Transparenz gewünscht TikTok schliesst Sicherheitslücken und ändert seine Nutzerrichtlinien

dj

9.1.2020

TikTok will transparanter werden.
TikTok will transparanter werden.
Keystone

TikTok hat schwere Sicherheitslücken geschlossen und gleichzeitig neue Nutzerrichtlinien veröffentlicht. Diese sollen für mehr Transparenz bei der chinesischen App sorgen.

Die israelische Sicherheitsfirma Check Point hat bei der Social Media App TikTok mehrere schwere Sicherheitslücken entdeckt. Diese erlaubten es etwa, Videos von Nutzer zu löschen, neue Videos auf der Accounts zu erstellen oder private Videos öffentlich zu machen.

Zentral für diese Lücken war ein Fehler auf der TikTok-Website. Diese hatte eine Funktionalität, mit der sich potenzielle Nutzer einen Download-Link für die App per SMS aufs eigene Handy schicken lassen. Doch diese Funktion liess sich von Angreifern missbrauchen, die dann im Namen von TikTok SMS an Nutzer verschicken konnten. In diesen vermeintlich legitimen SMS konnten dann Links eingebaut werden, die bei Aufruf die oben erwähnten Manipulationen auslösten.

Lücken seit Mitte Dezember geschlossen

Check Point hat TikTok bereits Ende November über die Lücken informiert, die das Unternehmen Mitte Dezember geschlossen habe, wie TikTok der «New York Times» sagte. TikToks Sicherheitschef Luke Deshotels sagt, das Unternehmen sei dem Schutz der Nutzerdaten verpflichtet und hoffe auf enge Zusammenarbeit mit Sicherheitsforschern, um allfällige Lücken zu entdecken und zu schliessen. Es gäbe keine Anzeichen dafür, dass die von Check Point beschriebenen Lücken für reale Angriffe verwendet wurden.

Fast gleichzeitig hat TikTok, ein Produkt des chinesischen Unternehmens ByteDance, auch noch neue Nutzerrichtlinien veröffentlicht. Diese sollen nach eigener Aussage vor allem für mehr Klarheit und Transparenz bei der Frage sorgen, was auf TikTok gestattet ist und was nicht.

Überfälliger Schritt

Mehr Transparenz ist auch dringend nötig. TikTok hatte zuvor schon Nutzerrichtlinien, doch die waren ziemlich knapp gefasst. Relevanter waren die geheimen, internen Moderationsrichtlinien, die erst durch Leaks an den «Guardian», die «Washington Post» sowie «Netzpolitik» öffentlich wurden. Dadurch wurde bekannt, dass TikTok-Moderatoren angewiesen wurden unter anderem Kritik an TikTok selbst, Inhalte von LGBT-Nutzern oder Menschen mit Behinderungen sowie Diskussionen zu für China politisch sensiblen Themen in ihrer Reichweite einzuschränken oder ganz zu löschen.

TikTok bestritt immer jegliche politische Zensur auf Anweisung aus China, laut der «Washington Post» hatten aber Moderatoren in Peking oftmals das letzte Wort, ob ein bestimmtes Video auf TikTok bleiben durfte. Nach den erwähnten Medienberichten und dem öffentlichen Aufschrei hat TikTok nun scheinbar sein Vorgehen geändert. So finden sich auf der Plattform inzwischen auch zahlreiche Videos etwa zu den Protesten in Hongkong oder der Verfolgung der Uiguren durch die chinesische Führung.

Strenger als Facebook

Die neuen Richtlinien sollen weltweit gelten, allerdings von lokalen Teams an die örtlichen Bedingungen angepasst werden. Vor allem im Bereich Desinformationen geht TikTok hier weiter als viele seiner Konkurrenten. So werden nun beispielsweise Inhalte verboten, «in denen gut belegte historische Gewaltereignisse geleugnet werden». Damit ist wohl vor allem die Holocaustleugnung gemeint, die etwa Facebook dort erlaubt, wo sie nicht durch lokale Gesetze (wie in der Schweiz) untersagt wird.

Durch die Richtlinien zieht sich der Versuch TikToks, die «positive Erfahrung» beizubehalten, die der Selbstanspruch der Plattform ist. Ein Anspruch, den aber natürlich keine in der realen Welt existierende Social-Media-Plattform immer aufrechterhalten kann, wie sich etwa gerade an den unzähligen «Dritter Weltkrieg»-Memes zeigt, die sich im Zuge der Spannungen zwischen den USA und dem Iran auf TikTok breitmachen.



Skepsis bleibt

Verkompliziert wird das Versprechen für mehr Klarheit aber auch noch durch den intransparenten Algorithmus, der bestimmt, welche Videos welche Nutzer in ihrem Feed angezeigt bekommen. Für Aussenstehende wird nur schwer zu beurteilen sein, ob bestimmte Inhalte wirklich nicht besonders populär oder relevant sind, oder ob sie durch TikTok-Moderatoren künstlich in ihrer Reichweite eingeschränkt wurden.

Solange TikTok komplett zu ByteDance gehört, einem chinesischen Unternehmen, das sich natürlich völlig den dortigen Gesetzen und der politischen Führung unterwerfen muss, wird es kaum in der Lage sein, entsprechende Verdächtigungen der Einflussnahme völlig zu entkräften. Vor allem unter US-Politikern herrscht offene Feindseligkeit gegenüber TikTok. Berichte, dass ByteDance deshalb überlege, TikTok abzuspalten und zu verkaufen, wurden vom Unternehmen bisher zurückgewiesen.

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