Überdruss? Warum werden Games so selten zu Ende gespielt?

Von Martin Abgottspon

1.9.2020

Bei «Rastan» auf dem Commodore 64 war es schlicht nicht möglich, das Spiel regulär zu beenden.
Bei «Rastan» auf dem Commodore 64 war es schlicht nicht möglich, das Spiel regulär zu beenden.
Bild: Taito

Man freut sich Monate lang auf ein neues Spiel und wenn es dann endlich da ist, spielt man es trotzdem nie durch. Woran liegts?

Offizielle Zahlen oder Studien, wie oft Gamer ihre Spiele tatsächlich zu Ende spielen, sind schwer zu finden. Aber es gibt einige Indikatoren, die einen klaren Hinweis liefern, wie schnell man ein neues Spiel wieder links liegen lässt. So weisen beispielsweise die meisten Konsolen-Titel ein Trophäensystem auf, welches einem in der Regel mit speziellen Pokalen belohnt, wenn man mit dem Spiel durch ist. Andere Plattformen wie Steam für den PC haben ähnliche Erfolgssysteme.



Wenn man diese Checklisten jetzt nur schon im Freundeskreis etwas genauer unter die Lupe nimmt, merkt man schnell, dass viele Spieler nur selten erfahren, wie die Geschichte eines Spiels ausgeht. Die meisten erleben sogar nicht einmal die Hälfte eines Spiels. Und das immer wieder. Als würde man Harry Potter nur bis zur Ankunft in Hogwarts lesen oder Game of Thrones bis zum Tod von Ned Stark gucken. Sorry für die Spoiler.

Woran liegt dieses Phänomen nun? Eine eindeutige Antwort darauf lässt sich wohl nicht finden, aber zumindest Ansätze, die vielleicht auch den Spielefirmen Hinweise liefern, wo noch Verbesserungspotenzial liegt. Gerade in Zeiten, in denen Spiele als Service immer wichtiger werden.

Verloren im Medien-Dschungel

Um es klarzustellen: Wir sprechen hier in erster Linie von Singleplayer-Spielen, die vor allem von ihrer Story leben. Prominente aktuelle Beispiele wären etwa «The Last of Us Part 2» oder «Ghost of Tsushima». Beides Titel mit absoluten Spitzenbewertungen. Am Inhalt liegt es also eher nicht, weshalb selbst solche Blockbuster bei vielen Käufern eher früher als später auf dem sogenannten «Pile of Shame», dem Stapel der Schande nie vollendeter Spiele, landen.

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Vielmehr liegt es wahrscheinlich an der heutigen Grösse der Spiele, vor allem aber an der schier unendlichen Fülle an Alternativen. Praktisch täglich kommen neue Spiele auf den Markt. Zudem setzen sich Abodienste auch im Spielebereich mehr und mehr durch. Im Microsoft-Store kann ich mir schon heute Hunderte von hochwertigen Spielen auf meinem Rechner installieren. Kostenpunkt: Fünf Franken im Monat. 

Die Angst etwas zu verpassen, wird grösser als der eigentliche Genuss am Spiel. Soziale Medien geben den Takt vor, welche Spiele man auf keinen Fall verpassen darf. Ob man dabei nur eine Kostprobe erhält – für immer mehr Spieler nur Nebensache.

In der Kürze liegt die Würze

Ob sich die Entwickler der Spiele deshalb gekränkt fühlen? Vielleicht. In erster Linie geht es den Verlegern aber um die Kasse. Verkauft sich das Spiel gut genug, ist es ihnen egal, wie viel Zeit die Spieler effektiv mit einem Titel verbringen. Es sei denn, es handelt sich um Gratis-Spiele, die sich in erster Linie über Ingame-Verkäufe finanzieren. Aber da würden wir hier nun ein zu grosses Fass aufmachen.



Im Endeffekt sind die Spielehersteller wahrscheinlich gut beraten, die Spiellänge wieder zu kürzen. Natürlich verkauft sich ein Spiel besser, wenn es mehr Inhalt verspricht, allzu oft bedeutet mehr Inhalt dann aber lediglich noch öfter dieselben repetitiven Aufgaben zu absolvieren. 

Kürzer, aber intensiver. Das sollte doch möglich sein. War es früher schliesslich auch. Nur heute bitte ohne Bugs und Glitches. Denn vor 20 oder 30 Jahren waren das noch die Gründe, warum man ein Spiel gar nicht zu Ende spielen konnte. Und ich glaube auch nicht, dass es für «Rastan» auf dem Commodore 64 je ein Update gab, welches den einen unmöglichen Sprung korrigiert hat.

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