Interview Traumberuf Spieleentwickler – Was steckt dahinter?

Von Martin Abgottspon

10.5.2021

Tim Bürge hat zusammen mit zwei Kollegen kürzlich sein erstes Spiel veröffentlicht.
Tim Bürge hat zusammen mit zwei Kollegen kürzlich sein erstes Spiel veröffentlicht.
zvg

Die Spielebranche der Schweiz ist weiter auf dem Vormarsch. Ein junger Entwickler gibt einen Einblick in die Branche, den Beruf und sein erstes Spiel.

Von Martin Abgottspon

10.5.2021

Tim, ihr habt mit ‹Bamerang› gerade euer erstes Spiel auf den Markt gebracht. Was bedeutet das für euch?

Angefangen haben wir mit dem Spiel schon zu Beginn des Studiums im Jahr 2016. Wir hatten damals schnell einen Prototyp, liessen das Projekt aber wieder liegen. Erst nach dem Studium haben wir ‹Bamerang› nun fertiggestellt und ich muss sagen, es fühlt sich immer noch etwas seltsam an. Ich denke, ich brauche nun einfach noch etwas Abstand, um das überhaupt richtig verarbeiten zu können. Natürlich ist es aber extrem cool, dass Leute aus der ganzen Welt nun unser Spiel entdecken und Spass damit haben.

Konzentriert man sich denn auch als Schweizer Spielestudio von Beginn weg auf ein internationales Publikum?

Ja, auf jeden Fall. Nur schon, weil die Vertriebsplattformen ja ohnehin global funktionieren und man als Spielestudio allein im Schweizer Markt gar nicht überleben könnte.

Wie viele Kunden stammen dann effektiv aus der Schweiz?

Wir sind für diese Angabe mit unserem ersten Spiel jetzt wahrscheinlich ein schlechter Gradmesser, weil wir doch relativ viele Verkäufe in der Schweiz haben. Aktuell sind es rund 20 Prozent, was aber auch dem enormen Support unserer Freunde und der ganzen Gaming-Community zu verdanken ist. Im Normalfall machen Schweizer Käufer aber nicht mal ein Prozent aus.

«Bamerang»
«Bamerang», das actiongeladene Bumerang-Fighting-Spiel von Lululu Entertainment lässt Spieler seit dem 22. April auf der Nintendo Switch und auf Steam mit bis zu drei weiteren Spieler*innen um die Gunst der mysteriösen, grünen Göttin kämpfen.

Wer die Welt als Zielmarkt hat, konkurriert gleichzeitig auch mit Spielstudios aus der ganzen Welt. Wie stellt man da als kleines Schweizer Indie-Studio sicher, dass man überhaupt wahrgenommen wird?

Beim Marketing haben wir sicher noch am wenigsten Erfahrung und noch viel Aufholbedarf. Jeden Tag kommen Hunderte neue Spiele auf den Markt, das macht es extrem schwierig. Glücklicherweise hatten wir Support von Philomena Schwab, die selber auch als Entwicklerin und Mentorin tätig ist. Und wir haben nun auch erste Eindrücke in Bezug auf Reddit und Social Media gewonnen, was uns in Zukunft hoffentlich helfen wird.

Man hört bei dir immer wieder raus, wie gross die Unterstützung innerhalb der Schweizer Branche ist, obwohl ihr ja auch Konkurrenten seid.

Die Unterstützung in der Branche ist wirklich einmalig. Auch international wird viel Wissen kostenlos mit anderen geteilt, was sicher keine Selbstverständlichkeit ist. Bei ganz grossen Spielestudios ist das wahrscheinlich nicht mehr der Fall, aber gerade in der Indie-Szene geht man wirklich Hand in Hand.

Hast du trotzdem den Traum, irgendwann vielleicht doch zu einem grossen Studio zu wechseln?

Mir gefällt die Rolle in einem Indie-Studio wirklich gut. Man hat viel mehr Möglichkeiten sich einzubringen und auch viel mehr Abwechslung. Egal ob beim Design, bei Grafiken oder auch im Vertrieb: man kann überall selber mitreden, was mir sehr entgegenkommt.

Der Beruf Spieleentwickler ist inzwischen ja für viele Jugendliche zu einem Traumberuf geworden. War das bei dir auch so?

Nicht unbedingt. Ich habe zwar immer gerne und viel gespielt, was mich aber tatsächlich auf diesen Weg geführt hat, war eher meine Liebe fürs Zeichnen und Gestalten. Erst während des Studiums an der Zürcher Hochschule der Künste habe ich dann erkannt, dass mich auch Themen wie Animation und Gamedesign stark interessieren und mich schliesslich zu meinem heutigen Job geführt.

Die Zürcher Hochschule der Künste ist ein beliebter Ausbildungsplatz für Schweizer Spieleentwickler. Was steckt hinter dem Phänomen?

Lange Zeit gab es ganz einfach nicht viele Alternativen. Mittlerweile gibt es auch andere Ausbildungsplätze, aber die Zürcher Hochschule der Künste hat einfach eine gewisse Reputation und bietet einen guten Allrounder-Studiengang an, wo man sich in verschiedenen Themengebieten austoben und experimentieren kann. Ausserdem bekommt man auch einen guten Einblick, wie man mit Spielen eben auch aus der Masse heraussticht und etwas Einzigartiges schaffen kann.

Ist dein Beruf heute ein Traum für dich? Oft hört man auch von extrem langen Arbeitszeiten und schlechten Löhnen in der Branche.

Für einige Spieleentwickler kann es, gerade weil es ein Traumberuf ist, sicherlich hart sein. In der Schweiz sind wir diesbezüglich aber relativ weit fortgeschritten, auch zu unserem eigenen Schutz.



Zum Abschluss: Welches ist dein persönliches Lieblingsspiel?

Ich bin grosser Fan des Indie-Spiels ‹Inside›, weil das gesamte Paket einfach stimmt. Die Spielemechaniken, der Rhythmus und auch grafisch stimmt einfach alles. Und seit Kurzem bin ich auch fasziniert vom Schweizer Game ‹Mundaun› und dem VR-Spiel ‹Half Life: Alyx›.