«Zwingend erforderlich»Der Bund kann die goldenen Microsoft-Fesseln nicht ablegen
Martin Abgottspon
5.2.2025
Beim Bund geht es nicht ohne Microsoft, auch wenn das aus verschiedenen Gründen problematisch ist.
Dall-E @blueNews
Die Bundesverwaltung bezahlt weiterhin hohe Summen an Microsoft – trotz der Verfügbarkeit sicherer und günstiger Open-Source-Alternativen. Die Abhängigkeit vom US-Techriesen wirft Fragen auf.
Es ist wie in einem schlechten Vertrag: Einmal unterschrieben, kommt man kaum noch raus. So ergeht es der Schweizer Bundesverwaltung mit Microsoft. Bis Ende nächsten Jahres wird sie mehr als 140 Millionen Franken für Lizenzen zahlen – ohne öffentliche Ausschreibung. Der Deal: zwei weitere Jahre Office 365 vom US-Giganten.
Warum kein Wettbewerb? Die Antwort ist ernüchternd: Es sei «zwingend erforderlich», weiterhin auf Microsoft-Produkte zu setzen, so das Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL) im offiziellen Zuschlagsentscheid.
Datenhoheit liegt in den USA
Dabei könnte der Bund längst auf Open-Source-Alternativen umsteigen – sicherer, kostengünstiger und flexibler. Doch das passiert nicht. Stattdessen wächst die digitale Abhängigkeit weiter.
Genau an diesem Punkt setzt die Kritik an der Microsoft-Abhängigkeit an. Matthias Stürmer, Professor für Verwaltungsdigitalisierung und Präsident der Organisation CH Open, warnt gegenüber SRF vor den finanziellen Folgen: «Die Abhängigkeit von Microsoft führt dazu, dass das Unternehmen eine starke Verhandlungsposition bei den Preisen hat.» Auch die Bundeskanzlei bestätigt, dass die Abhängigkeit zu erhöhten Kosten führt.
Doch es bleibt nicht nur bei den Ausgaben. Datenschützer sehen auch beim Thema Datensicherheit erhebliche Risiken. Die Nutzung von Cloud-Diensten wie Microsoft Azure könnte dazu führen, dass sensible Verwaltungsdaten auf Servern in den USA gespeichert werden. Matthias Stürmer erklärt: «Faktisch hat immer Microsoft und letztendlich die amerikanische Regierung Zugriff auf diese Daten.» Mit Open-Source-Lösungen könnte dieses Problem umgangen werden, da die Software auf eigenen Servern betrieben werden kann.
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Die Rechnung zahlen am Ende alle
Die Bundeskanzlei erklärt auf Anfrage: «Microsoft ist faktisch weltweit ein Standard.» Rund 80 Prozent der Unternehmen und Behörden nutzen die Produkte des US-Riesen. Das Problem: Ein Wechsel würde teuer und riskant werden. Seit Jahren baut die IT-Architektur des Bundes auf Microsoft-Produkten auf. Viele Schnittstellen und Anwendungen sind davon abhängig. Eine Umstellung wäre ein logistischer Kraftakt mit Kosten in Milliardenhöhe.
Doch Stürmer sieht auch einen psychologischen Faktor: «Nobody has been fired for buying Microsoft.» Wer auf etablierte Lösungen setzt, bleibt auf der sicheren Seite. Ein Fehlversuch mit alternativen Systemen könnte dagegen schnell die Karriere gefährden.
Die Leidtragenden sind die Steuerzahler. Sie müssen für die hohen Lizenzgebühren aufkommen. Gleichzeitig steigt das Risiko für die Sicherheit ihrer persönlichen Daten.
Trotzdem bleibt die Bundesverwaltung vorsichtig. Es gebe Überlegungen, «für gewisse Anwendungsfälle» auf andere Produkte umzusteigen, heisst es. Ein vollständiger Abschied von Microsoft sei jedoch ein «Hochrisikovorhaben».