Spielekritik «Final Fantasy 7 Remake»: Eine hollywoodreife Neuauflage

Von Martin Abgottspon

6.4.2020

Cloud und Tifa sind ein starkes Duo im Kampf gegen Shinra.
Cloud und Tifa sind ein starkes Duo im Kampf gegen Shinra.
Bild: Square Enix

Schon seit mehr als einem Jahr fiebern Fans dem Remake von «Final Fantasy 7» entgegen. Die Erwartungshaltung ist hoch. Schafft es Square Enix diese zu erfüllen? Wir haben das Remake ausführlich getestet.

Eines hat sich bei «Final Fantasy 7 Remake» definitiv nicht verändert. Der Hauptprotagonist, Cloud Strife, ist genauso mürrisch und arrogant wie schon im Original aus dem Jahr 1997. Und es hat mich auch dieses Mal wieder genervt. Wie soll man sich bloss mit einem solchen Stinkstiefel identifizieren?

Glücklicherweise weiss ich aus meiner eigenen Jugendzeit, dass Cloud aber auch andere Seiten hat, genauso wie die anderen Mitstreiter der Widerstandstruppe, welcher wir uns zu Beginn des Spiels anschliessen: Avalanche. Gemeinsam gehen wir gegen den Megakonzern Shinra vor, der dem Planeten zwecks Energiegewinnung fortwährend Lebensenergie entzieht.

Mittendrin, statt nur dabei

Schon Ende der 1990er-Jahre bewies «Final Fantasy 7», dass man trotz der damals noch pixeligen Grafik trotzdem eine hollywoodreife Geschichte erzählen kann. Ein wichtiger Grund, warum die Serie nicht nur in Asien, sondern auch im Westen Millionen von Anhängern fand.
Mit dem Remake des siebten Teils weckte Square Enix schon bei der Ankündigung im Jahr 2015 die Hoffnung, dass die Story im Nahe-Zukunft-Setting jetzt nicht nur erzählerisch, sondern auch optisch an eine Hollywoodproduktion rankommt. Und man kann es schnell auf den Punkt bringen – das tut sie.



Schon beim Intro des Spiels fühlt man sich wie in einem Kinosessel. Die Animationen der Figuren sind atemberaubend. Die Details in den Gesichtern, die Emotionen, einfach sagenhaft. Grafisch neben «Red Dead Redemption 2» etwas vom Besten, was die Playstation zu bieten hat. Das Spiel selbst wird dann immer wieder von längeren Zwischensequenzen, welche die Geschichte vorantreiben, unterbrochen. Das Erzähltempo ist langsam, wird dafür mit dem komplett überarbeiteten Spielsystem wieder etwas beschleunigt.

Wo Remakes an Grenzen stossen

Wo die Kämpfe früher rundenbasiert abliefen, fordern sie nun in Echtzeit mehr Geschick. Mit gekonnten Angriffen und Ausweichmanövern metzelt man sich durch Wachtrupps oder fiese Rattenmutationen und lädt dabei seinen Energiebalken auf. Dieser ermöglicht einem den Einsatz von Spezialattacken oder magischen Fähigkeiten wie Feuer oder Gewitter, ganz so wie man sie eben noch aus dem Original kennt. Wem das alles zu hektisch ist oder wer den Charme der rundenbasierten Gefechte auch heute noch schätzt, kann das Kampfsystem in den Einstellungen ganz einfach auf das traditionelle Verfahren umstellen.

Die Kämpfe fühlen sich mit dem überarbeiteten System sehr dynamisch an.
Die Kämpfe fühlen sich mit dem überarbeiteten System sehr dynamisch an.
Bild: Square Enix

Seit rund zwei Jahren sind Remakes ja nicht mehr nur in der Filmindustrie, sondern auch bei Spieleentwicklern sehr beliebt. Der Reiz der Nostalgie stösst stellenweise aber auch an seine Grenzen. Bei «Final Fantasy 7 Remake» merkt man das etwa bei den sich wiederholenden Missionen. Oft bekämpft man dieselben Gegner, wodurch sich irgendwann eine Monotonie einstellt, die heute viele Spieler nicht mehr unbedingt bereit sind, in Kauf zu nehmen.

Ein anderes Manko ist die Orientierung. Denn gerade weil die ganze Umgebung so unglaublich schön und detailliert aussieht, würde man stellenweise gerne durch die Trümmer oder über einen Zaun klettern. Allzu oft stellt man dann aber fest, dass dieses Abenteuer in der Welt von Midgar halt wie im Original seine Grenzen hat.

Doch dies ist bereits Kritik auf hohem Niveau. Square Enix hat sich bei der Neugestaltung des Klassikers wirklich mächtig ins Zeug gelegt und eine Welt geschaffen, wie man sie sich von jedem Remake nur wünschen kann. Schade nur, dass dieses Spiel noch nicht die ganze Geschichte erzählt. Wann die nächste Episode auf den Markt kommt, ist noch nicht bekannt. Mit etwas Glück wird es aber schon nächstes Jahr sein.

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