BundesgerichtBeleidigende Facebook-Einträge zu teilen ist keine gute Idee
SDA/dj
15.12.2020 - 12:21
Vorsicht beim Teilen von potenziell verleumderischen Facebook-Posts. Unter Umständen kann man dafür genauso wie der ursprüngliche Autor strafrechtlich belangt werden.
Teilt man einen auf Facebook von einem Dritten veröffentlichen, ehrverletzenden Beitrag, kann man sich nicht auf das sogenannte Medienprivileg des Strafgesetzbuches berufen, wonach nur der Autor dafür belangt werden kann. Dies hat das Bundesgericht in einem Leiturteil entschieden.
Das vom Bundesgericht am Dienstag veröffentlichte Urteil steht im Zusammenhang mit dem Beitrag eines Facebook-Nutzers aus dem Jahr 2015. Dieser teilte einen Facebook-Eintrag, der den Titel «Swissveg – Toleranz für Antisemitismus und Sekten unter dem V-Label» trug.
Darin wurden der Tierschützer Erwin Kessler als «mehrfach verurteilter Antisemit» und der von ihm präsidierte Verein gegen Tierfabriken (VgT) als «antisemitische Organisation» und «neonazistischer Tierschutzverein» bezeichnet.
Der Beschwerdeführer verfasste einen Kommentar und verlinkte diesen mit dem genannten Artikel. Der so veröffentlichte Beitrag war für rund 2500 «Freunde» einsehbar. Dafür wurde der Beschwerdeführer vom Berner Obergericht 2019 für die Vorwürfe gegenüber Kessler und dem VgT wegen Weiterverbreitung der üblen Nachrede zu einer bedingten Geldstrafe verurteilt.
Das Bundesgericht hat den Schuldspruch in Bezug auf Kessler aufgehoben. Es sei der Beweis erbracht worden, dass Kessler zum Tatzeitpunkt eine antisemitische Haltung verfolgt habe. Es war auch nicht strafbar weiterzuverbreiten, dass der Tierschützer ein «mehrfach verurteilter Antisemit» sei. Dies entspreche zwar nicht der Wahrheit, aber Kessler habe dies in einem Zeitungsinterview selbst über sich gesagt.
Neu überprüfen muss das Berner Obergericht die Vorwürfe an die Adresse des Vereins VgT. Dabei ist zentral, ob die Aussagen von Kessler dem Verein zugerechnet werden können oder ob sich die vorgeworfene Haltung allenfalls anders manifestiert.
Einzelfallprüfung erforderlich
Klarheit hat das Bundesgericht mit seinem Entscheid in Bezug auf das Medienprivileg geschaffen. Dazu führt es aus, dass auch Facebook dem weiten Begriff «Medium» zuzurechnen sei. Unter das Medienprivileg würden diejenigen Personen fallen, die innerhalb eines Mediums in den typischen Ablauf für die Herstellung und Verbreitung integriert seien.
Diese Kette ist gemäss Bundesgericht in jedem Einzelfall neu zu prüfen. Vorliegend erachtet es den Beschwerdeführer nicht mehr als Teil der Herstellungs- und Verbreitungskette des umstrittenen Facebook-Eintrags. Der Verfasser desselben habe ihn nach seiner Veröffentlichung nicht mehr unter seiner Kontrolle gehabt. (Urteil 6B_440/2019 vom 18.11.2020)
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