«Hate Speech» im Netz Sportler*innen fordern mehr Zivilcourage - Mit KI gegen den Hass

dpa / nre

23.7.2024 - 15:46

Symbolbild, in der Malaika Mihambo vor einem Publikum spricht. Im Hintergrund sind Symbole für Zivilcourage und Anti-Hass-Kampagnen zu sehen.
Symbolbild, in der Malaika Mihambo vor einem Publikum spricht. Im Hintergrund sind Symbole für Zivilcourage und Anti-Hass-Kampagnen zu sehen.
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Leistungssport und soziale Medien sind auch bei Olympia in Paris 2024 untrennbar miteinander verknüpft. Nun soll KI gegen Hasskommentare helfen.

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KI, juristische Schritte und eine klare Haltung: Bei den Sommerspielen in Paris 2024 sollen die Olympia-Sportler*innen gegen Hasskommentare im Internet geschützt werden. Wegen der befürchteten Zunahme von Rassismus, Hass-Postings, Bedrohungen oder religiösen Anfeindungen im Netz intensivierte der deutsche Sport den Kampf gegen «Hate Speech» weiter.

Es gibt eine enge Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungsbehörden, relevante Vorfälle sollen «konsequent» zur Anzeige gebracht werden. Während der Fussball-EM in Deutschland wurden mehr als 1'000 Hasskommentare gegen die DFB-Elf gemeldet. Davon wurden mehr als 800 strafrechtlich relevante Hasskommentare identifiziert. 

KI-Filter sollen dabei helfen

Bei den Olympischen Spielen und den Paralympics setzt der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) beim Schutz der Aktiven auch auf KI. Bis zu 25 Filter sollen auf den Social-Media-Kanälen eingesetzt werden, die den Hass vor der Publizierung herausfiltern sollen. Schwere Verstösse sollen den Behörden gemeldet werden, damit Anzeige erstattet werden kann.

Auch das Internationale Olympische Komitee (IOC) geht neue Wege. Ein Online-Überwachungssystem wird 15'000 Athlet*innen und mehr als 2'000 Funktionär*innen bei den Olympischen und Paralympischen Spielen zur Seite stehen. 

«Sport und soziale Medien sind untrennbar miteinander verbunden. Bei Paris 2024 erwarten wir rund eine halbe Milliarde Social-Media-Posts», sagte Kirsty Burrows, Leiterin der Safe-Sport-Einheit beim IOC. Das KI-gestützte System soll Tausende von Accounts auf allen wichtigen Social-Media-Plattformen und in über 35 Sprachen in Echtzeit überwachen.

Aufruf von Olympiasiegerin Mihambo

Bei aller technischer Hilfe und juristischen Konsequenzen für Straftäter*innen ist aber auch eine klare Haltung in der Gesellschaft gefordert. Weitsprung-Olympiasiegerin Malaika Mihambo appelliert, im Kampf gegen Rassismus mehr Zivilcourage zu zeigen. Es sei wichtig, «Dinge klar anzusprechen: Wir haben in Deutschland ein Problem mit Rassismus. Das ist nicht neu, aber mittlerweile bringen mehr Menschen ihre rassistischen Gedanken zum Ausdruck. Das muss für uns alle ein Weckruf sein, dass hier etwas falsch läuft», sagte der Leichtathletik-Star der Deutschen Presse-Agentur. 

«Jeder nimmt in einer Rolle am Rassismus teil: Als Opfer, Täter oder als Zuschauer. Als Gesellschaft sind wir aber gefordert, dass es keine Zuschauer gibt und jeder, ob Betroffener oder nicht, Tätern aktiv Grenzen aufzeigt», sagte die 30-Jährige. «Man muss definitiv wieder mehr Zivilcourage zeigen. Es geht um Werte, die man mit Leben füllen muss.»

Schröder und die «Internet-Eier»

Basketball-Star Dennis Schröder begrüsst das Vorgehen der Verbände. Er selbst möchte in den nächsten Jahren Events gegen Rassismus veranstalten. «Ich glaube, wir Sportler können noch viel mehr tun, damit da wirklich Veränderungen passieren», sagte der 30-Jährige der «Braunschweiger Zeitung». 

Schröder warb auch aus politischen Gründen für sich als Fahnenträger bei der Eröffnungsfeier an diesem Freitag. Er sprach von «einem Statement für die Deutsch-Afrikaner» und von «einem Zeichen gegen Rassismus». 

Die hässlichen Kommentare gegen ihn – so wirkt es zumindest – lässt der selbstbewusste Nationalmannschaftskapitän an sich abprallen. «Diese Internet-Eier, wie ich sie nenne, weil sie sich nur in der Anonymität des Netzes stark fühlen, die sollen machen, was sie wollen», sagte Schröder. Andere Sportler seien aber vielleicht «nicht mental so stark, die leiden darunter».

100-Meter-Rekordsprinter erfreut Kollaboration

Umso wichtiger ist die Unterstützung durch die Verbände. Nachdem Owen Ansah Ende Juni als erster deutscher Sprinter über 100 Meter die 10-Sekunden-Marke geknackt hatte, sah auch er sich rassistischen Kommentaren ausgesetzt. Als Konsequenz kooperiert der Deutsche Leichtathletik-Verband mit der Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität bei der Generalstaatsanwaltschaft.

«Ich bin froh, dass der DLV eine Kooperation mit der Staatsanwaltschaft eingegangen ist, die alles klären und ich mich als Sportler nicht gross damit auseinandersetzen muss», sagte Ansah im ZDF-Sportstudio. 

«Die Kooperation ist ein wichtiger Schritt, um gegen «Hater» im Internet vorzugehen», sagte DLV Vorstandsvorsitzender Idriss Gonschinska. «Zusätzlich haben wir allen für die Olympischen Spiele nominierten Athlet*innen des DLV das DOSB-Schutzprogramm gegen «Hate Speech» empfohlen.»

Olympische Spiele unter besonderem Schutz

Auch in anderen Verbänden gibt es Empfehlungen. «Wir werden unsere Sportler*innen schützen, nicht nur, aber gerade während der Sportgrossveranstaltungen, bei denen sie besonders im Fokus stehen», sagte DOSB-Präsident Thomas Weikert. 

Mihambo hofft, dass die grössere öffentliche Präsenz beim Kampf gegen Rassismus hilft. «Es ist wichtig, dass wir über Rassismus sprechen. Jahrelang wurde das nicht getan, aber nun hat das Thema die Präsenz bekommen, die so ein wichtiges Thema braucht. Und wir spüren die Folgen des langen Schweigens», sagte Mihambo.