Behinderung angezweifeltElon Musk entschuldigt sich bei gefeuertem Twitter-Mitarbeiter
Von Dirk Jacquemien
8.3.2023
Elon Musk hat sich bei einem Ex-Mitarbeiter entschuldigt, den er auf Twitter beleidigt und dessen Behinderung infragegestellt hat. Das könnte für ihn und sein Unternehmen nun teuer werden.
Von Dirk Jacquemien
08.03.2023, 20:02
Dirk Jacquemien
Twitter-Chef Elon Musk hat sich bei einem ehemaligen Mitarbeiter entschuldigt, nachdem er zuvor sowohl dessen Arbeitsmoral als auch dessen Behinderung öffentlich infrage gestellt hatte.
Die jüngste von Musk selbst initiierte Kontroverse begann, als Haraldur Þorleifsson, der auf Twitter als «Halli» aufritt, nach seinem Arbeitsstatus fragte. Er habe seit neun Tagen keinen Zugriff mehr auf die internen Twitter-Systeme und vermutete deswegen, dass er entlassen worden sei, so Halli. Da die Twitter-Personalabteilung allerdings nicht auf seine Anfragen reagierte, sprach er Musk direkt auf Twitter an.
Musk antwortete sogar und fragte Halli zunächst, was dieser überhaupt bei Twitter gemacht habe. Halli zählte seine Tätigkeiten auf, was Musk allerdings wenig zu beeindrucken schien. Er beendete den Dialog schliesslich mit zwei lachenden Emojis.
Als Musk von Nutzer*innen darauf hingewiesen wurde, dass das vielleicht nicht die beste Art und Weise sei, mit ehemaligen Angestellten zu kommunizieren, legte Musk nach. Halli habe keine «richtige Arbeit» geleistet und stattdessen behauptet, dass ihn eine Behinderung am Tippen hindere. «Dafür habe ich keinen Respekt», so Musk.
Gründer einer von Twitter gekauften Firma
Nun meldete sich Halli erneut zu Wort. Er leidet an einer kontinuierlich schlechter werdenden Muskeldystrophie, sodass ihm das Tippen auf einer Computertastatur inzwischen unmöglich ist. Und er erzählte, wie er zu Twitter gekommen war. Er war Gründer der isländischen Design-Firma Ueno, die 2021 von Twitter aufgekauft wurde.
Den Übernahmepreis liess sich Halli allerdings nicht als einzelne Summe auszahlen, sondern er vereinbarte, dass dieser Teil seines Gehaltes bei Twitter wird. Er tat dies laut eigenen Angaben, weil er auf die Summe den vollen Einkommensteuersatz zahlen wolle. Damit wolle er sich bei dem isländischen Sozialstaat bedanken, der ihm als Menschen mit Behinderung so viel ermöglicht habe.
«Isländer des Jahres»
2021 war er deswegen der zweitgrösste Steuerzahler in ganz Island — in dem kleinen Land sind die Steuererklärungen aller Bürger*innen öffentlich zugänglich. Sein Geld nutzte er etwa, um 1500 Rollstuhlrampen im Land bauen zu lassen. Unter anderem für diese Aktion wurde er 2022 vom nationalen Fernsehsender zum Isländer des Jahres gekürt.
Kurzum, Musk hat sich mit einem Menschen angelegt, gegen den es quasi unmöglich ist, die moralische Überhand zu gewinnen. Und da er implizierte, dass Hallis Behinderung etwas mit seiner Entlassung zu tun haben könnte, navigierte er sich auch direkt noch in rechtliche Turbulenzen, denn so was ist selbst in den USA mit ihren eher laxen Arbeitnehmerschutzgesetzen illegal.
Potenziell teure Tweets
Weitere Komplikation ist, dass mutmasslich in Hallis Arbeitsvertrag eine Klausel steht, die bei einer Entlassung eine hohe Abfindung vorsieht, um die volle Kaufsumme für Ueno zu erreichen. Das scheint irgendwann auch zu Musk durchgedrungen zu sein.
Er entschuldige sich bei Halli für das von ihm verursachte «Missverständnis», schreibt er in weiterem Tweet, nachdem er ein Videotelefonat mit Halli hatte. Er sei einfach falsch informiert worden, rechtfertigt sich Musk. Nach Musks Angaben überlege Halli, weiterhin für Twitter zu arbeiten.