Trotz AnwohnerprotestenTesla stimmt Grundstückskauf für Gigafactory zu
dpa/dj
20.1.2020
Tesla den Kaufvertrag für das Gelände bei Berlin gebilligt, auf dem der US-Elektroautobauer eine Fabrik bauen will. Nicht alle sind mit dem Vorhaben einverstanden.
Die Ansiedlung des US-Elektroautobauers Tesla in Grünheide bei Berlin ist nach Angaben der Staatskanzlei des Bundeslandes Brandenburg einen weiteren Schritt näher gerückt.
Der Vorstand des Unternehmens hat dem Kaufvertrag mit dem Land Brandenburg zum Erwerb des rund 300 Hektar grossen Grundstücks zugestimmt, wie Regierungssprecher Florian Engels mitteilte. Auf dem Gelände will Tesla seine Fabrik bauen, die das Unternehmen «Gigafactory» nennt. Der Finanzausschuss des Brandenburger Landtags hatte den Kaufvertrag bereits gebilligt.
In Grünheide sollen von Sommer 2021 an jährlich zunächst 150'000 Elektroautos der Typen Model 3 und Y gebaut werden, nach einem Ausbau bis zu 500'000 Fahrzeuge im Jahr. Der Kaufpreis für das Waldgelände bei Grünheide im Kreis Oder-Spree war vom Landesbetrieb Forst auf knapp 41 Millionen Euro (44 Mio. Franken) taxiert worden, ein weiteres unabhängiges Gutachten steht aber noch aus. Der endgültige Kaufpreis soll dem Ergebnis dieses zweiten Gutachtens angepasst werden, sofern es zu einem abweichenden Grundstückswert kommt.
US-Blindgänger-Bomben auf Gelände vermutet
Das als Industriefläche ausgewiesene Areal wird derzeit auf Kampfmittel aus dem Zweiten Weltkrieg untersucht. Nach Angaben der Staatskanzlei befinden sich dort höchstwahrscheinlich US-Blindgänger. Deshalb untersagte die Gemeinde Grünheide, das Gelände zu betreten.
Die Ansiedlung Teslas in Grünheide wird von Bürgern kontrovers diskutiert. Am Samstag demonstrierten nach Polizeiangaben rund 200 Menschen in der Gemeinde gegen die Ansiedlung des US-Unternehmens – mehr Teilnehmer als erwartet. Laut Polizei war eine Demonstration gegen die geplante Fabrik mit bis zu 100 Teilnehmern angemeldet worden. «Keine Grossfabrik im Wald» und «Geheim verhandelt – Umwelt verschandelt» stand auf Plakaten. Die Bürger protestierten damit unter anderem gegen die Rodung des Waldes für das grosse Gelände, auf dem die Fabrik gebaut werden soll. Auch am Sonntag demonstrierten nach einem Bericht der «Märkischen Oderzeitung» etwa 80 Menschen mit einem Waldspaziergang gegen die Ansiedlung des Autobauers.
Auch Befürworter demonstrierten
An einer weiteren Demo für die Tesla-Ansiedlung nahmen am Samstag in der Gemeinde etwa 30 Menschen teil, wie die Polizei auf Nachfrage mitteilte. Nach Angaben der Veranstalter waren es jedoch rund 50 Teilnehmer, darunter zahlreiche Familien mit Kindern. Auf Transparenten stand «Elon, ich möchte ein Auto von Dir» oder «Gestalten statt verhindern». Einige Bewohner aus der Region waren mit ihren Tesla-Fahrzeugen gekommen.
Unter den Befürwortern einer Tesla-Ansiedlung war auch Anke Kranhold, deren Familie seit vier Generationen in Grünheide lebt. «Ich selber habe Söhne und zwei Schwiegertöchter, die Ingenieure sind, vielleicht haben die ja künftig die Chance, mit dem Fahrrad zur Arbeit zu fahren, statt nach Berlin zu pendeln», sagte die 46-Jährige am Samstag der Deutschen Presse-Agentur.
«Warum muss das alles so holterdiepolter gehen», sagte ein Tesla-Gegner einem dpa-Reporter in Grünheide. Das gehe alles viel zu schnell. Ein anderer Demonstrant ergänzte: «Da kommt ein Milliardär aus den USA und wedelt mit den Geldscheinen und auf einmal ist in Brandenburg alles möglich.» Die Gegner des Baus der Tesla-Fabrik befürchten unter anderem auch, dass die Trinkwasserversorgung gefährdet sein könnte. Das Gelände der geplanten Fabrik liegt in einer Trinkwasserschutzzone.
