Gewalt in der Kindheit Andrea Sawatzki: «Ich wünschte mir den Tod meines Vaters»

Bruno Bötschi

20.10.2025

Schauspielerin Andrea Sawatzki spricht in einem Interview über traumatische Erfahrungen in ihrer Kindheit.
Schauspielerin Andrea Sawatzki spricht in einem Interview über traumatische Erfahrungen in ihrer Kindheit.
Bild: Keystone

Andrea Sawatzki musste als Kind ihren an Demenz leidenden Vater pflegen – und erlebte dabei Gewalt. Ihr Trauma begleitete die Schauspielerin lange. Überwinden konnte sie es dank ihres eigenen Familienglücks.

Bruno Bötschi, Teleschau

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  • Als Achtjährige begann Schauspielerin Andrea Sawatzki, sich um ihren an Demenz erkrankten Vater zu kümmern.
  • Was sich zunächst als liebevolle Fürsorge anhört, war für die heute 62-Jährige eine schmerzhafte Erfahrung.
  • «In den Jahren, als ich ihn pflegen musste, war da irgendwann nur noch Angst und Widerwille. Und auch Hass», sagt Sawatzki im Interview mit der «Zeit».

Viele Menschen müssen ihre Eltern bei Krankheit oder im Alter selbst pflegen – so auch die deutsche Schauspielerin Andrea Sawatzki. Doch die heutige 62-Jährige war noch ein Kind, als sie sich um ihren an Demenz erkrankten Vater kümmern musste.

Bereits im Alter von acht Jahren wurde sie mit der Aufgabe konfrontiert und erlebte dabei immer wieder Gewalt und Hass.

So habe ihr Vater einmal auf ihr gesessen und ihr wiederholt «ins Gesicht geschlagen», erinnert sich Andrea Sawatzki im Gespräch mit der Zeitung «Die Zeit». Und weiter: «Mit seinem Ehering hat er mir die Augenbraue aufgeschlagen. Es hat furchtbar geblutet.»

Andrea Sawatzki fesselte ihren Vater an seinen Stuhl

Dass die Nachbarn das alles nicht mitbekommen haben, kann sich die Schauspielerin nicht vorstellen. «Sie hörte sicher meine Schreie.» Auch ihre Mutter sei nicht in der Lage gewesen, sie zu schützen. «Ich wusste, sie möchte nicht wissen, wie die Nächte mit ihm sind», so Sawatzki.

Und weiter: «Als mein Vater körperlich schwächer wurde, konnte ich ihr nicht erzählen, was ich ihm antat. Oder dass ich mir seinen Tod wünschte.»

Und so wehrte sich das Kind selbst. Als der Vater mit fortschreitender Krankheit körperlich schwächer wurde, nutzte sie das aus, fesselte ihn an seinen Stuhl.

Auch das habe sie nie mit ihrer Mutter geteilt. Als sie 15 war, starb der Vater schliesslich. Doch für seine Tochter war das kein Grund zur Trauer. Sie habe ihn gehasst, gibt Andrea Sawatzki gegenüber der «Zeit» zu, sagt aber auch: «Ohne die Krankheit hätte ich ihn sicher genauso sehr lieben können.»

Sawatzki: «Ohne meine Familie hätte ich nicht überlebt»

Das Trauma begleitete die Schauspielerin noch lange. Besiegen konnte sie es mithilfe ihres eigenen Familienglücks:

Mit Schauspielkollege Christian Berkel ist sie seit Ende der 1990er-Jahre zusammen. 2011 heiratete das Paar, gemeinsam haben sie zwei Söhne.

«Ohne meine Familie hätte ich dieses Leben nicht überlebt», ist sich Sawatzki sicher. «Ohne meine Kinder wäre ich nicht imstande gewesen, mich in meine Kindheit zurückzuversetzen und die Geister der Vergangenheit hervorzuholen.»


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