Spielekritik «Control»: Im telekinetischen Shooter gegen übersinnliche Mächte

Von Pascal Wengi

6.9.2019

In «Control» soll der Spieler durch spezielle Fähigkeiten die Stadt New York vor einer Invasion beschützen.
In «Control» soll der Spieler durch spezielle Fähigkeiten die Stadt New York vor einer Invasion beschützen.
Bild: 505 Games

Spätestens seit Netflix’s Horror-Serie «Stranger Things» wünschen wir uns Elfies Superkräfte, um Objekte telepathisch bewegen zu können. In «Control» erhält der Spieler solche Fähigkeiten und soll damit eine Geheimbehörde in New York von einer übersinnlichen Invasion befreien.

«Control» wurde von Remedy Games entwickelt, das Studio hinter «Max Payne», «Alan Wake» oder «Quantum Break». Gerade «Max Payne» zählt bis heute zu den besten Third-Person-Shootern. Dies nicht nur wegen der überragenden Grafik, sondern auch der hervorragenden Bullet-Time-Action. Auch die düster und spannend erzählte Story mit hollywoodreifen Cutscenes setzte neue Massstäbe.

«Max Payne» war quasi ein spielbarer Film. «Control» zielt in dieselbe Richtung. Das Spiel versucht nicht mit unnötigen Spielereien oder einer coolen offenen Spielwelt den Spieler von einer flachen Story abzulenken.. Ganz im Gegenteil. Remedy will eine packende Geschichte durch seine Charaktere und hervorragende Zwischensequenzen erzählen.

Der offizielle Trailer zu «Control»

Bild: Youtube

Story

Als Jesse Faden betreten wir den Hauptsitz des «Federal Bureau of Control» (FBC). Wieso Jesse das Old House, wie das Bürogebäude genannt wird, aufsucht, wird uns nicht sofort erklärt. Uns wird auch vorenthalten, wie Jesse überhaupt Zutritt zum Gebäude haben kann, denn dieses steht nach «ausserweltlichen Zwischenfällen» und der Ausbreitung einer Art Seuche eigentlich unter Quarantäne.



Auf unserem Weg durch die Korridore und Büros des FBC finden wir einige sammelbaren Objekte wie Briefe, Memos, Tonaufnahmen oder Videomaterial, welche die Situation im Ansatz ausleuchten und der Story so einen Hintergrund geben. Spätestens wenn wir auf Mitarbeiter treffen, welche leblos in der Luft schweben und der Physik zu trotzen scheinen oder sich ganze Hallen in ihrem Aufbau vor unseren Augen verändern und zu Werken von M.C. Escher werden, wird klar, dass hier Mächte am Werk sind, welche wir nicht verstehen.

Jesse selbst bleibt dabei auch ein Mysterium, denn sie wird von allen Mitarbeitern als neue Direktorin begrüsst und spricht auch mit sich selber, als würden zwei Personen einen Dialog führen. Ausserdem scheint sie nicht nur immun gegen die Auswirkung der übersinnlichen Kräfte zu sein, sie hat auch eine Begabung dafür, diese Kräfte zu verinnerlichen und selbst zu nutzen.

Dank Telekinese kann Jesse Objekte auf ihre Feinde schleudern
Dank Telekinese kann Jesse Objekte auf ihre Feinde schleudern
Bild: 505 Games

Gameplay

Sehr früh im Spiel erhalten wir mit der Amtswaffe unser erstes und einziges Schiesseisen im Spiel. Die Amtswaffe ist eine der vielen «Objekte der Macht» (ODM), wie sie die FBC nennt. «ODM's» sind handelsübliche Gegenstände, welche in irgendeiner Weise mit der Kraft hinter den Vorkommnissen verbunden sind und aussergewöhnliche Fähigkeiten besitzen. Bei der Amtswaffe handelt es sich um eine futuristische Pistole, welche Munition magisch regeneriert und deren Schussverhalten später über Modifikation grundlegend verändert werden kann. So wird mit der entsprechenden Anpassung aus der Pistole eine Schrotflinte oder auch ein Maschinengewehr.

