Saudis im Verdacht So soll das Handy von Jeff Bezos gehackt worden sein

dj

23.1.2020

Jeff Bezos mit seiner Freundin Lauren Sanchez, mit der er zuvor eine aussereheliche Affäre hatte. Mit Details zu dieser sollte der «Washington Post»-Eigentümer offenbar eingeschüchtert werden.
Jeff Bezos mit seiner Freundin Lauren Sanchez, mit der er zuvor eine aussereheliche Affäre hatte. Mit Details zu dieser sollte der «Washington Post»-Eigentümer offenbar eingeschüchtert werden.
Getty Images

Ein technischer Bericht soll aufzeigen, wie der Hack des Smartphones von Amazon-Chef abgelaufen sein soll.

Der mutmassliche Hack des Smartphones von Amazon-Chef Jeff Bezos durch den saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman zieht immer weitere Kreise. Zwei UN-Sonderbeauftragte für Menschenrechte haben verlangt, dass US-Behörden den Vorgang untersuchen sollen. Das «Wall Street Journal» wiederum berichtet, dass Personen im Umfeld des Kronprinzen von einem Hacking-Angriff auf Bezos wussten.

Derweil wurde «Vice» der technische Bericht der von Bezos beauftragten Sicherheitsfirma FTI zugespielt, der erläutert, warum der Verdacht auf Saudi-Arabien und speziell bin Salman fiel. Auch der Bezug zur Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi, der für die sich im Eigentum von Bezos befindliche «Washington Post» schrieb, wird dadurch deutlicher.

Angriff per Video?

Der WhatsApp-Kontakt zwischen Bezos und bin Salman begann am 4. April 2018, nachdem sie bei einem Dinner in Los Angeles Telefonnummern austauschten. Bezos’ erste Nachricht ist ein wenig spektakuläres «Hallo MBS» — die Initialen des Kronprinzen. Der antwortet am nächsten Tag: «Hallo, ich habe die Nummer gespeichert».

Der erste Kontakt zwischen Bezos und «MBS».
Der erste Kontakt zwischen Bezos und «MBS».
FTI

Am 1. Mai 2018 bekommt Bezos dann völlig unvermittelt ein Video von bin Salman auf WhatsApp zugeschickt. In diesem war, wie die Ermittler nun vermuten, Malware versteckt. Zu diesem Zeitpunkt bestand eine Sicherheitslücke bei WhatsApp, die eben einen solchen Angriff über manipulierte Dateien möglich gemacht hätte.

Nach dem Empfang des Videos stieg das ausgehende Datenvolumen auf Bezos' Smartphone um 29'000 Prozent, für das die Ermittler keinen plausiblen Grund ausser die Infektion mit Malware-Software erkennen konnten. Ein konkretes Stück Malware konnte allerdings nicht auf Bezos' Smartphone gefunden. Es war der Firma auch nicht gelungen, das komplette Dateisystem des iPhones zu entschlüsseln, offenbar, weil Bezos sein Passwort vergessen hatte.

Andere Sicherheitsexperten kritisieren allerdings das Vorgehen von FTI. Die Firma habe nur rund 50 Prozent der relevanten Daten bekommen. Mit dem Einsatz von spezialisierten iPhone-Knack-Maschinen, wie sie etwa von Strafverfolgungsbehörden in den USA eingesetzt werden, wären hier mehr Erkenntnisse möglich gewesen.



Welche Malware war Schuld?

Dennoch spekuliert FTI über die Art der Malware. In Verdacht geriet etwa «Pegasus» der NSO Group. Laut den UN-Sonderberichterstattern wurden im gleichen Zeitraum auch zwei Bekannte von Khashoggi mit Pegasus angegriffen. Facebook hat im Oktober 2019 Klage gegen die NSO Group eingereicht, eben weil sie WhatsApp-Sicherheitslücken ausgenutzt haben soll. Die NSO Group bestreitet vehement, dass ihre Technologie bei dem Angriff gegen Bezos oder irgendwelchen anderen illegalen Aktionen eingesetzt wurde.

FTI nennt auch einen möglichen Drahtzieher des Hacks, den ehemaligen bin Salman-Berater Saud al-Qahtani. Von diesen wurde schon zuvor berichtet, dass er im Auftrag des Königreiches Hacking-Software von ausländischen Firmen einkaufe. US-Geheimdienste und UN-Behörden bringen al-Qahtani auch in Verbindung mit der Ermordung von Khashoggi.

Gegen ihn wurde deshalb in den USA ein Einreiseverbot verhängt. Ein saudisches Gericht entlastete al-Qahtani im Dezember 2019, allerdings wurde er seit knapp einem Jahr nicht mehr in der Öffentlichkeit gesehen. Es zirkulieren Gerüchte, dass er unter Hausarrest stehe oder gar vergiftet wurde.

Ein Meme als Drohung?

Der Mord an Khashoggi fand am 2. Oktober 2018 im saudischen Konsulat in Istanbul statt. Nach Einschätzung von US-Geheimdiensten gab bin Salman persönlich den Befehl zur Erstickung und folgenden Zerstückelung des Journalisten mit einer Knochensäge. Die «Washington Post» berichtete in den folgenden Wochen und Monaten intensiv über den aktuellen Stand der Ermittlungen und bin Salmans mutmassliche Beteiligung an dem Verbrechen.

Aus dem Nichts bekam Bezos dann am 8. November 2018 ein Meme von bin Salman zugeschickt. Dort war das Bild einer Frau zu sehen, die Ähnlichkeit mit Bezos’ Geliebten, der TV-Moderatorin Lauren Sanchez, aufwies. Beschrieben war das Bild mit den Worten: «Mit einer Frau zu diskutieren, ist wie die Nutzerbestimmungen von Software zu lesen. Am Ende muss man alles ignorieren und einfach ‹Ich stimme zu› anklicken».

Dieses Bild schickte bin Salman am 8. November völlig unvermittelt an Bezos.
Dieses Bild schickte bin Salman am 8. November völlig unvermittelt an Bezos.
FTI

Zu diesem Zeitpunkt tauschten sich Bezos und seine Ehefrau MacKenzie per Text-Nachrichten und Telefonaten über die Modalitäten einer allfälligen Scheidung aus. In der Öffentlichkeit war allerdings damals noch völlig unbekannt, dass die Ehe in einer Krise steckte — die Trennung wurde erst zwei Monate später verkündet. Laut Einschätzung des Berichts sollte die scheinbar kryptische WhatsApp-Nachricht Bezos deutlich machen, dass man im Besitz kompromittierender Informationen ist. Klares Ziel sei hierbei, Bezos dazu bewegen, die Berichterstattung seiner «Washington Post» im Fall Khashoggi einzudämmen.

Saudi-Arabien streitet weiter alles ab

Saudi-Arabien bestreitet weiterhin jegliche Involvierung. Aussenminister Faisal bin Farhan Al Saud sagte in einem Interview mit «Reuters» in Davos, dass die Vorwürfe absurd und albern seien. In den Bericht von FTI gäbe es keine konkreten Beweise für eine saudische Beteiligung.

Bezos selbst reagierte nur indirekt. Er tweetete ein Foto mit dem Hashtag #Jamal, das ihn zusammen mit der Verlobten von Khashoggi an einem Denkmal für den Journalisten in Istanbul zeigt.

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