KI-Hype abgeflaut Wie lange kann die KI-Welle den US-Aktienmarkt noch beflügeln? 

sda / nre

31.7.2024 - 11:34

Symbolbild, das eine Strassenszene in NYC mit dem Wall Street-Schild und amerikanischen Flaggen im Hintergrund zeigt.
Symbolbild, das eine Strassenszene in NYC mit dem Wall Street-Schild und amerikanischen Flaggen im Hintergrund zeigt.
Dall-E @blue News

Bis vor zwei, drei Wochen bestimmten die Optimist*innen das Geschehen an den Aktienbörsen, primär in den USA. Der Hype der KI sowie absehbar sinkende Zinsen und damit verbundene Konjunkturhoffnungen lieferten den Treibstoff für die Rally der vergangenen Monate. Doch wie lange hält der Optimismus noch an?

sda / nre

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Der US-Aktienmarkt verliert an Schwung, da politische Unsicherheiten und mögliche Handelskonflikte unter Trump drohen.
  • Investor*innen wenden sich von Tech-Aktien ab, was zu Kursrückgängen bei Nvidia, Alphabet und Tesla führt.
  • Ökonom*innen sehen wachsende Herausforderungen für Unternehmen und warnen vor wirtschaftlicher Instabilität bei einer möglichen Trump-Wiederwahl.

Am Horizont ziehen Wolken auf. Eine zweite Amtszeit von Donald Trump als US-Präsident gilt als durchaus wahrscheinlich. Furcht vor neuen Handelskonflikten macht sich breit. Auch der KI-Schwung liess jüngst etwas nach – Anleger*innen fragen sich, wie weit die Bäume hier noch in den Himmel wachsen können.

Wer wird Präsident*in der USA?

Die Frage, ob das Weisse Haus nach dem Rückzug von Joe Biden dank der neuen Kandidatin Kamala Harris in demokratischer Hand bleibt oder ob Trump nach dem Attentat auf ihn wieder das Zepter übernimmt, wird sich diesen November entscheiden. «Aus Sicht der Finanzmärkte bedeuten die jüngsten Entwicklungen zunächst einmal 'nur' eine gewisse Unsicherheit», kommentiert Sören Hettler, Leiter Anlagestrategie und Privatkunden bei der DZ Bank.

Bis auf Weiteres verfolgen die Anleger*innen erst einmal gebannt, wie in den USA die Tech-Giganten Nvidia, Apple und Microsoft um den Titel des wertvollsten Unternehmens der Welt ringen – angetrieben von der Erwartung, dass KI-Anwendungen die Kassen kräftig klingeln lassen.

KI-Welle verliert langsam an Kraft

Allerdings verlor die KI-Welle, die viele Techwerte hatte hochschnellen lassen, jüngst an Euphorie. Ein Grund: Angesichts gestiegener Chancen auf eine Regierung Trump setzen grosse Investor*innen verstärkt auf traditionellere Industriezweige, ein Stück weit zulasten der Technologiebranche.

Die Aktie des hochgelobten KI-Chipherstellers Nvidia ist von seinem Höchststand Mitte Juni inzwischen gut 15 Prozent zurückgefallen. Zuletzt geriet die Google-Mutter Alphabet am Markt unter Druck und Tesla stürzte nach abermals enttäuschenden Quartalszahlen ab. Die weltweit tonangebende Wall Street zeigt insgesamt Ermüdungserscheinungen.

Ökonom sieht Luft dünner werden

Edgar Walk, Chefvolkswirt von Metzler Asset Management, etwa sieht die Luft dünner werden. «Es dürfte für die Unternehmen zunehmend schwieriger werden, die hohen Erwartungen zu erfüllen», auch weil die Weltwirtschaft nur moderat wachse. Gerade in Sachen KI hegen Anleger*innen denn auch grosse Erwartungen – viele Unternehmen verdienen mit dem Thema zwar auch schon gutes Geld, nicht wenige müssen das aber erst noch beweisen.

Edgar Walk, Chefvolkswirt, Metzler Asset Management
Edgar Walk, Chefvolkswirt, Metzler Asset Management
Bild: © Bankhaus Metzler

Mit Blick auf die US-Präsidentschaftswahl am 5. November 2024 gibt Felix Herrmann, Chefvolkswirt von Aramea Asset Management, zu bedenken: «Anders als eine bekannte Börsenweisheit besagt, könnten die politischen Märkte längere Beine haben.» Denn Aufbruchstimmung werde wohl unabhängig vom Wahlsieger nicht erzeugt. Vielmehr drohe eine noch grössere Spaltung der US-Gesellschaft.

Vorsichtig gibt sich auch Michael Heise, Chefökonom des Vermögensverwalters HQ Trust: Ein Sieg von Trump werde allenfalls eine kurze Phase der wirtschaftlichen Belebung durch Steuersenkungen und Deregulierung bringen. Langfristig aber könnten die negativen Folgen für die Weltwirtschaft erheblich sein. Europa sehe sich dann wohl durch verstärkten Protektionismus sowie eine Infragestellung der regelgebundenen Ordnung herausgefordert.

Wichtig würde dabei aber auch die Mehrheitsverhältnisse im US-Kongress nach der Wahl, sagt Volkswirt Alexander Buhrow von der DZ Bank. Denn: diese bestimmten den Handlungsspielraum des Präsidentschafts-Gewinners. Dieser werde daher sehr wahrscheinlich erhebliche Kompromisse machen müssen. «Nur bei einem klaren Sieg der Republikaner bei den Kongresswahlen könnte Trump einige Punkte seiner Agenda umsetzen.»