Spiele-Kritik«Final Fantasy 16» startet in eine neue Ära – mich freut das riesig
Von Martin Abgottspon
21.6.2023
Nachdem mich der Vorgänger zuletzt enttäuschte, hat «Final Fantasy 16» meine Liebe zur Serie jetzt wieder entfacht. Das Spiel macht zwar vieles anders als man es sich gewohnt ist, doch die Zeit dafür ist reif.
Von Martin Abgottspon
21.06.2023, 17:57
Martin Abgottspon
Mit «Final Fantasy 16» hat sich Square Enix tatsächlich in eine neue Ära vorgewagt. Eine Ära, die wesentlich mehr Wert auf Action legt, ohne dabei zu vergessen, wo man herkommt. Vorbei ist es mit den rundenbasierten Kämpfen, für die «Final Fantasy» lange Zeit gestanden hat und welche insbesondere die Teile 6 bis 10 zu absoluten Klassikern der Spielegeschichte machten. Stattdessen sind bei all den Schwerthieben, magischen Angriffen und Ausweichmanövern jetzt wesentlich mehr Reaktionszeit gefragt.
Die Neuerungen sind tatsächlich so markant, dass «Final Fantasy 16» wahrscheinlich einer der umstrittensten Teile unter Fans werden wird. Aus meiner Optik ist es aber ganz klar einer der besten Titel überhaupt. Dies, weil Square Enix und Entwickler Creative Business Unit III nicht bloss ein episches Fantasy-Abenteuer schuffen, sondern gleichzeitig auch eine politische Kulisse aufs Parkett bringen, die die Spannung enorm erhöht. Vielleicht trifft das nicht jeden Geschmack, für mich war es aber wesentlich fesselnder und aufregender als die letzten Teile der Serie.
Ein neuer Wind in der Geschichte
Auch wenn sich hartgesottene Fans damit schwer tun, versucht «Final Fantasy 16» wirklich, vertraute Elemente zu bewahren, ihnen aber eine moderne Wendung zu geben. Nirgendwo wird das deutlicher als in der Geschichte. Was zunächst wie eine einfache Rachegeschichte mit Clive Rosfield erscheint, entwickelt sich zu einer ausgedehnten Reise, um die Macht wieder an die Menschen zurückzugeben.
Es ist eine Geschichte voller unvergesslicher Helden und Schurken in einem Land mit einer reichen Vorgeschichte. Die Bestandteile davon fühlen sich immer noch wie ein Teil des Kerns der Serie an, auch wenn sie beispielsweise offensichtliche Inspirationen aus Game of Thrones enthalten. Die in früheren Final Fantasys als Beschwörungen bezeichneten Kreaturen heissen jetzt Eikon. Dabei handelt es sich um massive, fantastische Kreaturen, in die bestimmte Personen, sogenannte Dominanten, sich verwandeln können.
Die ganze Geschichte wird hollywoodreif aufbereitet und den Spielern in wahnsinnig imposanten Videosequenzen erzählt. In den ersten paar Spielestunden muss man sich so auch darauf einstellen mehr Zwischensequenzen zu schauen als tatsächlich zu spielen. Langweilig wird es einem dabei aber nie, weil das Videomaterial so episch inszeniert ist, als würde man tatsächlich im Kino sitzen.
Einfach zu lernen, hart zu meistern
Spielerisch fühlt sich «Final Fantasy 16» wie schon erwähnt jetzt mehr wie ein modernes Action-Spiel an. Das bedeutet, man reiht in der Regel mehrere mächtige Attacken und Zauber aneinander und weicht den gegnerischen Angriffen im richtigen Moment aus. Klingt simpel und das ist es zu Beginn des Spiels auch. Mit der Zeit wird es allerdings immer wichtiger wie man seine Figur weiterentwickelt und welchen Fähigkeiten und Gegenständen man den Vorrang gibt. Je nach bevorzugtem Spielstil kommt das ganze Gerüst so auch zunehmend stärker zum tragen.
Es ist hilfreich, dass man bei dieser Entwicklung den Fokus nur auf eine Figur legen muss. Es geht nicht mehr wie bei den Vorgängern darum, eine ganze Gruppe zu mikromanagen, zu heilen und zu verstärken. Der Fokus liegt voll und ganz auf der Hauptfigur und bietet auch so noch mehr als genug Möglichkeiten, sich in der Entwicklung auszutoben und verschiedene Stile auszuprobieren. Ja, die Rollenspiel-Elemente kommen dadurch etwas zu kurz. Wenn man sich aber daran erinnert, wie viele Gegenstände man früher einfach das ganze Spiel hindurch unnötig mit sich herumschleppte, ist das auch nicht weiter schlimm.
Die Bosskämpfe sind das absolute Highlight
Die neue Identität des Spiels verleiht dann auch den Bosskämpfen einen viel besseren Fluss. Vorbei sind die Zeiten, in denen man hilflos zusehen musste, wie ein überstarker Bösewicht einen Angriff auflädt, der drohte, die gesamte Gruppe auszuradieren. Stattdessen kann mit dem richtigen Timing jede Attacke pariert oder vermieden werden.
Üben kann man das von Beginn weg oft genug. Immer öfter trifft man auf kleinere Minibosse, die ähnlich imposant inszeniert werden wie die vielen Videosequenzen. Und so passt es auch nur zu gut ins Gesamtbild, wenn man bei diesen Kämpfen auch zu speziellen «Cinematic»-Moves greifen kann, die das ganze Spektakel nicht verkomplizieren, ihm dafür nochmal mehr Würze geben.
Die Boss-Designs sind durchwegs fantastisch. Und wem der Kampf mit dem Schwert nicht ausreicht, wird spätestens bei den Eikon-Kämpfen begeistert sein. Die Auseinandersetzungen zwischen den klassischen Übermächten wären schon beeindruckend genug als reine Zwischensequenzen. Wenn der Spieler dann aber auch noch daran teilnehmen darf, ist es schwer, nicht völlig verzaubert zu sein.
Grafisch alles rausgeholt
Von der technischen Seite her kann man festhalten, dass «Final Fantasy» schon immer die Grenzen der Konsolengrafik ausgelotet hat und der 16. Teil bildet da keine Ausnahme. Die Grafik ist gigantisch und kitzelt alles aus der aktuellen Playstation 5 raus. Stellenweise kommt die Leistung zwar an ihre Grenzen, selten aber so, dass es wirklich stören würde.
Angesichts des Detaillierungsgrades und des Umfangs, sowie der Tatsache, dass es praktisch keine Ladebildschirme gibt, ist es nicht überraschend, dass die Bildrate inkonsistent sein kann. Aber abgesehen von den Performance-Problemen ist Final Fantasy 16 üppig, mit lebhaften Landschaften und überraschenden und imposanten Umgebungen ausgestattet.
Der Soundtrack rundet das rundum hochgelobte Spielerlebnis dann noch perfekt ab. Egal ob ihn ruhigen und emotionalen Momenten oder bei den epischsten Schlachten passt hier auch auditiv einfach alles zusammen.
Und so lässt sich zusammenfassend sagen, dass «Final Fantasy 16» nicht nur einer der besten Teile der Serie ist, sondern auch eines der besten Spiele dieses Jahres. Die Entwickler haben sich dazu entschieden, den neusten Ableger nur auf der Playstation 5 zu veröffentlichen. Für alle Besitzer älterer Konsolen ein grosser Wermutstropfen, doch nur so konnte das Spiel überhaupt so gigantisch inszeniert werden und das haben sich Fans nach den letzten Teilen mehr als verdient.