Die Photobastei, ein Zürcher Museum für Fotografie, wird von Facebook für Nacktheit abgestraft. Dabei zeigt sich einmal mehr der die rigide Moral, die das US-Unternehmen bei dem Thema anwendet.
Während 30 Tagen ist die Zürcher Photobastei auf Facebook gesperrt. Aus Sicht von Facebook ist die Photobastei «Wiederholungstäterin bei der Verbreitung verbotener Nacktheit».
Nicht der erste Verstoss
Die SRF-Sendung «10vor10» hat am Montag einen Beitrag über die neue Punk-Ausstellung in der Photobastei ausgestrahlt. Zu sehen war ein Interview mit dem Berliner Künstler Sven Marquardt. In dem Stück waren zudem einige seiner Bilder zu sehen, auf denen auch nackte Frauenbrüste.
Marquardts Bilder zeigen gemäss Photobastei-Mitteilung vom Donnerstag »halbnackte Menschen in einer Post-Punk-Ästhetik und auch nackte Busen und Brustwarzen». Dies seien alles Elemente, welche gegen die Richtlinien von Facebook verstossen.
Weil Facebook nicht zwischen Nacktheit und Kunst unterscheide und weil die Photobastei diesen Inhalt, also den SRF-Bericht, gepostet hat, werde sie nun gesperrt. Bitten um Nachsicht wurden von Facebook bisher nicht erhört.
Dieser «10vor10»-Beitrag veranlasste Facebook zur Sperrung.
Die Photobastei gilt als Wiederholungstäterin, da sie schon einmal mit einer nackten Muse für die Ausstellung der Fotokünstlerin Karin Szekessy Werbung gemacht hatte und einen Bericht des «Züritipp» auf die eigene Facebook-Seite postete.
Für die Photobastei sei der Social-Media-Kanal der wichtigste Kanal zur Verbreitung ihrer Inhalte. Die Sperrung bedeute deshalb einen «massiven Einschnitt und die Gefährdung der Tätigkeiten».
Kunst und Nacktheit
«Es ist ein Problem, dass Facebook nicht zwischen Kunst und Nacktheit unterscheiden will», wird Romano Zerbini, Direktor und Kurator der Photobastei, in der Mitteilung zitiert. «Ein Botticelli kann heute nicht mehr auf Facebook gepostet werden! Doch Facebook hat die Macht, die Brustwarze über die Kunst zu erheben und wir sind machtlos. Facebook und China haben mehr gemeinsam, als uns lieb ist.»
Die Photobastei vereint auf zwei Stockwerken nach eigenen Angaben museale Ausstellungen mit dem Können der Berufsfotografie und der Leidenschaft für Fotografie.
Bilder des Fotografen Sven Marquardt
Fotograf Sven Marquardt: «Ich sehe so unglücklich aus»
Fotograf Sven Marquardt über seine DDR-Punk-Bilder: «Wir waren jugendlich, überheblich, rotzig. Deshalb ist uns nichts Schlimmeres passiert.»
Der Fotograf, 1962 in Ost-Berlin geboren, mag besonders die stillen, mystischen Momente zwischen ihm und seinen Modellen.
Marquardt über seine Kreativität: «Es war die Unfreiheit in der DDR-Diktatur, die mich so kreativ machte.»
Marquardts Porträtbilder und die inszenierten Halbakte, auch die neueren, sind geprägt von herausfordernden Blicken.
Der Berliner Fotograf, der seit über 20 Jahren auch als Türsteher im Club Berghain arbeitet, inszeniert seine Bilder mit Modellen, die er – mitunter sehr gut – kennt.
Zurück zur StartseiteSDA/tjb