Die Entwickler*innen vieler Apps verkaufen Daten ihrer Nutzer*innen, wie Bewegungsprofile, an Datenhändler. Apple und Google versuchen in jüngster Zeit verstärkt solche Datenerhebungen zu unterbinden, was allerdings nicht vollständig gelingt.
Nominell anonyme Daten
Für 160 Dollar bekam «Vice» die gesammelten Daten über die Besucher*innen von 600 Planned Parenthood-Einrichtungen in den USA in einer Woche. Enthalten war darin unter anderem, wohin sie nach dem Besuch gingen sowie ihren ungefähren Wohnort.
Nominell sind diese Daten anonymisiert und sollen keine Rückschlüsse auf einzelne Personen zulassen. In der Praxis sieht es allerdings oftmals anders aus. So wurden letztes Jahr vermeintlich anonymisierte Daten eines Datenhändlern verwendet, um einen katholischen Priester zu outen, der die schwule Dating-App Grindr verwendete
Die Enthüllungen erhalten im Lichte des am Montag bekannt gewordenen Urteileentwurfes des obersten Gerichtshof der USA besondere Brisanz. Laut dem Entwurf ist die konservative Mehrheit des Gerichts offenbar entschlossen, das seit knapp fünfzig Jahre bestehende Grundrecht auf einen Schwangerschaftsabbruch für nichtig zu erklären.
Sollte das Urteil bestätigt werden, wären Schwangerschaftsabbrüche über Nacht in zahlreichen US-Bundesstaaten strafbar. Manche Bundesstaaten planen zudem bereits, Reisen ihrer Bürgerinnen in liberalere Bundesstaaten unter Strafe zu stellen, falls sie dort eine Abtreibung durchführen lassen wollen. Die Daten von Datenhändlern könnten dann genutzt werden, um solche Frauen zu identifizieren.