Filmkritik «Bohemian Rhapsody» – Ein Denkmal für Freddie Mercury

dpa

26.10.2018

Als Frontmann von Queen wurde Freddie Mercury zur Ikone, der Regisseur Bryan Singer mit «Bohemian Rhapsody» jetzt ein filmisches Denkmal setzt. In seine Rolle schlüpft der bislang nahezu unbekannte Rami Malek. Und der macht seine Sache prima.

Die Dreharbeiten zu «Bohemian Rhapsody» standen unter keinem guten Stern. Erst sprang der ursprünglich für die Hauptrolle des Freddie Mercury vorgesehene «Borat»-Star Sacha Baron Cohen aufgrund kreativer Differenzen mit Regisseur Bryan Singer («X-Men: Apocalypse») ab. Anschliessend musste dieser selbst 16 Tage vor Drehschluss das Projekt verlassen. Den Staffelstab übergab er an Dexter Fletcher, der mit seinem Film «Eddie the Eagle» über den Skispringer Eddie Edwards bereits einer berühmten Persönlichkeit ein filmisches Denkmal gesetzt hatte. Er ist es auch, der gerade erst das Elton-John-Biopic «Rocketman» fertiggestellt hat.

Starke Leistung des Hauptdarstellers

So viel sei dem Folgenden vorweggenommen: Dem fertigen Film sind diese Produktionsschwierigkeiten nicht anzumerken. Und der bislang vor allem einem Serienpublikum bekannte Schauspieler Rami Malek («Mr. Robot»), der als Ersatz für Cohen in die Bresche sprang, ist keine notgedrungene Zweitwahl, sondern erweist sich als eine von diversen Entscheidungen, die nicht besser hätten getroffen werden können.

Der 37-jährige Kalifornier lässt Freddie Mercury auf der Leinwand wieder zum Leben erwachen. Er hat sich dessen Art, die Gestik und Mimik, den traurigen Blick zu eigen gemacht. Und er verströmt auf der Bühne die gleiche unbändige Energie wie der Queen-Frontmann zu seinen besten Zeiten. Angesichts dessen würde es an einen Skandal grenzen, sollte Malek nicht für einen Oscar nominiert werden. Um ihn herum ergiesst sich während der 135 Minuten von «Bohemian Rhapsody» ein grossgedachtes Porträt über den legendären Musiker, seine Band und über das, was die Musik von Queen bis heute so besonders macht.

Darum geht's

Eines Abends im Jahr 1970 lernt Freddie Mercury (Malek) die Musiker Brian May (Gwilym Lee), Roger Taylor (Ben Hardy) und John Deacon (Joseph Mazzello) kennen. Sie suchen einen Leadsänger – und mit seiner atemberaubenden Stimme ist es für Freddie ein Leichtes, sie von sich zu überzeugen. Die Band Queen, die später zu einer der legendärsten Rockbands aller Zeiten werden wird, ist geboren. Gemeinsam schreiben die Jungs Songs wie «Killer Queen», «Bohemian Rhapsody», «We Are The Champions» und «We Will Rock You». Ihre Auftritte rund um den Erdball werden bejubelt und die Presse feiert Queen nach anfänglicher Skepsis als ein musikalisches Phänomen.

Doch hinter der Fassade des Leadsängers Freddie Mercury macht sich langsam eine emotionale Zerrissenheit bemerkbar. Nicht nur mit seiner für ihn lange Zeit nicht definierbaren Sexualität muss er sich arrangieren. Immer häufiger scheint sein Umfeld etwas Anderes zu wollen, als er selbst.

Unter einem Biopic versteht man in der Regel ein sich an Fakten orientierendes, filmisches Porträt einer berühmten Persönlichkeit. «Bohemian Rhapsody» ist das nicht – und sollte laut Queens Leadgitarrist Brian May auch gar nicht so werden. Zwar geht es auch um Freddie Mercury als Charakter mit emotionalen Schwächen, um seinen Werdegang vom gefeierten Leadsänger zum gescheiterten Solo-Künstler und natürlich vor allem um seine Zeit bei Queen. Doch damit sowohl der emotionale, als auch der musikalische Part optimal zueinander finden, orientierte sich Drehbuchautor Anthony McCarten nur an vereinzelten, dafür sehr prägnanten Stationen aus Mercurys Leben.

Nicht ganz wahrheitsgetreu, aber ein Genuss

Da wird zu Gunsten erzählerischer Übergänge auch schon mal ein wenig geschummelt, etwa was die Erfindungen einzelner Songs angeht. Und wenn am Ende des Films behauptet wird, dass Queen vor dem Live-Aid-Konzert nur wenige Stunden Probezeit zusammen hatten, dann dient das in erster Linie der Dramaturgie, denn in Wirklichkeit hatten alle Mitglieder zuvor schon wieder mehrere Monate miteinander musiziert.

Puristen könnten sich daran stören – den Film macht es allerdings nicht schlechter. Im Gegenteil: Gerade für Queen-Liebhaber ist «Bohemian Rhapsody» ein Genuss, was neben der spektakulären Darstellung Mercurys durch Rami Malek und die detailgetreue Inszenierung diverser (Live-)Auftritte vor allem an der Musik liegt, von der es eine ganze Menge zu hören gibt. Nicht nur der Schauspieler selbst sang am Set live und wurde erst in der Postproduktion von einem Profi nachsynchronisiert. Es wurden für die Szenen im Tonstudio auch unzählige Originalprobeaufnahmen der Band verwendet. Und in den letzten zwanzig Minuten wird wohl jeder im Publikum eine Gänsehaut bekommen.

«Bohemian Rhapsody» läuft ab Mittwoch, 31. Oktober, in unseren Kinos.

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