Aliens und Atombomben Wofür werden Supercomputer eigentlich gebraucht?

von Dirk Jacquemien, Redaktor

18.6.2018

Die USA haben sich wieder an die Spitze der Supercomputer-Rangliste gesetzt, während der schnellste Rechner Europas in der Schweiz steht. Doch wofür braucht man diese geballte Rechenkraft?

Der schnellste Computer der Welt steht wieder in den USA und die bisherigen Spitzenreiter aus China auf die Plätze verwiesen. In Tennessee, im Oak Ridge National Laboratory des amerikanischen Energieministeriums, wurde nun «Summit» in Betrieb genommen. Summit wurde von IBM und Nvidia entworfen, hat 200 Millionen Dollar gekostet und wiegt 340 Tonnen.

Der schnellste Computer Europas und der nun viertschnellste der Welt steht in Lugano. «Piz Daint», so nennt sich der von der ETH Zürich betriebene Supercomputer, muss sich neben Summit noch von zwei chinesischen Rechner geschlagen heben. Erst 2016 bekam Piz Daint, der Teil des Swiss National Supercomputing Centre ist, für 40 Millionen Franken ein Update.

Auf der noch vor der Inbetriebnahme von Summit von amerikanischen und deutschen Forscher zusammengestellten TOP500-Liste der leistungsstärksten Computer der Welt landete Piz Daint noch auf Platz 3. Platz 1 ging damals an Sunway TaihuLight, der im chinesischen Wuxi steht, Platz 2 an Tianhe-2, der etwas weiter südlich in Guangzhou aufgestellt ist.

So schnell sind Supercomputer wirklich

Doch wie schnell sind die Supercomputer wirklich? Summit beispielsweise schafft knapp 200 Petaflops. Flops steht hier für «Floating Point Operations Per Second», also die Durchführung einer Addition oder Multiplikation in einer Sekunde. Peta steht für Billiarde, also eine Zahl mit 15 Nullen. Summit kann daher 200 Billiarden Rechenaufgaben in einer Sekunde lösen.

Wäre 1996 als «Supercomputer» durchgegangen: Das iPhone 7 (rechts). Mit seinen 300 Gigaflops Rechenpower leistet das Apple-Handy heutzutage aber nur rund einen Millionstel der Rechenleistung der aktuell schnellsten Rechner. Handlicher ist es aber auf jeden Fall.
Wäre 1996 als «Supercomputer» durchgegangen: Das iPhone 7 (rechts). Mit seinen 300 Gigaflops Rechenpower leistet das Apple-Handy heutzutage aber nur rund einen Millionstel der Rechenleistung der aktuell schnellsten Rechner. Handlicher ist es aber auf jeden Fall.
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Sunway TaihuLight schafft 93 Petaflops, Tianhe-2 kommt auf 33,9 Petaflops, unser Schweizer Rechner Piz Daint auf 19,6 Petaflops. Das ist eine ganze Menge an Mathematik. Zum Vergleich: Ein iPhone 7 schafft knapp 300 Gigaflops und hat damit in etwa die Rechenkraft des schnellsten Supercomputers aus dem Jahr 1996.

Hierfür werden Supercomputer verwendet

Diese geballte Computer-Power kommt auf vielerlei Weg zum Einsatz. Hauptsächlich werden Supercomputer heute für Simulationen aller Art benötigt. Je stärker die Rechenleistung, desto mehr Eventualitäten können berücksichtigt werden.

Ein besonderer Augenmerk liegt hier auf Künstlicher Intelligenz (KI). So wurde Summit extra für die Anforderungen der von KI-Anwendungen optimiert, was das Vernetzen von verschiedenen Informationen priorisiert. In den folgenden Forschungsfelder werden besonders oft Supercomputer eingesetzt:

Wettervorhersage

Die Wettervorhersage jeden Abend im Fernsehen ist höchstwahrscheinlich Produkt eines Supercomputers. Mit Millionen von Messdaten kann dieser unzählige Wetterszenarien durchrechnen und das wahrscheinliche Wetter der nächsten Tage vorhersagen.

