Dreharbeiten im AllRussen wollen Tom Cruise und Hollywood zuvorkommen
Von Dirk Jacquemien
4.10.2021
Am Dienstag schickt Russland einen Regisseur und eine Schauspielerin ins All. Ihre Mission: Den ersten echten Weltraumfilm abdrehen und damit Tom Cruise zuvorkommen.
Von Dirk Jacquemien
04.10.2021, 09:57
04.10.2021, 12:34
Dirk Jacquemien
Wenn alles nach Plan läuft, beginnen am Dienstag 5. Oktober die Dreharbeiten zum wohl spektakulärsten Spielfilm aller Zeiten. Hauptdarstellerin Julija Peressild wird dann im Gegensatz zu George Clooney, Julia Roberts, Matt Damon, Bruce Willis oder anderen Hollywood-Grössen von sich sagen können, dass sie wirklich dort war, wo ihr Film spielt: im Weltall.
Die Sojus MS-19 soll am Dienstag um 10:55 Uhr Schweizer Zeit vom Weltraumbahnhof Baikonur in Kasachstan abheben und zur Internationalen Raumstation ISS fliegen. Mit an Bord sind neben Peressild der Regisseur von «Die Herausforderung», Klim Schipenko, sowie der erfahrene Kosmonaut Anton Schkaplerow. Knapp zwei Wochen bleiben dann Zeit für die Dreharbeiten, bevor die Filmschaffenden zur Erde zurückkehren.
Einen Film im echten Weltraum und nicht vor Blue und Green Screens zu drehen, ist schon lange ein Hollywood-Traum. Regisseur Doug Liman («The Bourne Identity», «Edge of Tomorrow») und Superstar Tom Cruise hegen solche Ambitionen, aktuelle Pläne sehen einen Start auf einem SpaceX-Raumschiff im kommenden Jahr vor.
Doch die russische Weltraumbehörde Roskosmos wird den Amerikanern aller Wahrscheinlichkeit nach vorauskommen. Peressild und Schipenko haben die letzten Monate hart trainiert, um den Filmdreh unter ungewohnten Bedingungen durchstehen zu können. Weitere Rollen in dem Film sollen die echten Kosmonauten Pjotr Dubrow und Oleg Nowizki, die sich bereits auf der ISS befinden, übernehmen.
Die Story von «Die Herausforderung» ist schnell erzählt: Ein Kosmonaut erkrankt schwer auf der Station, die Rückkehr zur Erde würde ihn töten. Seine einzige Rettung: Eine Herzoperation im Weltall. Eine renommierte Herzchirurgin (Peressild), die zudem noch eine Tochter im Teenager-Alter grossziehen muss, soll ohne vorherige Weltraum-Erfahrung zur ISS reisen und das Leben des Kosmonauten retten.
Werbung für Weltraumtourismus
Auch wenn das Drehbuch vermutlich nicht oscarreif ist, dürfte dem Film Aufmerksamkeit gewiss sein. Mit ihm will Roskosmos auch wieder zahlungskräftige Weltraumtourist*innen anziehen. Da die USA bald keine Plätze mehr für ihre Astronaut*innen auf den Sojus-Fähren anmieten müssen, sind neue Einnahmequellen gefragt. Früher war das russische Weltraumprogramm für solvente Hobby-Astronaut*innen die einzige Möglichkeit, ins All zu gelangen.
Doch inzwischen gibt es Alternativen durch die privaten US-Unternehmen SpaceX, Blue Origin und Virgin Galactic, die mit ihren schnittigen Weltraumfähren einen etwas höheren Coolness-Faktor aufweisen als Roskosmos mit ihrer Sowjet-Ästhetik. Doch wenn jetzt unter ihrer Führung wirklich ein spektakulärer Spielfilm entsteht, gibt es kaum eine bessere Werbung für das russische Weltraumprogramm.