IT-Sicherheit im Spital Kein Medikament schützt vor  Computerviren

DPA/tjb

5.2.2019

Im Spital läuft heute nichts mehr ohne komplexe IT-Geräte.
Im Spital läuft heute nichts mehr ohne komplexe IT-Geräte.
Bild: DPA/Felix Kästle

Die Geräte sind komplex, das Personal hat oft drängendere Probleme: Die IT-Infrastruktur von Spitälern ist sehr verletzlich für Angriffe von Hackern. Ausgespähte Patientendaten sind die eine Gefahr, ein IT-Ausfall bei einer komplizierten Operation die andere.

Patientendaten, Diagnosen, Medikation – all das wird in Spitälern schon lange nicht mehr per Hand in Papierakten geschrieben. Doch das ist längst nicht der einzige Bereich, in dem IT-Lösungen eine wichtige, wenn nicht gar entscheidende Rolle in einer Klinik spielen. So führen Chirurgen heute per Steuerkonsole die Bewegungen von OP-Robotern, hoch spezialisierte Experten werden per Video zugeschaltet, Daten von Herzschrittmachern und Insulinpumpen per Wlan übertragen. Die Gefahr: Jedes IT-System ist angreifbar. Gerade im Spital kann dies fatale Folgen haben.

Lebensgefahr

«Die Frage ist nie, ob bestimmte Ziele mal angegriffen werden, sondern wann», betont Wolfgang Hommel, Professor für IT-Sicherheit an der Universität der Bundeswehr München. «Wenn der Angreifer dadurch an Ressourcen kommt, die er sinnvoll verwenden kann, etwa um Lösegeld zu erpressen oder die befallenen Maschinen für andere Angriffe zu verwenden, wird er es machen.» Letztlich geraten in Kliniken dadurch Menschenleben in Gefahr. Hommel koordiniert deshalb ein vom bayerischen Gesundheitsministerium gefördertes Projekt, das Handreichungen und Musterlösungen für Spitäler erarbeiten soll.



Denn was in vielen Unternehmen an Sicherheitsmassnahmen selbstverständlich ist, geht im hektischen Spitalalltag oft genug unter: Passwörter kleben an Bildschirmen und sind selten komplex. Ärzte sperren den Computer nicht, wenn sie das Behandlungszimmer wechseln. Schwestern lassen Tablets auf ihren Wagen im Gang liegen, während sie im Zimmer einem Patienten helfen. Die Patienten wiederum bringen USB-Sticks mit Röntgenbildern mit, die ohne Zögern ausgelesen werden. Softwareupdates? Später, aber bitte nicht jetzt.

Die hochgradig vernetzte Infrastruktur macht Klinien angreifbar.
Die hochgradig vernetzte Infrastruktur macht Klinien angreifbar.
Bild: DPA/Felix Kästle

Dabei hatte schon eine 2017 veröffentlichte Studie der Unternehmensberatung Roland Berger ergeben, dass zwei Drittel aller Häuser Opfer eines Angriffs geworden waren. Mit teils gravierenden Folgen: geschlossene Notaufnahmen, verschobene Operationen, Botengänge statt Mausklicks. Im deutschen Bundesland Bayern erwischte es Mitte November das Kreisklinikum in Fürstenfeldbruck bei München heftig.

Drei Gefahren

Generell lassen sich die Auswirkungen eines Cyber-Angriffs in drei Kategorien unterteilen. Die Verfügbarkeit ist betroffen, wenn Systeme nicht mehr funktionieren. Aktuell ist das meist durch sogenannte Ransomware der Fall. Die Schadprogramme, die in der Regel über infizierte Mails verbreitet werden, können Rechner in einem Netzwerk verschlüsseln. Die Täter, die hinter der Ransomware stecken, verlangen dann ein Lösegeld, um sie wieder zu entschlüsseln. Doch selbst wenn Lösegeld gezahlt wird, sind die Daten oft verloren – Experten raten denn auch, die geforderten Summen nicht zu bezahlen.



Die Vertraulichkeit wird beschädigt, wenn Daten geklaut werden. Da geht es zum einen um Interna wie Gehaltsabrechnungen, Verträge mit Zulieferern oder E-Mail-Wechsel. Zum anderen geht es in Kliniken auch um hochsensible Patientendaten. «Diese Daten sind wertvoll, weil sie verkauft werden können.

Im Zeitalter von Big Data ist es für Versicherungen oder die Gesundheitsindustrie natürlich interessant, viele Daten über Krankheitsfälle zu sammeln und sie automatisch zu analysieren», erläutert Nabil Alsabah vom IT-Dachverband Bitkom. Zudem könne es nicht nur für Promis, sondern auch für Privatpersonen höchst unangenehm werden, wenn die eigene Krankengeschichte publik werde.

Die dritte Dimension ist die Integrität: Informationen können grundsätzlich nicht nur ausgespäht, sondern auch manipuliert werden. Die Experten befürchten, dass Angreifer direkt in die Systeme eingreifen und zum Beispiel die in der Patientenakte gespeicherte Medikation verändern könnten – «mit einem Schaden bis hin zum indirekten Mord, weil man etwas hinzufügt, was der Betroffene nicht verträgt», wie Hommel schildert.

Noch keine gezielten Angriffe

Bislang scheinen Spitäler stets zufällig Opfer von Hackern geworden zu sein. Noch sei kein einziger Fall bekannt, bei dem Kliniken und deren medizinische Geräte gezielt angegriffen oder Patientendaten gestohlen worden seien, berichtet Thorsten Schütz, Vorstandsmitglied im Bundesverband der Krankenhaus-IT-Leiterinnen/Leiter. Doch nachdem Kriminelle selten Skrupel haben, dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis sie es zumindest versuchen.

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