Wolkig mit Aussicht auf Fleischbällchen? Damit die «Meteo» einigermassen zuverlässige Voraussagen zum Wetter erstellen kann, muss sie Milliarden von Atmosphärischen Faktoren berücksichtigen. Je besser die Computer werden, desto akkurater werden die Wettervorhersagen.
Wolkig mit Aussicht auf Fleischbällchen? Damit die «Meteo» einigermassen zuverlässige Voraussagen zum Wetter erstellen kann, muss sie Milliarden von Atmosphärischen Faktoren berücksichtigen. Je besser die Computer werden, desto akkurater werden die Wettervorhersagen.
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Medizinische Forschung

Auch in der Medizin sind Supercomputer immer gefragter. Sie helfen etwa die DNA eines Menschen zu katalogisieren und auf Erbfehler zu durchsuchen. Der IBM-Supercomputer Watson setzt hier auf künstliche Intelligenz und kann durch das Lesen von Hunderttausenden medizinischen Fachartikel helfen, besonders seltene Diagnosen zu stellen.

Wissenschaft

Besonders bei der Simulation und Analyse von komplexen Physik-Prozessen sind Supercomputer heute unersetzlich. Die unfassbare Menge an Daten, die etwa der Teilchenbeschleuniger im CERN erzeugt, kann kein Mensch auswerten. Auf jeden Test folgen hier noch Jahre an Untersuchungen am Computer.

Industrie

Bevor heute von einem neuen Produkt ein Prototyp zum Anfassen gebaut wird, wird dieses meist ausführlich am Computer simuliert. Flugzeug- oder Autohersteller beispielsweise nutzten Computersimulationen um etwa die Aerodynamik eines neuen Vehikels zu testen.

Rettet die Atolle: Nuklearwaffen-Tests könnten in Zukunft vermehrt an Computern simuliert werden. Um die Interaktion von Milliarden von Kleinstteilen unter extremen Bedingungen nachzustellen, braucht es Supercomputer. Auch zivile Stellen profitieren von den Erkenntnissen.
Rettet die Atolle: Nuklearwaffen-Tests könnten in Zukunft vermehrt an Computern simuliert werden. Um die Interaktion von Milliarden von Kleinstteilen unter extremen Bedingungen nachzustellen, braucht es Supercomputer. Auch zivile Stellen profitieren von den Erkenntnissen.

Atomwaffenentests

Kim Jong-un erzeugte regelmässig weltweite Aufmerksamkeit, wenn er mal wieder einen Atombombentest durchführen liess. Dabei finden ständig virtuelle Nuklearwaffentests statt, ohne dass die Öffentlichkeit davon etwas mitbekommt. Supercomputer können eine nukleare Explosion in allen ihren Details simulieren und Militärs können so Änderungen oder Verbesserungen ihrer Waffen gefahrlos, geheim und ohne Verletzung internationaler Abkommen testen.

Suche nach Ausserirdischen

Das SETI-Projekt sucht nach Signalen einer ausserirdischen Zivilisation. Solange diese nicht gerade im Stil von «Independence Day» Weisses Haus und Eiffelturm in die Luft jagt, sind Zeichen von Aliens wohl eher versteckt. Teleskope auf der ganze Welt nehmen dazu Radiosignale aus dem All auf und Supercomputer durchsuchen dann die Aufnahmen und können kosmisches Rauschen von Zeichen ausserirdischer Kommunikation unterscheiden.

Werden Radioteleksope ins All gerichtet, scannen sie den Himmel in diversen Wellenlängen. Dabei fallen Unmengen von Daten an. Um in diesem Daten-Dschungel nach Mustern zu suchen, kommen oft Supercomputer zum Einsatz.
Werden Radioteleksope ins All gerichtet, scannen sie den Himmel in diversen Wellenlängen. Dabei fallen Unmengen von Daten an. Um in diesem Daten-Dschungel nach Mustern zu suchen, kommen oft Supercomputer zum Einsatz.
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Ist unsere Welt nur simuliert?

In unsere ganz Welt vielleicht eine Simulation? Sind wir selbst und damit dieser Artikel die Kreation eines Supercomputers? Diese «Simulationshypothese» genannte Theorie wird in der Wissenschaft und unter führenden Köpfen in der Tech-Welt durchaus ernsthaft diskutiert.

Tesla-Chef Elon Musik etwa glaubt, dass es eine «1 zu Milliarden»-Wahrscheinlichkeit gibt, dass wir nicht in einer Simulation leben. Diese Theorie ist auch mit unseren heutigen Supercomputern noch nicht beweisbar.

Bitcoins behindern Suche nach Ausserirdischen

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