Kein Fleisch, kein Alkohol, 100 KinderWer ist Pawel Durow und weshalb flog er nach Paris?
tbz
26.8.2024
Er gründete das russische Pendant zu Facebook, den Messengerdienst Telegram, und behauptet, der leibliche Vater von 100 Kindern zu sein. Trotz Haftbefehl fliegt Pawel Durow am Samstag nach Paris und sitzt nun im Gefängnis.
tbz
26.08.2024, 23:12
27.08.2024, 07:21
Tobias Benz
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Der Gründer des Messengerdienstes Telegram, Pawel Durow, ist am Samstagabend am 24. August in Paris festgenommen worden.
Der Multimilliardär wurde durch die Gründung verschiedener Unternehmen und einer eigenen Kryptowährung reich.
Nebst der russischen besitzt Durow auch die französische Staatsbürgerschaft.
Zuletzt gab Durow auf Telegram an, der leibliche Vater von über 100 Kindern zu sein.
Weshalb Durow nach Paris flog, obwohl ein Haftbefehl gegen ihn vorlag, bleibt vorerst ein Rätsel.
Der Gründer des Messengerdienstes Telegram, Pawel Durow, ist nach seiner Festnahme in Frankreich Medienberichten zufolge weiter in Polizeigewahrsam. Er war am Samstagabend trotz Haftbefehl überraschend nach Paris geflogen und dort am Flughafen Le Bourget in der Nähe von Paris festgenommen worden.
Weshalb der umstrittene und mysteriöse Multimilliardär von Aserbaidschan nach Frankreich flog, bleibt aktuell ein Rätsel. Dass ein Haftbefehl gegen ihn vorlag, musste dem 39-Jährigen bewusst gewesen sein. Telegram wird bereits seit Längerem vorgeworfen, nicht konsequent genug gegen Hassrede und andere illegale Aktivitäten vorzugehen. Die Pariser Staatsanwaltschaft wollte sich zu dem Fall zunächst nicht äussern.
Kein Fleisch, kein Alkohol, dafür 100 Kinder
Der gebürtige St. Petersburger erlangte Bekanntheit, als er das soziale Netzwerk VKontakte (VK), ein russisches Pendant zu Facebook, entwickelte. Nach Streitigkeiten mit den russischen Behörden verkaufte er VK und gründete zusammen mit seinem Bruder den Messengerdienst Telegram.
Nachdem Durow im Zusammenhang mit Protesten gegen den Kreml im Jahr 2014 dem russischen Geheimdienst FSB Nutzerdaten verweigert hatte, verliess er das Land und liess sich Jahre später in Dubai nieder, wo er auch seinen aktuellen Lebensmittelpunkt haben soll.
Trotz der Auseinandersetzung mit der russischen Regierung wird Telegram mittlerweile sehr aktiv vom Kreml als Informationsmedium im Ukraine-Krieg genutzt. Auch Durow selbst postet regelmässig via Telegram. Seinem Kanal folgen über elf Millionen User.
Dort gibt er an, ein einsames Leben zu führen und auf Dinge wie Fleisch, Alkohol oder Kaffee zu verzichten. Ende Juli behauptete er, durch getätigte Samenspenden der biologische Vater von über 100 Kindern in zwölf verschiedenen Ländern zu sein.
Das US-Wirtschaftsmagazin «Forbes» schätzt Durows Vermögen auf über 15 Milliarden US-Dollar. Mit «Toncoin» hat er ausserdem eine eigene Kryptowährung ins Leben gerufen.
«Strengstes Stillschweigen» über französische Staatsbürgerschaft
Nebst der russischen Staatsbürgerschaft hält Durow auch jene der karibischen Inselgruppe St. Kitts und Nevis. Und seit 2021 auch die von Frankreich, die er gemäss dem britischen «Guardian» in einem undurchsichtigen Verfahren zugesprochen bekam, über welches die französische Regierung «strengstes Stillschweigen» bewahre.
Dennoch lag vor seiner Verhaftung am Samstagabend in Paris ein Haftbefehl gegen ihn wegen Vorermittlungen im Zusammenhang mit Vorwürfen wie Betrug, Drogenhandel, Online-Mobbing, Organisierte Kriminalität und Förderung des Terrorismus vor. Durow wird vorgeworfen, nicht genug dafür getan zu haben, die Nutzung seines Messengerdienstes für kriminelle Zwecke zu verhindern.
Weshalb sich Durow trotzdem dazu entschied, nach Paris zu fliegen, ist unklar. Auf Telegram hat er sich bislang nicht zu Wort gemeldet. In einer Stellungnahme schrieb das Unternehmen lediglich, dass seitens Telegram alle geltenden Regeln eingehalten würden, dazu gehöre auch das neue Digital-Gesetz DSA, das ein konsequenteres Durchgreifen gegen illegale Inhalte und Aktivitäten auf grosse Online-Plattformen bewirken soll.
Durow habe «nichts zu verbergen» und reise häufig in Europa. Ausserdem sei es «absurd», eine Plattform oder ihren Besitzer für den Missbrauch des Dienstes durch Dritte verantwortlich zu machen.
Die russische Botschaft in Frankreich habe sich des Falls bereits angenommen, hiess es in einer von der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass zitierten Stellungnahme des Aussenministeriums in Moskau.
Die französischen Behörden seien aufgerufen worden, konsularischen Zugang zu Durow zu erlauben, sagte Russlands Aussenamtssprecherin Maria Sacharowa. «Das Problem ist nur, dass Durow auch die französische Staatsbürgerschaft hat», sagte sie. «Entsprechend wird ihn Frankreich in erster Linie auch als seinen Staatsbürger betrachten.»
Gemäss der französischen Nachrichtenagentur AFP kann der Gewahrsam bis zu 96 Stunden dauern. Danach muss der Richter entscheiden, ob er Durow auf freien Fuss setzt oder ein Ermittlungsverfahren einleitet.
Quellen: The Guardian, dpa, sda, afp, Wikipedia, Telegram