Neuer Film «Air» Der wertvollste Spieler ist gar nie zu sehen, aber stets präsent

Von Marlène von Arx, Los Angeles

6.4.2023

Michael Jordan gilt als GOAT unter den Basketballspielern. Sein Deal mit Nike revolutionierte die Lizenzverträge für Athleten weltweit, wie der Film «Air» von Ben Affleck und Matt Damon amüsant aufzeigt.

Von Marlène von Arx, Los Angeles

Eine Sportwelt ohne Nike und Basketball ohne Air Jordans kann man sich heute kaum mehr vorstellen. Das war nicht immer so.

Anfang der 80er Jahre war Converse mit Abstand der Marktführer bei den Turnschuhen, die Basketballstars und Rapper trugen Adidas. Nike war weit hinter beiden positioniert. Als der vielversprechende College-Basketballspieler Michael Jordan 1984 in die NBA aufstieg, brach Nike die Konventionen der Ausrüster-Verträge: Es wurde nicht nur ein Schuh extra für den Rookie entworfen, sondern er bekam auch als Erster eine Beteiligung an allem, was mit seinem Namen verkauft wurde.

Bereits im ersten Jahr übertraf Nike sämtliche Erwartungen und setzte mit den Air-Jordan-Schuhen 162 Millionen Dollar um. Letztes Jahr brachte die Marke Jordan 5,1 Milliarden Dollar ein, was bei einer angeblichen Beteiligung von 5 Prozent für Jordan 256 Millionen Dollar ausmacht – und das 20 Jahre nach Ende seiner Karriere als Aktiv-Sportler.

«Michael kommt in der Story nicht vor»

Der Wendepunkt zugunsten der Athleten war ein filmreifer Stoff, fand Drehbuchautor Alex Convery. Würde der inzwischen 60-jährige Michael Jordan jedoch einem Film über seinen Sportschuh-Deal seinen Segen geben?

«Air»-Regisseur Ben Affleck wollte es genau wissen: «Ich bin ein grosser Fan und habe ihn auch schon ein paar Mal getroffen, aber es ist nicht so, dass wir dicke Freunde sind», erklärt er bei einem virtuellen Presse-Event vergangene Woche.

«Michael kommt zwar in unserer Story nicht direkt vor, aber ich wollte sicher keinen Film machen, mit dem er nicht einverstanden war. Wir hatten die Rechte an seiner Lebensgeschichte nicht und konnten auch nicht jedes einzelne Telefongespräch historisch korrekt wiedergeben. Es sollte eher eine inspirierende Geschichte sein. Hätte er Bedenken gehabt, wäre das Thema für mich erledigt gewesen. Und ehrlich gesagt: Ich war vorbereitet darauf.»

«His Airness» und seine drei Wünsche

Michael Jordan sperrte sich jedoch nicht gegen den Film. Drei Dinge waren ihm allerdings wichtig: Dass man die Bedeutung von Howard White, Nikes Architekt der Marke Jordan, und von George Raveling, Assistenz-Coach des Olympia-Teams 1984, unterstreichen würde und dass Viola Davis seine Mutter spielt. Deloris Jordan schickte ihren damals kaum 20-jährigen Sohn zur Nike-Präsentation nach Oregon. Er hätte sie sausen lassen und seine Schuh-Rechte lebenslänglich einfach an jene Firma abgetreten, die ihm einen roten Mercedes versprach.

«Michael ist ein mächtiger, einschüchternder Mann – sowas ähnliches wie ein Gott auf dem Olymp», schildert Affleck sein Treffen mit «His Airness». «Es hat mich daher überrascht – zu meiner Schande, muss ich im Nachhinein gestehen – wie ehrfürchtig, respektvoll, bewundernd und liebevoll er über seine Mutter sprach. Da realisierte ich, dass unsere Geschichte eigentlich jene von Deloris Jordan ist, was sie Michael bedeutet und wie sie die Rolle der Mütter vieler Athleten oder Showbiz-Leuten, die oft sehr jung zu Ruhm und Geld kommen, repräsentiert.»

Ohne Viola Davis also keinen Film. «So haben wir uns überlegt, wie wir die Rolle von Deloris erweitern können, um sie für Viola Davis schmackhaft zu machen», erläutert Produzent und Hauptdarsteller Matt Damon, der Nikes Marketing Executive und Basketball-Talent-Scout Sonny Vaccaro verkörpert.

Die mit dem Oscar gekrönte Schauspielerin war zugleich geschmeichelt und herausgefordert: «Deloris Jordan wirkt in den Videos sehr ruhig und ausgeglichen – was kein einfacher Gemütszustand ist für mich, ich bin eher der explosive Typ.»

Das Vertrauen in Damon und Affleck und die familiäre Atmosphäre – ihr Ehemann Julius Tennon spielt Deloris' Ehemann James Jordan – half ihr jedoch: «Oft kann man den Leuten auf Filmsets nicht vertrauen, denn viele haben keine Ahnung von ihrem Job», gibt Davis am Presse-Event erstaunlich offen zu Protokoll. «Aber ich habe Ben vertraut, seinem Prozess, seiner Wahl an Schauspielern, die hoffentlich liefern. Und es war eine Freude. Julius und ich reden heute noch darüber, was für eine gute Erfahrung es war.»

Gage fürs Talent, nicht fürs Ego

Und wer liefert, soll auch finanziell belohnt werden. So wie der Nike-Deal die Wertschätzung der Athleten neu definierte, wollen Ben Affleck und Matt Damon mit ihrem neuen Filmstudio Artists Equity das Bezahl-Modell im Filmschaffen umkrempeln: «Künstler und Künstlerinnen, die hinter der Kamera arbeiten, sowie Performer, die viel beitragen, aber nicht adäquat kompensiert werden, beeinflussen die Qualität und Kosten eines Films enorm», erklärt Affleck.

«Wir wollen mehr Geld für bessere und talentiertere Leute ausgeben und dafür Geld-Verschwendung und alles Unnötige, was mit Ego zu tun hat, eliminieren. So werden wir hoffentlich als Firma bekannt, die originelle und interessante Filme macht, die den Leuten gefallen.»

Egos und Geld-Verschwendung haben sich über viele Jahrzehnte in Hollywood etabliert und werden nicht einfach einzudämmen sein. Das sind sich Affleck und Damon auch bewusst. «Wir versuchen etwas Ähnliches wie im Film und, wie Deloris, habe ich schon zu hören bekommen, dass das Business nicht so funktioniert», sagt Affleck mit einem Schmunzeln.

«Ich will sicher nicht behaupten, dass wir in der gleichen Liga spielen wie der Jordan-Deal, der Hunderte Milliarden von Dollar in die Taschen von Athleten spülte. Aber Artists Equity ist ein Schritt in diese Richtung.»

«Air» läuft ab 6. April in allen blue Cinema Kinos.


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