Anhörung von Facebook-Chef Zuckerberg kämpft um seine Glaubwürdigkeit

dj

24.10.2019

Wohl keine Facebook-Freunde: Ausschussvorsitzende Maxine Waters und Mark Zuckerberg.
Wohl keine Facebook-Freunde: Ausschussvorsitzende Maxine Waters und Mark Zuckerberg.
Keystone

Facebook-CEO Mark Zuckerberg musste vor dem US-Repräsentantenhaus zur geplanten Digitalwährung Libra und anderen Themen aussagen. Doch kann es Facebook überhaupt gelingen, wieder Vertrauen zu gewinnen?

Knapp sechs Stunden hat Facebook-CEO Mark Zuckerberg am Mittwoch vor dem Ausschuss für Finanzdienstleistungen des US-Repräsentantenhauses ausgesagt. Es war Zuckerbergs erster öffentlicher Auftritt vor dem US-Kongress seit April 2018, als er sich zum Cambridge-Analytica-Skandal erklären musste. Und anders als damals kam Zuckerberg dieses Mal mächtig ins Schwitzen.

Das eigentliche Thema der Anhörung war die Kryptowährung Libra – und hier äusserten die Abgeordneten starke Zweifel, dass man Facebook mit seiner langen Geschichte an Datenschutzskandalen trauen könne, nun auch noch ins Finanzsystem einzusteigen. Zuckerberg selbst gab ganz zu Anfang der Anhörung zu, dass er wohl nicht gerade der beste «Botschafter» für das Projekt sei.

Libra als Schutz gegen China?

Der Facebook-Chef versuchte Libra als geradezu essenziell für die wirtschaftliche Entwicklung der USA darzustellen. Wenn nicht ein US-Konzern wie Facebook in diesem Geschäftsfeld eine Führungsrolle übernehme, würden bald etwa chinesische Firmen eine Vormachtstellung einnehmen.

Ausserdem versprach er, dass Facebook sich am Start von Libra nicht beteiligen werde, solange die US-Aufsichtsbehörden nicht ihr Einverständnis gegeben hätten. Die Libra Association mit Sitz in Genf sei unabhängig, Facebook sei nur eines von nun noch 21 Mitgliedern. Das nahmen ihm die Abgeordneten nicht wirklich ab und sie beschwerten sich dann auch, dass Libra seine Basis in der Schweiz statt in den USA hat.

Kritik an Politiker-Freischein

Doch auch zahlreiche andere Themen kamen zur Sprache – besonders Facebooks neue Richtlinien, Politikern in Werbeanzeigen Dinge zu gestatten, die bei normalen Nutzern gelöscht würden. Zuckerberg wurde gefragt, ob beispielsweise ein Kandidat der American Nazi Party auf Facebook eine offen antisemitische und hasserfüllte Wahlwerbung schalten dürfte. Der Facebook-CEO war nicht in der Lage, eine eindeutige Antwort zu geben:

Andere Fragen zielten direkt auf Zuckerbergs Glaubwürdigkeit ab. So hob die kalifornische Abgeordnete Katie Porter hervor, dass er immer wieder öffentlich proklamiere, dass Facebook eine Pflicht habe, die Privatsphäre seiner Nutzer zu schützen. In Gerichtsprozessen allerdings, in denen Facebook von Nutzern wegen Datenschutzverletzungen verklagt wurde, lässt Zuckerberg seine Anwälte vortragen, dass Facebook keinerlei rechtliche Verantwortung für die Daten seiner Nutzer habe.

Sollte Zuckerberg den Hut nehmen?

Dieses Glaubwürdigkeitsproblem holt Zuckerberg dann auch bei Libra ein. Denn wenn es um Geld und Währungen geht, ist Vertrauen alles. Gerade bei den Demokraten, die Facebook immer noch dessen Untätigkeit während der russischen Desinformationskampagne im Wahlkampf 2016 vorwerfen, ist Zuckerberg zu einem wahren Feindbild geworden.

Mit den Republikanern kommt Zuckerberg derzeit besser klar, auch weil seine Lobbyisten in Washington hauptsächlich Republikaner sind. Doch obwohl rechtslastige Medien Facebook dominieren, sehen viele Republikaner Silicon Valley als Ganzes immer noch als linksliberale Bastion an und zeigen sich entsprechend skeptisch gegenüber jeglichen Grossprojekten aus Kalifornien. Da sich Zuckerberg daher nun zum «Boxsack» für alle entwickelt habe, hat ihm die «New York Times» auch schon halb-scherzhaft die Frühpensionierung empfohlen. 

Wann und wie es mit Libra nun tatsächlich weiter geht, ist derweil unklar. Einen konkreten Zeitplan gibt es nicht und neben den US-Regulatoren sind auch solche in anderen Ländern bisher eher skeptisch. Zuckerberg ist da ehrlich: «Ich weiss nicht, ob Libra funktionieren wird».

Galerie: Das Facebook-Konto absichern

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