Du sprichst über etwas und Minuten später bekommst du passende Werbeanzeigen dazu. Nur Zufall? Oder gibt es eine Möglichkeit, wie du ganz einfach testen kannst, ob dein Smartphone dich ausspioniert?
Pascal Imbach
01.10.2024, 17:36
01.10.2024, 17:41
Pascal Imbach
Das Gerücht, dass uns grosse Tech-Konzerne, wie Google, Meta, Microsoft, Apple und andere Firmen für passende Werbeanzeigen heimlich abhören, hält sich seit Jahren. Das Aufkommen von KI befeuert diesen Verdacht zusätzlich, da spätestens jetzt, solche Praktiken durchaus möglich erscheinen. Und so viel sei gesagt: Ja, möglich ist es. Theoretisch.
Technisch möglich, aber eher unwahrscheinlich
Wenn wir Apps die Berechtigung geben, können diese durchaus auf das Mikrofon unseres Smartphones zugreifen. Allerdings gibt es bislang keine Beweise dafür, dass solche Methoden von den grossen Konzernen tatsächlich angewendet werden. Google und Meta verneinen solche Abhörpraktiken für passende Werbung immer wieder ausdrücklich und auch in deren AGB findet sich nichts, was darauf hindeutet.
Folgende Gründe sprechen auch deutlich gegen ein solches Vorgehen:
1. Überlastete Server: Eine permanente Überwachung bedeutet stundenlange Audio-Aufzeichnungen und somit gigantische Datenmengen, welche das Datenvolumen eines Konzerns massiv belasten würden. Selbst wenn ein solches Programm in der Lage wäre, auf Schlüsselwörter zu reagieren, anstatt permanent mitzuhören, wäre der Aufwand immer noch immens.
2. Akku-Leistung: Ständiges Belauschen und Übermitteln von Gesprächen wäre äusserst energieintensiv und würde den Handy-Akku zusätzlich belasten, was sicherlich nicht unbemerkt bliebe.
3.Sichere Betriebssysteme: Neuere Google- und Apple-Betriebssysteme (ab Android 12 und iOS 14) lassen inzwischen auch nicht mehr zu, dass im Hintergrund laufende Apps unbemerkt auf Mikrofon oder Kamera zugreifen.
Übrigens: Schau doch mal in den Einstellungen deines Smartphones nach, welchen Apps du Zugriff auf dein Mikrofon gibst, und entziehe die Berechtigung bei Bedarf.
Unheimliche Algorithmen und deine Spuren im Internet
Dein Handy abzuhören wäre zudem äusserst ineffizient – zumal die Konzerne auch so genügend Daten über uns sammeln. Diese Informationen stellen wir grösstenteils freiwillig und bewusst zur Verfügung, indem wir oft nur allzu bereitwillig unser Häkchen unter kilometerlanges Kleingedrucktes setzen und uns damit mit den AGB einverstanden erklären.
Suchmaschinen und Soziale Medien wissen eine Menge über uns: Dank moderner Algorithmen und dem Einsatz von KI ist es möglich, unser Onlineverhalten detailliert zu analysieren, minutiös auszuwerten und daraus verblüffend präzise Prognosen über unser zukünftiges Einkaufsverhalten abzuleiten.
Der Algorithmus weiss gewissermassen, was wir wollen, bevor wir es wissen. Da kann schon mal der Eindruck entstehen, «abgehört» zu werden. Und personalisierte Werbung ist ja auch nicht grundsätzlich schlecht. Immerhin sehen wir so deutlich weniger, für uns potenziell unwichtige Anzeigen und dafür mehr, was uns wirklich interessiert.
Falls du dennoch misstrauisch bist, kannst du ja dein Smartphone trotzdem einfach mal auf die Probe stellen.
Und so geht der Test:
Wähle ein Thema: Überlege dir einen Suchbegriff, welcher möglichst untypisch für dich ist, also nichts mit deinen Gewohnheiten, Interessen oder Hobbys zu tun hat und nicht ohnehin ein naheliegender Suchbegriff von Dir sein könnte. Idealerweise sollte diese Sache online erhältlich sein, andernfalls werden sich auch wenig Werbeanzeigen dafür finden lassen. Das ist gar nicht so einfach, wie du vielleicht merken wirst. Aber du findest bestimmt etwas Passendes – beziehungsweise Unpassendes.
Rede darüber: In Hörweite deines Smartphones. Immer wieder, über einige Tage. Sprich mit Freunden darüber und flechte dein «angebliches Bedürfnis» natürlich und beiläufig in Gespräche in deinem Alltag ein.
Checke Deine Feeds: Sind irgendwo entsprechende Werbeanzeigen erschienen? Falls ja, könnte das eben am Algorithmus liegen oder auch schlicht Zufall sein.
Also anekdotisch können wir ebenfalls Entwarnung geben: In unserem Versuch wurde uns selbst nach Tagen, keine einzige, passende Werbeanzeige gezeigt – weder für «Imkereibedarf» noch für «Alpakawolle», geschweige denn für «Labormikroskope».