«Mir fehlt das Herz»Nicole kritisiert Fliessband-Abfertigung der ESC-Veranstalter
Bruno Bötschi
9.5.2025
Die deutsche Sängerin Nicole weiss, wie es sich anfühlt, den Eurovision Song Contest zu gewinnen. Sie entschied den Musikwettbewerb im Jahr 1982 für sich.
Bild:Jan Woitas/dpa
Ab nächster Woche wird in Basel bei der 69. Ausgabe des Eurovision Song Contest wieder um die Grand-Prix-Krone gekämpft. Nicole gewann den Wettbewerb 1982: Heute sieht sie die Musikveranstaltung kritisch.
Am 24. April 1982 holte die damals erst 17-jährige Sängerin für Deutschland den ESC-Titel.
Heute sieht Nicole den Musikwettbewerb deutlich kritischer: «Wir waren 1982 18 Länder, jetzt sind es 28, wovon diese ja schon aus 56 ausgesiebt wurden. Und es geht nur noch zu wie am Fliessband.»
Am 24. April 1982 gewann die damals erst 17-jährige Nicole im englischen Harrogate als erste deutsche Vertreterin den Eurovision Song Contest (ESC). Nur mit ihrer Gitarre und ihrer Stimme siegte sie mit ihrem mehr denn je aktuellen Lied: «Ein bisschen Frieden».
Seitdem hat sich bei dem europäischen Musikwettbewerb viel ge- und verändert.
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Vom alten Flair des ESC, der in 1980er Jahren Grand Prix Eurovision de la Chanson hiess, ist laut Nicole nicht mehr viel übrig geblieben – auch wenn sie den Wettbewerb natürlich bis heute mitverfolgt:
«Wenn ich zu Hause bin, dann schaue ich den ESC natürlich. Einmal infiziert, immer infiziert.»
Kritisch sieht sie aber vor allem die Anzahl der teilnehmenden Länder: «Es sind ja auch immer mehr. Wir waren 1982 18 Länder, jetzt sind es 28, wovon diese ja schon aus 56 ausgesiebt wurden. Und es geht nur noch zu wie am Fliessband». Die einzelnen Teilnehmer würden daher viel zu kurz kommen.
Auch die Fernsehkommentator*innen hätten heute «keine Zeit mehr, auf den Interpreten oder die Interpretin einzugehen», so die 60-Jährige.
Und weiter: «Es geht nur noch darum, wie der Interpret heisst und was er gerade irgendwo macht oder wie er bekannt wurde ... und ob er schonmal einen Hit hatte oder nicht. Nach zehn Sekunden geht es dann schon los.»
Der Lieder-Wettbewerb wurde zur Show-Veranstaltung
Im Vordergrund der Veranstaltung stünden heute weniger die Teilnehmenden, so Nicole, als vielmehr die Show:
«Dazu hat heutzutage jeder ein anderes Bühnenbild. Der eine hat eine fahrbare Treppe, der andere hat ein Kleid, welches mit hochfährt ... Dabei denke ich, dass das ein Lieder-Wettbewerb ist und kein Show-Wettbewerb.»
Früher sei das anders gewesen: «Unsere Bühne war für alle gleich. Es gab keinen Vorteil».
Auch daran, dass der Entertainer Stefan Raab für Deutschland in Casting-Shows den ESC-Teilnehmenden aussucht, hat Nicole etwas auszusetzen: «Er hat ja damals bewiesen, dass er ein gutes Näschen hatte – mit Lena. Er kennt sich auch sehr, sehr gut mit Social Media aus und das ist ein Riesenvorteil.»
Aber: «Es ist einfach nicht mehr fair den Anderen gegenüber, die sich nicht damit auskennen. Es ist ein unlauterer Wettbewerb geworden».
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