Kommentar Warum etwa der Fussball von eSports noch viel lernen kann

Martin Abgottspon

13.5.2019

Ein Wochenende, zwei Welten: Der Final der Swisscom Hero League auf der einen Seite, die GC-Fanschmach auf der anderen.
Ein Wochenende, zwei Welten: Der Final der Swisscom Hero League auf der einen Seite, die GC-Fanschmach auf der anderen.
Bild: Swisscom / Keystone

Der erste Final der Swisscom Hero League war ein einziges Fest, eSports von seiner besten Seite. Und ja, andere Sportarten können sich punkto Werte und Respekt einiges abschauen. 

«Das war wirklich ein bahnbrechender Meilenstein für den Schweizer eSports», schrieb Manuel Oberholzer im Anschluss an den ersten Final der Swisscom Hero League auf Twitter. Wenn das sogar der Mitbegründer der eSports-Organisation MYI Entertainment sagt, der selber schon seit Jahren im eSports unterwegs ist, dann weiss man, dass am Samstag in der Halle 622 in Zürich wirklich Grosses passiert ist.

In den eSports-Titeln «Clash Royale», «Hearthstone» und «League of Legends» duellierten sich die besten Spieler und Teams auf der grossen Bühne, bereits ab 11 Uhr traten sie vor vollen Zuschauerrängen zum Showdown an. Wer bis dahin glaubte, eSports auf nationaler Ebene würde nicht funktionieren, der wurde mir nichts, dir nichts eines Besseren belehrt.

Man liest zwar oft vom eSports-Boom, von steigenden Gamer-Zahlen – und dass offenbar jeder zehnte Schweizer regelmässig auf Twitch unterwegs ist. Trotzdem bleiben die ganzen Statistiken und Zahlen abstrakt. Bis man solche Events einmal miterlebt hat. Am besten live.

Wahrer Sportsgeist

Wenn ein Olaf lediglich mit einem Axtwurf einen Baron-Steal in «League of Legends» hinlegt, versteht der Laie im ersten Moment zwar nur Bahnhof. Da die Mehrheit des Publikums durch eine solche Szene aber in Ekstase gerät, übertragen sich die positiven Emotionen ziemlich schnell auch auf weniger kundige Zuschauer. Genau das passierte am Samstag in der Halle 622 . Anschliessend fachsimpelten Experten und Neugierige gemeinsam bei einem Bierchen vor der Halle über den Ausgang der Partie. Ganz egal, welchem Team man nun die Daumen drückte.



Ich erinnere mich noch gut an meine ersten Fussballspiele als kleiner Knirps, als zwischen den Klubs noch Fan-Freundschaften bestanden und sich Luzerner und Sittener vor dem Spiel ein Raclette teilten. Im Fussballstadion vermisse ich solche Szenen mittlerweile, nicht aber bei eSports-Events.

Dabei geht es für mich nicht primär darum, dass sich alle lieb haben und eine Rundherum-Wohlfühloase entsteht. Denn ich schätze es für den Unterhaltungsfaktor genauso, wenn sich die Teamcaptains vor dem Endspiel mit etwas Trashtalk in Boxer-Manier so richtig einheizen, wie das auch zwischen Postfinance Helix und Silentgaming der Fall war. Dieselben Jungs können sich nach dem Spiel aber ehrlich in die Augen schauen und dem Gegenüber gratulieren und in den sozialen Medien noch einen Glückwunsch nachschieben. Das ist Sport.

Das waren die Highlights vom Final der Swisscom Hero League

Das waren die Highlights vom Final der Swisscom Hero League

Sieger, Verlierer, Tänzer und jede Menge Emotionen. Das erste Final der Swisscom Hero League hatte nicht nur für Gamer so einiges zu bieten.

12.05.2019

Kleine Vorbildfunktion

Wenn dann tags darauf GC-Chaoten in Luzern erneut für einen Spielabbruch sorgen, die Spieler lächerlich machen und eine ganze Nation beschämen, kann ich mir nur an den Kopf fassen.

Für mich geht es hier nicht darum, einen Schuldigen für solche Szenen auszumachen. Ich masse mir auch nicht an, einen Lösungsvorschlag zu präsentieren, wie man solche Negativ-Aktionen besser unterbinden könnte. Ob es härtere Sanktionen braucht, die Fanarbeit intensiviert werden muss oder einfach das Polizei-Aufgebot erhöht werden soll, das müssen Vereine oder Politiker entscheiden.

Ich kann nur empfehlen, dass man sich dabei am Auftritt von eSportlern und deren Publikum orientiert. Das wäre wünschenswert. Denn ganz egal, ob man eSports nun als Sport anerkennt oder nicht, in Sachen Wertvorstellungen und Respekt ist man dem Fussball auf jeden Fall weit überlegen.

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