Stefanie Heinzmann«Es gibt zwei Dinge, die mich in der Schweiz immer wieder nerven»
Bruno Bötschi
3.4.2025
«Ich mache professionell Musik, weil ich mega viel Glück in meinem Leben hatte»: Stefanie Heinzmann.
Bild:Nicole Rötheli
Sie gehört zu den grossen Stimmen der Schweiz. Diese Woche tritt Stefanie Heinzmann an der Energy Star Night in Zürich auf. Ein Gespräch über ein Leben auf der Bühne, den ESC und warum Singen glücklich macht.
Stefanie Heinzmann gehört seit 17 Jahren zu den erfolgreichsten Sängerinnen in der Schweiz.
Im Gespräch mit blue News blickt die 36-jährige Musikerin aus dem Kanton Wallis zurück auf die Anfänge ihrer Karriere, spricht über den Eurovision Song Contest, kurz ESC, und verrät, welche Künstler*innen wichtig waren auf ihrem Weg.
«Als junge Frau hatte ich ein niedriges Selbstwertgefühl. Statt nach Aufmerksamkeit zu suchen, wollte ich einfach nur singen», so Heinzmann im Interview mit blue News.
Den Auftritt von Stefanie Heinzmann an der Energy Star Night im Hallenstadion Zürich kannst du am Freitag, 4. April, ab 19 Uhr, live auf blue News schauen, oder ab Samstag, 5. April 2025, ab 18.35 Uhr, als Aufzeichnung auf dem TV-Sender blue Zoom.
Ich mache professionell Musik, weil ich mega viel Glück in meinem Leben hatte. Musik wirkt von innen heraus. Es gibt Menschen, die häkeln gerne und andere malen leidenschaftlich gerne. Und genauso gibt es Menschen, die es lieben, Musik zu machen – so wie ich. Ich habe schon als Kind oft und gerne gesungen. Singen macht mich glücklich.
Deine Erklärung, warum Hits so einen schlechten Ruf haben?
Mir war bisher nicht bewusst, dass Hits einen schlechten Ruf haben. Da, wo ich herkomme, haben sie einen guten Ruf (lacht). Ein Hit ist etwas Wunderschönes, weil er viele Menschen berührt und ihnen etwas auslöst.
Das Faszinierende an einem Hit ist zudem, dass du ihn nicht erzwingen kannst. Du kannst die besten Songschreiber hinzuziehen, aber am Ende braucht es das Momentum – du musst also zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein. Ich glaube, viele Musikschaffende träumen davon, irgendwann einen Hit landen zu können.
Die Energy Star Night lädt einmal mehr mit Stars wie Stefanie Heinzmann, Tom Gregory oder Zoe Wees zur grossen Party ins Hallenstadion Zürich ein. Am Freitag, 4. April 2025, ab 19 Uhr, auf blue News kannst du den Event live und in voller Länge miterleben.
Mit wem möchtest du gerne einmal ein Duett singen – und warum?
Wenn ich einen Namen für eine künftige Duettpartnerin nennen müsste, würde ich Gill Scott nennen. Die US-amerikanische Sängerin ist eine grossartige Künstlerin.
In der Vergangenheit durfte ich bereits mit dem einen oder anderen Musikschaffenden ein Duett aufnehmen – zuletzt nahm ich mit Marc Sway den Song «Roots» auf. Das hat mir viel Freude gemacht.
Am 4. April trittst du bei der Energy Star Night auf. Träumtest du schon als Kind davon, irgendwann im grossen Hallenstadion in Zürich auftreten zu können?
Ich bin im Kanton Wallis aufgewachsen und hatte deshalb als Kind das Hallenstadion nicht wirklich auf meinem Schirm. In jungen Jahren ging ich zudem nicht oft Konzerte – was auch damit zu tun hatte, dass meine Eltern keine Zeit dafür hatten. Denke ich an meine Kindheit zurück, dann erinnere ich mich daran, dass ich immer sehr im Moment gelebt habe und weniger irgendwelchen Träumen hinterhergehangen bin.
Wie war es später als Teenagerin?
Ich habe mich lange Zeit nicht getraut, davon zu träumen, im Hallenstadion aufzutreten, weil ich mir nicht vorstellen konnte, je von der Musik leben zu können. Als junge Frau hatte ich ein niedriges Selbstwertgefühl. Statt nach Aufmerksamkeit zu suchen, wollte ich einfach nur singen.
Welcher typische Schweizer Minderwertigkeitskomplex geht dir total auf die Nerven?
Es sind zwei Dingen, die mich hierzulande immer wieder nerven. Der Neid ist älter als der Föhn, heisst eine Redewendung bei uns im Wallis. Neid ist weitverbreitet – leider auch im Rest der Schweiz. Das finde ich schade, weil Neid nichts bringt, sondern destruktiv ist. Viel schöner ist doch, wenn ich mich vom Erfolg anderer Menschen inspirieren lasse.
Was ist die zweite Sache, die dich in der Schweiz nervt?
Bescheiden zu sein gilt in der Schweiz als Kompliment. Den Spruch «Du willst zu viel» habe ich mir oft anhören müssen. Dabei musste ich in jungen Jahren viel an mir arbeiten, damit auch ich das Resultat meiner Arbeit als Musikerin toll finde.
Es passiert immer wieder, wenn ich von Bühne komme, dass jemand sagt: «Wow, dein Auftritt war toll.» Wenn ich dann antworte «Ja, gell», schaut das Gegenüber oft ganz erschrocken und denkt wahrscheinlich: «Oh, das ist aber gar nicht bescheiden.»
