Euphorie an der EuroUnd wo bleiben die Frauen in Sportgames?
Von Martin Abgottspon
18.7.2022
An der Euro in England spielen die Fussballerinnen aktuell vor ausverkauften Rängen. In Games bleiben Sportlerinnen bisher eine Randerscheinung. Das hat mehrere Gründe.
Von Martin Abgottspon
18.07.2022, 10:38
Martin Abgottspon
Sie heissen Lauren Hemp, Lea Schüller oder Ada Hegerberg: die Stars der Fussball-EM der Frauen. Tausende Mädchen feuern sie begeistert von der Tribüne aus an. Für sie sind sie das Pendant zu Cristiano Ronaldo oder Lionel Messi. Weibliche Vorbilder für fussballverrückte Mädchen.
Wie schon in der Vergangenheit werden viele dieser Fussballerinnen nach der Euro aber wieder im Hintergrund verschwinden. Das Medieninteresse nimmt ab und die Männer übernehmen wieder das Szepter. In anderen Medien wie etwa Videospielen haben die Sportlerinnen einen noch schwereren Stand.
Alibi-Übung in «FIFA»
In der «FIFA»-Reihe gibt es seit 2015 zwar 15 weibliche Nationalmannschaften. Was als erster wichtiger Schritt vor sieben Jahren begann, entwickelter sich jedoch nie weiter. Auch heute noch sind es dieselben 15 Nationalmannschaften. Bekannte Frauen-Klubs haben es nie ins Spiel geschafft. Zum Vergleich: Männerteams finden sich im Spiel über 700, darunter sogar Provinzklubs aus China.
Auch in anderen Fussballgames bleibt es meist beim zaghaften Versuch, Frauen prominenter ins Spiel einzubauen. So etwa beim «Football Manager» oder «We are Football», wo man immerhin ein paar Mannschaften aufnahm.
In anderen Sportarten wie Eishockey oder Basketball sucht man die besten weiblichen Sportlerinnen völlig vergebens. Lediglich bei Tennis-Spielen bekommen Frauen etwas mehr Beachtung. So macht es den Anschein, als ob Sportspiele lediglich ein Spiegelbild der Realität abgeben.
Der Markt gibt den Takt vor
Spiele-Entwickler sind dabei denselben Gesetzen des Markts unterworfen wie andere Steakholder. Beim Fussball der Frauen ist das Medien-, Sponsoren- und Zuschauerinteresse ganz einfach um Welten geringer als bei den Männern. Entsprechend ist auch das Marktvolumen um ein Vielfaches kleiner. Ein Beispiel: Bekommt das Siegerteam bei der Frauen-EM rund 660'000 Euro Siegprämie, erhalten die Herren für das Hochheben des Pokals acht Millionen Euro.
Insofern erstaunt es auch nicht, wenn Spiele-Entwickler völlig unverblümt abwinken beim Thema Frauen-Integration in Games. «Das lohnt sich finanziell einfach nicht», wurde kürzlich auch eine Entwicklerin von Sports Interactive in einem «Kicker»-Interview zitiert.
Euro als wichtiger Boost?
Doch immerhin spürt man inzwischen auch etwas Bewegung auf dem Spielemarkt, was die Frauenförderung angeht. Nicht jedes Studio strebt nur nach maximalem Gewinn. Hier und da beginnt sich ein Rädchen zu drehen und manchmal braucht es vielleicht auch ein gewisses Mass an Sturheit und Hartnäckigkeit um das Thema voranzubringen. Amerikanische Sportverbände haben in dieser Hinsicht schön aufgezeigt, wie man mehr Akzeptanz und Aufmerksamkeit für Frauen-Sport generieren kann.
Die Euro der Frauen neigt sich derweil langsam ihrem Ende zu. Schon jetzt kann man sagen, dass das Turnier ein voller Erfolg war. Den Zuschauerrekord haben die Veranstalter einmal mehr gebrochen und am 31. Juli werden in London 90'000 Fans den Finalistinnen zujubeln. Vielleicht ein weiteres gutes Zeichen, um auch die grossen Spiele-Entwickler endlich wachzurütteln.