Tiefste Bohrung aller Zeiten Start-up will unbegrenzte Energie aus Erdkruste ziehen

Von Dirk Jacquemien

13.3.2022

Unter der Erde schlummert fast unbegrenzt Energie.
Unter der Erde schlummert fast unbegrenzt Energie.
Getty Images

Ein amerikanisches Start-up will so tief wie nie zuvor in die Erde bohren. Die dort gespeicherte geothermische Energie soll quasi unbegrenzt sauberen Strom liefern.

Von Dirk Jacquemien

13.3.2022

Die Notwendigkeit stärkerer Verwendungen erneuerbarer Energie wird dieser Tage wieder mal deutlich. Wollen sich Staaten nicht den Launen von Diktatoren mit Minderwertigkeitskomplexen aussetzen, brauchen sie eigene Energiequellen.

Obwohl in der Erde fast unbegrenzt Hitzenergie gespeichert ist, spielt die Geothermie bisher eine eher untergeordnete Rolle. In der Schweiz werden immerhin rund 15 Prozent aller Gebäude auf diese Art und Weise erhitzt, aber zur Stromerzeugung wird Geothermie hierzulande gar nicht genutzt. Weltweit beträgt der Anteil am Strommix weniger als 1 Prozent.

Denn bisher ist die Stromerzeugung durch Geothermie aufwendig und teuer und häufig nur in Gegenden wirtschaftlich, in denen sich die Hitze selbstständig ihren Weg nahe der Oberfläche bahnt, etwa durch vulkanische Aktivität. Mit ganz neuer Technik soll geothermische Energie aber überall gewonnen werden können.

Lauschig-warm bei 500 Grad

Das Start-up Quaise Energy, eine Ausgründung des Massachusetts Institute of Technology (MIT), will dazu bis zu 20 Kilometer tief bohren. Hier herrschen Temperaturen von rund 500 Grad Celsius. Quaise würde damit deutlich tiefer vordringen als der bisherige Tiefenrekordhalter, die Kola-Bohrung auf der gleichnamigen nordrussischen Halbinsel, die 12,2 Kilometer erreichte.

Die extremen Temperaturen ganz tief unter der Erde sind aber ein Problem für die Bohrinstrumente. Quaise will daher elektromagnetische Hochfrequenzwellen einsetzen, um das Gestein zu spalten und sich den Weg in die Tiefe zu bahnen.

Kohlekraftwerke sollen umgerüstet werden

Bei den dortigen Temperaturen erreicht Wasser einen überkritischen Zustand, ist zugleich flüssig und gasförmig. In diesem Zustand kann das Wasser mit einem hohen Wirkungsgrad zur Stromerzeugung genutzt werden, ein vergleichbarer Prozess wird derzeit auch in Kohlekraftwerken verwendet.

Quaise schlägt daher auch vor, Standorte von alten Kohlekraftwerken umzurüsten, die statt durch die Verbrennung von Kohle dann mit der Hitze aus der Erde Strom erzeugen würden. Die Bohrung könnte fast überall auf der Welt stattfinden.

62 Millionen Dollar an Risikokapital hat das Start-up bisher eingesammelt, wie «Axios» meldet. 2024 sollen die ersten Testbohrungen mit einer Tiefe von bis zu einem Kilometer stattfinden. Bereits 2028 will Quasie dann in einem umgerüsteten Kohlekraftwerk sauberen Strom erzeugen.