Sperre bestätigt Facebook lässt Trump vorerst auf stumm geschaltet

Von Dirk Jacquemien

5.5.2021

Böse gucken kann Donald Trump, auf Facebook posten nicht.
Böse gucken kann Donald Trump, auf Facebook posten nicht.
Keystone

Das «oberste Gericht» von Facebook hat die Sperre von Ex-US-Präsident Donald Trump zunächst aufrechterhalten. Das Strafmass muss das Unternehmen aber neu bewerten.

Von Dirk Jacquemien

5.5.2021

Der frühere US-Präsident Donald Trump darf vorerst nicht zurück auf Facebook und Instagram. Das hat das Oversight Board, ein von Facebook etabliertes Pseudo-Gericht, das das endgültige Wort bei Sperrungen von Accounts und Löschungen von Inhalten haben soll, entschieden. Das Strafmass müsse Facebook aber neu bewerten. 

Trumps Accounts bei Facebook, Instagram und anderen Social-Media-Plattformen wurden in Folge des Aufstands am US-Kapitols im Januar gesperrt. Trump hat zuvor über Monate hinweg Lügen über den Wahlausgang verbreitet und seine Anhänger*innen aufgestachelt. Das Verfahren des Oversight Boards zog mehr als 9000 Einsendungen aus der Öffentlichkeit an sich.

Oversight Board kritisiert Facebook

In der Begründung heisst es, die am 7. Januar 2021 durch Facebook verhängte Sperre sei korrekt gewesen. Eine Sperrung von «unbestimmter Dauer», wie sie hier verhängt wurde, sei aber in den bestehenden Facebook-Regeln nicht vorgesehen. Dort gäbe es nur Sanktionen wie das Löschen eines Beitrages, eine zeitlich begrenzte Sperre oder eine komplette Löschung des Accounts.

Innert sechs Monate müsse die Facebook-Spitze nun eine erneute Entscheidung treffen, verlangt das Oversight Board. Trumps Sperrung müsste also aufgehoben werden oder sein Account müsste endgültig gelöscht werden. Mit der derzeitigen «willkürlichen» Strafe habe die Facebook-Führung hingegen nur versucht, Verantwortung auf das Oversight Board abzuwälzen, schreibt dieses. 

Auch mit weiterer Kritik an Facebook spart das Gremium nicht. Das Unternehmen solle untersuchen, wie es selbst zu den Ausschreitungen am 6. Januar beigetragen habe. Facebook solle «reflektieren», warum die eigene Plattform so stark missbraucht werden könne. Facebook geriet in die Kritik, weil zahlreiche Teilnehmer*innen des Aufstandes sich zuvor auf der Plattform organisiert hatte.



Eigenes Budget, prominente Mitglieder

Das Facebook Oversight Board nahm im Oktober 2020 die Arbeit auf. Es wurde mit einem eigenen Budget ausgestattet und soll so unabhängig von der Facebook-Führung agieren und entscheiden können. Facebook hat sich dazu verpflichtet, die Entscheidungen des Oversight Boards als endgültig zu akzeptieren.

Die zunächst 20 Mitglieder sind durchaus honorige Persönlichkeiten, eine Co-Vorsitzende ist etwa die frühere dänische Premierministerin Helle Thorning-Schmidt. Grössenteils besteht das Oversight Board aber aus Rechtswissenschaftlern, häufig mit speziellen Kompetenzen zu Meinungsfreiheit und Presserecht. 

Facebook-Löschungen wurden oft aufgehoben

Erklärtes Ziel des Boards ist es, Streitigkeiten um Moderation – also zum Löschen von Inhalten oder Sperren von Accounts – unabhängig zu beurteilen und zu prüfen, ob die Facebook-Richtlinien fair und widerspruchsfrei angewendet wurden.

Kritiker*innen sagen dagegen, mit dem Oversight Board würden sich Facebook und speziell CEO Mark Zuckerberg aus der Verantwortung stehlen. Von politisch kontroversen Entscheidungen könne sich Facebook so distanzieren und allfällige negative öffentliche Reaktionen würde sich auf das Oversight Board konzentrieren. Diesen Schuh wollte sich das Oversight Board aber im aktuellen Fall offensichtlich nicht anziehen und spielte den Ball an Facebook zurück. 

In seinen ersten Monaten hat das Oversight Board neun «Urteile» gefällt. In zwei Fällen wurde die ursprüngliche Moderationsentscheidung von Facebook bestätigt und in sechs Fällen aufgehoben. Ein Fall wurde vor der Urteilsverkündung hinfällig. In Tendenz zeigte sich, dass das Board bisher eher mehr Inhalte erlauben würde als Facebook selbst.

Zu Twitter darf Trump nicht zurück

Trump persönliches Lieblingsmedium war zwar erkennbar Twitter. Von dort hiess es vor der Entscheidung des Facebook Oversight Board, dass Twitter-Sperrung von Trump, unabhängig davon, was Facebook macht, Bestand haben wird. Dennoch war Facebook ungeheuer wichtig für Trump.

Ein führender Facebook-Manager äusserte im Januar 2020 die Auffassung, dass Trump nur wegen Facebook Präsident werden konnte – eine höchstwahrscheinlich zutreffende Einschätzung. Das durch Facebook ermöglichte und von der Trump-Kampagne in 2016 fast perfekt genutzte Mikrotargeting war einer der Hauptgründe für seinen Sieg bei dieser Wahl.



Am Dienstag lancierte er dann seine eigene «Online-Plattform», wie es aus dem Trump-Lager grossspurig hiess. In Wahrheit handelt es bei «From the Desk of Donald J. Trump» um einen funktionsarmen Blog, der nicht einmal Nutzerkommentare erlaubt. Bisher postet Trump dort nur kurze Kommentare im Twitter-Stil.