Satellitenstart vor Absage Ukraine-Krieg lässt Raumfahrt-Projekte abstürzen

Von Dirk Jacquemien

3.3.2022

Eine Sojus-Rakete mit OneWeb-Satelliten wird in Baikonur zur Startrampe gefahren.
Eine Sojus-Rakete mit OneWeb-Satelliten wird in Baikonur zur Startrampe gefahren.
Getty Images

Das britische OneWeb will ein Netz von Internet-Satelliten aufbauen. Die russische Invasion der Ukraine droht nun, die Pläne völlig zunichtezumachen. Auch weitere Weltraumprojekte stehen vor Bruchlandungen.

Von Dirk Jacquemien

3.3.2022

Der russische Angriff auf die Ukraine droht nun auch, die Zusammenarbeit zwischen der russischen Weltraumbehörde Roscosmos und dem Westen völlig zum Erliegen zu bringen. Dabei sind die Sojus-Raketen und der in Kasachstan gelegene russische Weltraumbahnhof Baikonur integraler Bestandteil der globalen Weltraumindustrie.

Zum ersten Opfer wird wohl das britische Unternehmen OneWeb. Dieses baut gerade ein Netzwerk an Satelliten für den Internetzugang auf – als grösster Konkurrenz von SpaceX' Starlink. Doch die OneWeb-Satelliten werden von Baikonur aus in den Orbit geschossen. Der nächste Start ist bereits für Samstag geplant. Roscosmos-Chef Dmitri Rogosin hat nun allerdings Bedingungen gestellt, die für OneWeb quasi unerfüllbar sind.

Briten sollen sich zurückziehen

OneWeb gehört zum Teil dem britischen Staat – dieser solle doch bitte seine Anteile verkaufen, so Rogosin. Ausserdem solle OneWeb nicht für «militärische Zwecke» verwendet werden. Bis zum morgigen Freitag solle sich OneWeb fügen, sonst würden die Satelliten eingelagert und die bereits gezahlte Startgebühr einbehalten.

Genau das wird nun vermutlich passieren. OneWeb hat seine Mitarbeiter*innen bereits aus Baikonur abgezogen und der britische Wirtschaftsminister Kwasi Kwarteng hat inzwischen kategorisch ausgeschlossen, dass Grossbritannien seine Anteile an OneWeb verkaufen werde.

Auch Rogosin geht wohl davon aus, dass die Kooperation am Ende ist. Er liess in Baikonur bereits die Flaggen westlicher Staaten an einer Rakete überkleben und twitterte stolz ein Video der Aktion.

OneWeb hat kaum Alternativen

OneWeb hat nun ein ernstes Problem. Die sich unter der Kontrolle von Roscosmos befindlichen Satelliten wird das Unternehmen vorerst kaum zurückbekommen. Und Alternativen für den Start der Satelliten sind spärlich. Der europäische Weltraumbahnhof in Französisch-Guayana ist auf Jahre ausgebucht, Konkurrent SpaceX ist mit seinen eigenen Starts beschäftigt.

Und schliesslich sind auch noch die Steuerungstriebwerke der OneWeb-Satelliten russischer Bauart, sodass unklar ist, ob OneWeb überhaupt weitere Satelliten bauen kann. Knapp 400 OneWeb-Satelliten sind bereits im Orbit, doch 648 sind erforderlich, um das Netzwerk in Betrieb zu nehmen.

Rogosin deutet ISS-Absturz an

Der russische Angriffskrieg stellt noch weitere internationale Weltraumprojekte infrage. Vergangene Woche twitterte Rogosin wenig subtil, dass die internationale Raumstation ISS ohne russische Unterstützung auf die Erde abstürzen würde.

Die europäisch-russische Mars-Mission ExoMars 2022 liegt ebenfalls auf Eis. Hier sollte im September der Rover Rosalind Franklin auf einer russischen Proton-Rakete zum roten Planeten geschickt werden. Ab nächster Woche sollte der Start in Baikonur vorbereitet werden, doch das Personal der europäischen Weltraumbehörde ESA bleibt zu Hause. Die ESA teilte mit, dass der Fortbestand des Projekts unsicher sei. Wenigstens der Rover steht noch sicher in Turin.