Beschimpfungen zwischen Demo-Teilnehmern
Als ein Zug von Tesla-Gegnern an den Befürwortern vorbeilief, kam es kurzzeitig zu verbalen Auseinandersetzungen. Beide Seiten beschimpften sich gegenseitig. Die Polizei war mit zahlreichen Einsatzkräften vor Ort. Die Lage beruhigte sich anschliessend wieder.
Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) äusserte in der «Märkischen Oderzeitung» (Samstag) Unverständnis für die Tesla-Skeptiker. Die Bereitschaft, Veränderungen mitzutragen, sei nicht überall gegeben, sagte er dem Blatt. «Wir haben eine grosse Beharrungsmentalität.» Die Leute wollten, dass ihre Kinder nicht mehr für gute Jobs wegziehen müssen. Es solle zu Hause gute Jobs geben – aber nicht in Form einer Fabrik, nicht vor der eigenen Haustür, so Steinbach. Die Reaktionen der Bevölkerung in Grünheide habe er bislang ganz überwiegend als sehr konstruktiv empfunden, so der Minister.
Je prominenter Elektroautos werden, desto mehr Fragen tauchen auf: Sind die nicht eigentlich viel teuer? Geht ihnen ein paar Kilometer hinter der Stadtgrenze der Schnauf aus? Und sind die eigentlich wirklich so umweltfreundlich, wie immer behauptet wird? Prüfen wir das:
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Bei der Reichweite pro Akkuladung kommen die meisten Elektroautos zwar noch nicht an Autos mit Benzin- oder Dieselantrieb heran, dafür kann man die Stromer aber jederzeit bequem zu Hause aufladen.
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Tesla-Besitzer sind gegenüber anderen Elektroautofahrern deutlich im Vorteil. Sie können das umfangreiche Supercharger-Netzwerk des Herstellers nutzen. Ein Model S bekommt an diesen Schnellladestationen in etwa 30 Minuten Aufladen rund 270 km zusätzliche Reichweite.
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Die Elektroauto-Akkus haben noch eine potenzielle Zweitverwertung. Wenn sie nicht mehr genug Power fürs Auto liefern, kann man sie immer noch als Heimbatterie nutzen und etwa mit Solarzellen vom Dach auffüllen.
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Die Anschaffungskosten liegen bei Elektroautos tatsächlich deutlich höher als bei konventionellen Fahrzeugen der selben Klasse. Je länger man das Fahrzeug nutzt, desto näher kommen sich die Kosten.
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Auch Elektrofahrzeuge sind umweltbelastend. Es beginnt bereits bei der Produktion, die natürlich Ressourcen verbraucht. Autos entstehen schliesslich nie ausschliesslich aus Luft und Licht.
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Elektroautos brauchen keine komplexen Motoren oder Antriebsstränge, dafür braucht die Herstellung der Akkus einiges an Ressourcen. Materialien wie Lithium oder Kobalt müssen dafür abgebaut werden.
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In der Gesamtbetrachtung haben Elektrofahrzeuge allerdings das Potenzial, viel Umweltschonender zu sein. Das gilt besonders in der Schweiz, denn wir haben im Vergleich zu unserem Nachbarländern einen besonders nachhaltigen Energiemix.
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So wird in der Schweiz quasi kein Kohlestrom verbraucht, in Deutschland liegt sein Anteil hingegen noch bei knapp 40 Prozent. Aber selbst dort werden durch die Nutzung eines Elektrofahrzeug deutlich weniger CO2-Emissionen freigesetzt als bei vergleichbaren Benzinern.
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In der Top-Ausstattung schafft es ein Model S in 2,7 Sekunden von Null auf 100 km/h. Nicht, dass man diese Beschleunigung im Alltag braucht, aber selbst mit den schnellsten Sportwagen am Markt können Elektrofahrzeuge mithalten.
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Nun sind Elektroautos auch besonders leise, andere Verkehrsteilnehmer können sie dadurch schlechter wahrnehmen und die Unfallgefahr steigt. Das ist der gleiche Vorwurf, der etwa auch modernen Trams gemacht wird. Hier ist tatsächlich mehr Vorsicht im Verkehr angebracht und eine geringe Lärmbelästigung erhöht ja gleichzeitig auf die Lebensqualität von Anwohnern.
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