Interview Bill Skarsgard: «Ich war immer neidisch auf normale Familien»

Von Marlène von Arx

5.9.2019

Der schreckliche Clown ist zurück. Bill Skarsgard schlüpft für das Horror-Sequel «It: Chapter Two» erneut in die Rolle von Pennywise. Im «Bluewin»-Interview spricht er über die Vor- und Nachteile einer Schauspieler-Dynastie.

Bill ist der drittälteste Sohn von Stellan Skarsgard. Auch seine beiden älteren Brüder, Alexander und Gustaf, folgten dem berühmten Vater in die darstellende Kunst. Fast alle Mitglieder der Dynastie arbeiten in Hollywood als Schauspieler. Welche Erwartungen sein Vater hatte und woran Bill ursprünglich interessiert war, erzählt er im Interview.

Bill Skarsgard, Sie sagten nach dem ersten «It»-Film, dass Sie sich bei den Dreharbeiten recht isoliert und einsam vorkamen. Hat sich das bei der Fortsetzung und mit den neuen, erwachsenen Co-Stars geändert?

Ein wenig. Aber es liegt wohl an der Rolle, dass ich mir etwas einsam und isoliert vorkomme. Sie ist sehr anspruchsvoll. Dazu verbrachte ich jeden Morgen zweieinhalb Stunden in der Maske. Den meisten Kontakt hatte ich zum Pennywise-Team: Die Maskenbildner, die mir den Silikon-Kopf verpassen, die Kostüm-Chefin und der zuständigen Person für die Kontaktlinsen.

Hatten Sie je selber eine traumatische Erfahrung mit einem Clown?

Nein, aber einer meiner besten Freunde sah «It» mit Tim Curry als er fünf Jahre alt war und hatte seither den Horror vor Clowns. An seinem Polterabend verkleideten wir uns deshalb alle als Clowns. Kurze Zeit später bekam ich die Pennywise-Rolle. So schloss sich der Kreis: Ich nahm ihn zur Premiere mit. Jetzt ist er therapiert. [lacht]

Was hat Ihnen als Kind Angst gemacht, wenn nicht Clowns?

Ich war noch ganz klein, als ich einmal zu meinem Bruder Alexander ins Zimmer schlich, der gerade «Jurassic Park» schaute. Dann kam mein Vater rein und schimpfte ziemlich heftig mit ihm: ‹Was zeigst Du ihm denn da?!› Ich weiss noch, dass mir beim Einschlafen ein T-Rex vor dem Schlafzimmerfenster erschien.

Sind Sie selber ein Horror-Fan?

Nein, eigentlich nicht. Aber meine kleine Schwester ist ein grosser Horror-Fan. Wir sind nur eineinhalb Jahre auseinander, aber schon als Teenager war sie begeistert von Horror-Filmen und ging jeden im Kino schauen, während mir eher mulmig dabei war. Sie findet «It» super und kann die Lippen zum Lachen formen wie Pennywise. Leider verpasst sie die Premiere in Stockholm. Sie hat gerade geheiratet und ist in den Flitterwochen.

Sie kommen aus einer grossen Schauspielerfamilie. Ihr Vater ist Stellan Skarsgård («Mamma Mia»), Ihre Brüder Alexander («True Blood», «Big Little Lies») und Gustaf («Vikings») sind international bekannt. Wie animiert muss man sich Familientreffen bei Ihnen zu Hause vorstellen?

Viele glauben irrtümlich, dass Schauspieler immer performen und im Mittelpunkt stehen wollen, aber das ist nicht so. Es gibt auch schüchterne Schauspieler. Meine Familie ist zwar sicher nicht schüchtern, aber wir haben nicht dauernd etwas vorzutragen. Es wird zwar recht laut – vor allem wenn wir über Politik und den Stand der Dinge in der Welt reden. Über unsere Jobs reden wir eigentlich selten und wenn, dann nicht mehr als: ‹Heute war ein schwieriger Tag, weil das und das los war.›

Aber wenn Sie ein Hollywood-Problem haben: Wen rufen Sie da an? Ihren Vater oder einen Ihrer Brüder?

Hallo Hollywood-Dad! [lacht] Ich rufe gar niemanden an. Ich habe allgemein Mühe, Leute um Rat zu fragen. Da bin ich so starrköpfig, dass es schon fast ein Nachteil ist.

War es immer klar, dass Sie auch Schauspieler werden würden oder hatten Sie auch andere Interessen?

Ich habe mit neun Jahren mit der Schauspielerei angefangen und sie hat mir immer gefallen, aber als Teenager sucht man ja seine eigene Identität. Ich stamme aus einer grossen, etablierten Schauspielerfamilie in einem kleinen Land und da ist es nicht gerade ein rebellischer Einfall, Schauspieler zu werden. Ich wollte weder meine zwei älteren Brüder noch mein Vater sein. Das ist ja normal. In der Schule belegte ich Naturwissenschaften als Schwerpunkt. Mich interessierte vor allem, woher wir kommen, die menschliche Evolution. Heute ist das ein bisschen mein Hobby. Denn ich wusste auch, dass ich etwas Kreatives machen musste. Ich kann nicht den ganzen Tag ruhig sitzen.

Also haben Sie doch das Familienhandwerk ergriffen. Wie haben Sie den Erwartungsdruck erlebt?

Ich war oft neidisch auf Kollegen aus kleinen Käffern und normalen Familien, die einfach in die Welt zogen, um ihre exzentrische Idee zu verfolgen, Schauspieler zu werden. Ihre Geschichte gehörte ganz alleine ihnen. Bei mir war diese Idee weder exzentrisch noch mutig – und auch nicht originell. Das tönt jetzt etwas doof, wenn ich das sage, denn ich habe ja viel von meiner Familie profitiert, aber ich hatte das Gefühl, dass ich mich besonders beweisen musste. Inzwischen habe ich aber diese Unsicherheiten überwunden. Ich wollte auch nie meinen Namen ändern, denn ich mag nicht nur ihn sehr gerne, sondern auch die ganze Familie.

Und jetzt sind Sie selber Vater. Hat das Ihre Perspektive verändert?

Darüber möchte ich nicht sprechen, aber ja klar ist es eine augenöffnende Erfahrung. Ich habe vier jüngere Geschwister. Zwei sind erst sieben und zehn Jahre alt. Ich war immer von Kindern umgeben, aber die eigenen sind natürlich etwas anderes.

Zurück zu «It»: Pennywise machte Sie zum Star. Wie nutzen Sie nun die Gunst der Stunde?

Ich möchte so gut wie möglich Kontrolle über meine Karriere gewinnen und mit einer Produktionsfirma meine eigenen Projekte entwickeln. Schauspieler haben ja eigentlich einen ziemlich passiven Job: Sie warten auf Anrufe und dass sich irgendwelche Projekte materialisieren. Berühmt zu sein und Erfolg zu haben, ist sinnlos, wenn man nicht versucht, diese Situation produktiv zu nutzen.

«It Ends» heisst es im Untertitel zur «It: Chapter Two». Aber Hand aufs Herz: Eine erfolgreiche Horror-Reihe endet doch nicht schon nach zwei Filmen …

Das Ziel war, zwei Filme zu machen, die dann das ganze Buch von Stephen King abdecken. Also die Geschichte mit den Kids und wenn diese erwachsen sind. Ein weiterer Film müsste schon etwas ganz Neues sein. Die Kids nochmals zu plagen, wenn sie 70 sind, würde mich nicht interessieren. Es geistern ein paar coole Ideen für ein Prequel herum, aber für den Moment gilt: That’s it mit «It».

Ab heute in den Kinos zu sehen.

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