Aber in «Control» wird nicht nur geschossen. Wir können uns auch mit verschiedenen, übernatürlichen Fähigkeiten zur Wehr setzen. Diese Fähigkeiten erlangt Jesse durch die «Objekte der Macht», welche sie nach und nach im FBC findet. Eine der praktischsten Fähigkeiten ist die Telekinese, mit welcher man Gegenstände aufheben und wuchtvoll auf Gegner schmettern kann. Neue Fähigkeiten verschaffen einem oft auch Zutritt zu Gebieten, welche man vorher nicht besuchen konnte und belohnt das Durchsuchen von bereits besuchten Orten mit neuen Modifikationen oder Herstellungsmaterialien.



Mit den neu gewonnen Fähigkeiten, Waffenformen und Schlüsselelementen, wie zum Beispiel Zutrittskarten, verschaffen wir uns so immer weiter Zugang und dringen tiefer in das Gebäude vor. Dies will die mysteriöse Kraft aber tunlichst vermeiden und stellt uns immer wieder befallene Mitarbeiter als Gegner in den Weg. Dabei sind die besessenen Wachmänner oder gepanzerten Sicherheitseinheiten zu Beginn noch das kleinste Übel.

Durch das Besiegen der Gegner in einem bestimmten Areal, können wir Kontrollpunkte «reinigen» und erhalten so einen Checkpoint, an welchem wir Zugriff auf die Charakteraufwertung, Herausforderungen und die Herstellung erhalten. Diese Kontrollpunkte dienen ausserdem als Schnellreisepunkte und sind vor allem dann nützlich, wenn wir mit neuen Fähigkeiten oder Schlüsselelementen alte Orte besuchen möchten.

«Control» hält einige Rätsel für die Spieler bereit.
«Control» hält einige Rätsel für die Spieler bereit.
Bild: 505 Games

Grafik

Grafisch ist «Control» eine Wucht und wirkt stellenweise wie eine Demo von nVidia, um zu zeigen, was mit ihren neusten Grafikkarten alles möglich ist. Das Spiel von Licht und Spiegelungen, die Qualität der Texturen und die daraus erzeugte Atmosphäre sind wunderschön anzusehen. Viele neue Spiele unterstützen die Technologie Raytracing, aber nirgendwo wirkt es so gut in Szene gesetzt wie bei «Control».

Diese Schönheit hat aber auch ihren Preis, denn die Anforderungen an das System sind sehr hoch. An Stellen mit viel Partikel- und Raucheffekten kann die Framerate schon mal etwas darunter leiden. Aber auch ohne Raytracing und mit mittleren Grafik-Einstellungen sieht «Control» grandios aus. Vor allem die hervorragenden Charaktermodelle haben es uns angetan. Jesse wirkt in den Zwischensequenzen oft realer und glaubhafter als gewisse gut bezahlte Hollywood-Schauspielerinnen.

Fazit

«Control» hat uns gepackt. Wir wollten unbedingt wissen, was hinter all diesen Phänomenen steckt, wieso Jesse diese Macht selber nutzen kann und was für Geheimnisse das FBC sonst noch in sich birgt. Dabei half es auch, dass das Gameplay und die Spielmechanik solide sind und sich die Kräfte und Schusssequenzen intuitiv anfühlen und nie unnötig komplex werden. Das Erkunden der Büro-Räume motiviert mit Beute , welche Jesses Fähigkeiten oder ihre Amtswaffe verbessert. Einzig die Karte weist vereinzelte Mängel auf, da der Weg an manchen Stellen nur schwer erkennbar war.

Remedy Games hat nicht bloss ein «Max Payne» mit Jedi-Fähigkeiten abgeliefert, sondern ein spannendes Action-Adventure mit zauberhafter Grafik und packenden Zwischensequenzen. Für uns ganz klar einer der besseren Action-Adventure-Megahits dieses Jahres.

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