Comedian Oliver Polak «Die Schweizer mögen harten Humor, je härter, desto besser»

Von Carlotta Henggeler

11.10.2022

In der Pandemie eröffnete Comedian Oliver Polak ein Tinderprofil. Seine Liebesabenteuer stehen in seinem neuen Roman «L'amour numérique» im Fokus. Ein Gespräch über skurriles Onlinedating, seinen Hund Arthur und falsche Klischees über Schweizer*innen.

Von Carlotta Henggeler

Oliver Polak und Arthur sind auf dem Weg zum Tierarzt. Polaks Schnauz-Terrier-Gefährte ist auch auf seinem Tinderprofil zu sehen. In der Pandemie-Zeit hat der deutsche Grimmepreisträger einen Account eröffnet. Aus diesen Erfahrungen ist später das Buch über Onlinedating und andere Liebesthemen «L'amour numérique – und täglich grüsst die Liebesgier» entstanden (Veröffentlichung 10.10.2022).

Herr Polak, wie stellen Sie sich auf ihrem Tinderprofil vor? Als Oliver, 46, aus Berlin? Sie sind ja ein bekannter Entertainer.

Oliver Polak: Ich habe ein bis zwei Fotos hochgeladen, auf einem bin ich nur halb zu sehen und mit Hund – und auf dem anderen ist nur Arthur drauf. Ich habe da keine Interessen hinzugefügt und mein Nachname wird gar nicht angezeigt. Es ist sehr simplifiziert. Was die Technik angeht, bin ich sehr unbegabt.

Was war dort Ihr erster Eindruck?

Man wird mit Bildern und Eindrücken regelrecht bombardiert. Das ist ähnlich wie in der Welt, in der wir leben. Da herrscht eine Wegwerfmentalität. Es ist ein Selektieren, es fühlt sich an wie ein Tetris-Spiel, habe ich einen Match oder keinen? Tinder regt viele Mechanismen an, den Spieltrieb, eine Form der Sexualität, am Ende ist es schon der Gegenentwurf der Romantik. Und beim Onlinedating, hinter dem Computer, kannst du alles sein.

Zur Person

Oliver Polak wurde 1976 in Papenburg, im Emsland DE, geboren. Seine Laufbahn begann mit einem Praktikum bei Stefan Raab. Für die ARD-Reihe «Das Lachen der Anderen» wurde er 2017 mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet, für das Pro7-Format «Applaus und raus» erhielt er 2017 den Grimmepreis. Er ist Bestseller-Autor: «Gegen Judenhass» (Suhrkamp),«Der jüdische Patient"» und «Ich darf das, ich bin Jude» (Kiepenheuer und Witsch). Er schreibt zudem Kolumnen für grosse deutsche Zeitungen und ist auch Podcaster. Er lebt mit Hund Arthur in Berlin.

Stimmt, man kann sich jünger, grösser, dünner, generell schöner flunkern. Was kann man gegen diese Anonymisierung und Geflunkere im Web unternehmen?

Möglichst schnell abmachen. Es ist schon etwas anderes, wenn jemand vor dir sitzt, man ihn sieht, spürt und riecht.

Wann ist die Idee zum Buch entstanden?

Das war keine konkrete Idee. Ich habe viel Zeit in Paris verbracht, dort viele Sachen erlebt und mich sehr in die Stadt verliebt. Ja, das ist jetzt nicht besonders originell (lacht). Dann habe ich im Café de Flore den Laptop aufgeklappt und angefangen zu schreiben. Es ist kein reines Tinder-Buch, es geht um Begegnungen, die teilweise im echten Leben stattfinden, aber teilweise auch über Tinder arrangiert wurden.

Ihr skurrilstes Date?

Es gibt eine Geschichte, die in Brasilien stattfindet, wo ich länger mit einer Person geschrieben habe, die ich dann auch treffe. Alles ist so, wie ich es mir nicht vorgestellt hatte. Es ist in einem Desaster geendet. Man nimmt das so hin, weil es nur noch «awkward» ist und das noch «awkwarder» ist, wenn du dafür um die halbe Welt geflogen bist.

Ihr Fazit nach dem Daten?

Ich bin ein ungeeigneter Pick-up-Artist. Dieses Flirten, ich gebe den Zuständen keine Begrifflichkeiten; entweder passt das oder nicht. Ich lebe gerne in der Realität.



Bald stellen Sie Ihr neues Buch «L'amour numérique» in Zürich in einer Show vor. Wir Schweizer reden bekanntlich einen Ticken langsamer als ihr Deutschen. Passen Sie Ihr Programm an?

Nein, überhaupt nicht. Ich sage das nicht, weil ich Sie manipulieren will, das ist einfach so. Es ist ein super Publikum, das immer offen ist, je härter der Humor, desto besser. Ich mag die Schweiz sehr gerne.

Was mögen Sie genau an der Schweiz?

Ich habe mit Joel Basman die Fernsehserie «KaDeWe» gedreht und wir haben uns da angefreundet. Er ist wie ein jüngerer Bruder, den ich nie hatte. In Zürich liebe ich das Kindli-Hotel. Das ist einer der schönsten Orte, die ich kenne. Nirgends fühle ich mich so wohl – vor allem auch mein Hund. Es ist schon abgesprochen: Wenn mein Hund stirbt, dann wird ein Bild und die Urne im Hotel aufgebaut.

Sie sind mit Satiriker und Buchautor Micky Beisenherz befreundet. Er ist beim «Dschungelcamp» jedes Jahr dabei. Wäre das auch was für Sie?

Um die Gags zu schreiben oder um ins Camp zu gehen?

Beides.

Das Dschungelcamp ist nichts für mich, ich bin ein Hauch Angsthase. Ich ekle mich vor diesen Tieren und das Essen ist ein No-Go. Formate wie «Let’s Dance» oder «Masked Singer» die wären so meins. Ich liebe tanzen, singen und mich zu verkleiden. Das wäre perfekt für mich.

Hund Arthur litt übrigens an einer Magenverstimmung, es geht ihm nach dem Besuch beim Tierarzt wieder gut.

Oliver Polak ist am 31. Oktober im Zürcher Kaufleuten mit seinem neusten Buchwerk «L'amour numérique - Und täglich grüsst die Liebesgier. Ein Episodenroman» (Suhrkamp Verlag) auf Lesetour.