«Biomutant» Ist dieses Spiel der erhoffte Sommer-Blockbuster?

Von Martin Abgottspon

25.5.2021

«Biomutant» hat sein enormes Potenzial leider nicht ausgeschöpft.
«Biomutant» hat sein enormes Potenzial leider nicht ausgeschöpft.
THQ Nordic

Seit erste Bilder von «Biomutant» an der Gamescom vor vier Jahren zu sehen waren, fiebern Spiele-Fans dem Titel entgegen. Doch ob sich das lange Warten tatsächlich gelohnt hat?

Von Martin Abgottspon

Es gibt da dieses Gefühl: Endlich sitze ich in meinem Traum-Auto bei einer Test-Fahrt. Aber so richtig glücklich bin ich nicht. Oder ich schaue mir eine neue Wohnung an, die auf den Bildern so unglaublich cool aussah. Das tut sie auch vor Ort, aber es regt sich einfach nichts, es macht nicht «Klick». 

Genauso fühlte ich mich auch während des Tests von «Biomutant», einem potenziellen Spiele-Überflieger für diesen Sommer. Die offene und postapokalyptische Welt sieht eigentlich total putzig aus. Ausserdem steht einem ein umfangreiches Repertoire an Kampftechniken zur Verfügung und die Erzählweise der Story ist gewagt anders. Trotzdem sitze ich während Stunden da und spüre diese Leere, während ich «Biomutant» eigentlich toll finden will.

Eine Welt mit so viel Potenzial

Anfänglich reisst mich die Geschichte noch mit, ist sie doch gar nicht so fern von unserem Alltag. Die Umweltverschmutzung ist zu einem äusserst ernsten Thema geworden, doch statt nachhaltige Lösungen anzustreben, wird der ganze Giftmüll weiterhin munter in den Weltmeeren versenkt. Der Anfang vom Ende für die Menschheit, denn durch die Radioaktivität mutieren diese zu waschbärähnlichen Wesen. Die Strahlungen bringen aber auch noch gewaltigere Mutante zum Vorschein, welche die ganze Zivilisation unterjochen wollen und die wir nun bekämpfen sollen.



Nachdem ich mich aus einem Bunker an die Erdoberfläche befreit habe, bin ich überwältigt von der postapokalyptischen Welt mit ihren Kraftwerk-Ruinen, zerstörten Autobahnen aber vor allem von der reichhaltigen Flora. Ich lerne den Umgang mit meinem Baseball-Schläger und verschiedenen Fernkampfwaffen, um die Bösewichte in Schach zu halten, wobei Gut und Böse in «Biomutant» gar nicht so einfach auszumachen sind.

Schöne Ideen ohne Bedeutung

Verschiedene Dialogentscheidungen führen dazu, ob man sich auf die helle oder dunkle Seite der Macht schlägt. Je nachdem schliesst man sich dann auch unterschiedlichen Stämmen an und versucht den Baum des Lebens zu beschützen oder eben nicht. Was nach einer grossen Entscheidung klingt, fühlt sich im Endeffekt aber nicht wirklich so an. Nur ein paar zu erlernende Fähigkeiten sind davon betroffen und es gibt ein alternatives Ende und einige Logiklücken in der Erzählung. Das war's. 

So und ähnlich verhält es sich auch  mit allem anderen im Spiel. Als Kämpfer kann ich im Verlauf des Spiels zum Beispiel Giftpfützen und Pilze säen und flammende Sprints hinlegen. Das sieht alles nett aus, ändert am Kampfverlauf aber nur wenig. Ebenso gut kann ich auch einige Male mit dem Baseballschläger zuhauen und ausweichen und bin damit in der Regel sogar effizienter.

Die bunte und offene Welt gehört eindeutig zu den Highlights von «Biomutant».
Die bunte und offene Welt gehört eindeutig zu den Highlights von «Biomutant».
THQ Nordic

Die dunkle Macht der Monotonie

Die einzelnen Spielelemente sind an und für sich cool, so zum Beispiel auch die Herstellungsoptionen zum Anfertigen neuer Ausrüstung oder Waffen, im Endeffekt harmonieren die Spielelemente aber einfach nicht untereinander. 



Die eher trägen und öden Quests können «Biomutant» leider auch nicht in ein besseres Licht rücken. Bei den Hauptmissionen geht man nach dem immer selben Schema vor, während man gleichzeitig anspruchslose Schalterrätsel löst. Die Nebenmissionen lässt man derweil besser gleich ganz weg, denn die langweiligen Sammel-Aufgaben nerven schon nach den ersten Stunden. 

«Biomutant» hätte wirklich ein enormes Potenzial gehabt. Hin und wieder spürt man den Charme dieser Welt und seiner Bewohner auch deutlich raus. Mehrheitlich ist man allerdings einfach etwas gelangweilt. Ein höherer Schwierigkeitsgrad ändert daran übrigens auch nichts.

Man braucht wirklich Nerven

So bleibt «Biomutant» insgesamt doch weit hinter den Erwartungen und Hoffnungen, die man in dieses Spiel gesteckt hat. Bei mir hat es wie eingangs erwähnt nicht «geklickt», von einem Total-Ausfall zu sprechen, wäre allerdings auch etwas zu dramatisch. Wer auf Action-Rollenspiele in einer schönen Open World steht, kann dem Spiel vielleicht das eine oder andere abgewinnen.

Wer sich also doch selber vom vermeintlichen Sommer-Blockbuster überzeugen will, braucht allerdings wirklich Durchhaltewillen und gute Nerven. Denn wer den märchenhaft kindlichen Erzähler aus dem Off das ganze Spiel hindurch ertragen will, bleibt das wohl grösste Rätsel von «Biomutant».