Dabei geht es in diesem Moment doch um etwas anderes. Ich hatte während meinem Auftritt viel Spass und fühle mich unglaublich dankbar und privilegiert, dass ich als Musikerin auf der Bühne stehen darf. Gleichzeitig finde es eben aber auch persönlich toll, was ich gerade vollbracht habe.
«Als junge Frau hatte ich ein niedriges Selbstwertgefühl. Statt nach Aufmerksamkeit zu suchen, wollte ich einfach nur singen»: Stefanie Heinzmann.
Bild:Nicole Rötheli
Wie wichtig ist dir der Applaus des Publikums?
Ich habe das Gefühl, dass wir alle, die auf der Bühne stehen, dies unter anderem auch deshalb tun, weil uns der Applaus wichtig ist. Mit 18 setze ich mich allerdings deswegen noch deutlich mehr unter Druck. Ich war damals wirklich darauf angewiesen, dass die Leute geklatscht haben und ich so eine Bestätigung von aussen bekommen habe.
Mittlerweile ist es so, dass ich es einfach liebe Konzerte zu geben und so mit vielen Menschen einen schönen Abend verbringen kann. Natürlich geniesse ich auch weiterhin, wenn ich Applaus bekomme. Gleichzeitig macht es mich aber heute weniger fertig, wenn der Applaus einmal etwas geringer ausfällt.
Auf deinem beruflichen Weg begleiteten dich viele Menschen. Von welchen Musiker*innen hast du am meisten gelernt – und wieso?
Zu diesen Menschen gehören sich die Mitglieder meiner Band. Ganz wichtig für meine Karriere ist zudem meine Gesangslehrerin Pamela Falcon, die selber auch Sängerin ist.
Viel gelernt habe ich von Rapper Stress, der mir seit Jahren ein guter Wegweiser und Leitfaden ist. Immer wieder wichtige Stützen im Verlaufe meiner bisherigen Karriere als Musikerin waren zudem Francine Jordi und Marc Sway.
Von Joya Marleen über Naomi Lareine bis Priya Ragu erobern aktuell viele Schweizer Musikerinnen die Hitparaden. Wie kommt’s?
Die Antwort ist einfach: Weil sie toll sind. Jesses Gott, Joya Marleen, Naomi Lareine und Priya Ragu sind drei grossartige Beispiele von unglaublich talentierten Frauen. Ich liebe es total, dass heute so viele junge Frauen hierzulande den Mut haben, sich so zu zeigen, wie sie es wollen, und ihr Ding durchzuziehen.
Gleichzeitig finde ich es cool, dass die Schweizer Musikbranche diese wunderbaren Sängerinnen auch pusht und die Radiostationen hierzulande das Bewusstsein haben, deren Musik immer öfters zu spielen. Das ist einfach fett und eine wirklich grossartige Entwicklung.
Macht die Musik die Welt besser?
Ja, definitiv. Musik ist ein wichtiges Ventil für uns Menschen – also einerseits, um Musik zu machen, aber andererseits auch, um sie zu konsumieren. Musik ist Leben, Musik ist verstehen werden, Musik ist Heilung. Und deshalb: Musik macht die Welt auf jeden Fall besser.
«Ich habe das Gefühl, dass wir alle, die auf der Bühne stehen, dies unter anderem auch deshalb tun, weil uns der Applaus wichtig ist»: Stefanie Heinzmann.
Bild:Nicole Rötheli
Fürchtest du dich vor dem Tag, an dem niemand mehr deine Musik kaufen will?
Ja … also … natürlich hoffe ich, dass ich noch möglichst lange professionell Musik machen darf. Musik ist meine grosse Leidenschaft. Ich liebe das Leben als Sängerin, auch weil ich glaube, dass mein Wesen dafür gemacht ist. Ich liebe es Konzerte zu geben. Ich bin gerne unterwegs. Und ich liebe die unregelmässige Arbeitszeiten.
Gleichzeitig weiss ich nicht, was das Leben noch alles bringen wird. Ich bin da auf jeden Fall sehr offen, sage aber trotzdem: Ich mache den Job als Sängerin nach wie vor mit Leib und Seele und denke, dass ich das problemlos bis zu meinem Rentenalter durchziehen könnte (lacht).
Im Januar 2008 wurdest du Siegerin des Musikcasting «SSDSDSSWEMUGABRTLAD» in der Sendung «TV Total» von Stefan Raab. Denkst du manchmal darüber nach, was gewesen wäre, wenn du nicht gewonnen hättest?
Darüber denke ich immer wieder einmal nach, allerdings nicht lange, weil ich keine Antwort auf diese Frage habe. Mir ist klar, dass alles, was ich heute beruflich mache, ohne diesen Sieg nicht so gekommen wäre. Und mir ist bewusst, dass ich durch die Teilnahme bei «SSDSDSSWEMUGABRTLAD» heute die Möglichkeit habe, professionell als Sängerin auf der Bühne stehen.
Ein Umstand, der mich demütig macht. Es macht mich aber auch immer wieder aufs Neue glücklich, dass ich diese Chance gepackt habe. Schön wäre zudem, wenn ich damit auch anderen Menschen Mut machen könnte – also auch einmal etwas zu wagen, vor dem sie Respekt oder sogar Angst haben.
Hmm … heute würde ich diese Frage mit Nein beantworten. Ich stehe jetzt seit 17 Jahren, also fast die Hälfte meines Lebens, professionell als Sängerin auf der Bühne. Der Job hat mein Leben massgeblich definiert. Deshalb weiss ich nicht, ob ich es schaffen würde, mich diesem Wettbewerb nochmals zu stellen. Ich glaube, mich würde das zu stark verunsichern. Heute habe ich auf jeden Fall absolut kein Bedürfnis, am ESC teilzunehmen. Gleichzeitig sage ich aber auch: Sag niemals nie.
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