Filmdiva Brigitte Bardot wird 85: Ein Leben voller Extreme

dpa/che

28.9.2019

Filmikone, Sexsymbol, militante Tierschützerin, Sympathisantin der Rechten und Verfechterin der «Gelbwesten»-Bewegung. Brigitte Bardot sorgt seit Jahrzehnten für Schlagzeilen. Nun wird die streitbare BB 85.

Mehr als 45 Bücher: Über Brigitte Bardot wurde so viel geschrieben wie kaum über einen anderen französischen Star. Mittlerweile ist die Liste der Biografien über das Sexsymbol der 60er-Jahre fast ebenso lang wie die der Filme. Allein seit Anfang des Jahres sind vier Titel über die Leinwandikone erschienen. Einer davon heisst «Das Rätsel Brigitte Bardot». Zurecht.

Kaum eine andere Filmlegende wirft so viele Fragen auf wie Bardot, die heute Samstag 85 Jahre alt wird. Denn ihr Leben ist eine Geschichte voller Extreme. Auf dem Höhepunkt ihres Ruhms hat die einst blonde Schönheit nach über 45 Filmen und 80 Liedern ihre Karriere abgebrochen. Die Begründung: In dieser Zeit sei ihr Leben sinnlos und oberflächlich gewesen, wie sie in ihrer im Jahr 2018 veröffentlichten Biografie «Tränen des Kampfes» schrieb. Die Zeit sei grauenerregend gewesen, erinnerte sich Bardot. Ein Martyrium.

Ihre Auftritte hatten zu Hysterie und Massenaufläufen geführt. Denn BB, wie die 1934 geborene Französin aus erzkonservativem Pariser Elternhaus auch genannt wird, gehörte damals zu den schönsten, begehrtesten und erotischsten Filmstars.

Nur 95 Minuten hatten gereicht, um 1956 aus ihr einen Weltstar zu machen. In dem Film «Und immer lockt das Weib» spielt sie eine laszive junge Frau, die nach Abenteuern mit Männern sucht.

In dem Drama räkelt sie sich im Evakostüm im Sand von St. Tropez. In einem Frankreich, in dem schon barfüssig zu tanzen ein mittlerer Skandal war, brach die verführerische Schmollmund-Blondine alle Tabus. Sie schockierte eine ganze Nation. Als Hure und Schlampe wurde sie vom braven Bürgertum beschimpft.

«Die Wahrheit», «Die Verachtung» und «Viva Maria»: Filme, mit denen BB nicht nur in die Geschichte des Kinos eingegangen ist. Sie schuf ein neues Frauenbild, das sexy und selbstbewusst sein durfte. Aus ihren Affären machte sie kein Geheimnis. Während ihr Ehemann Roger Vadim mit ihr «Und immer lockt das Weib» drehte, begann sie mit Filmpartner Jean-Louis Trintignant eine Beziehung. Sie war viermal verheiratet und hat einen Sohn, dessen Erziehung sie weitgehend dem Vater, Schauspieler Jacques Charrier, überliess.

Aus dem Rampenlicht

Von einem Extrem ins andere fiel sie 1973 mit ihrer Entscheidung, sich vor dem Rummel und den Beschimpfungen in ihre Villa «La Madrague» in St. Tropez zu flüchten und sich dort zurückzuziehen. Damals war Bardot noch keine vierzig. Ihr Abschied war radikal und endgültig.

Mit derselben Kompromisslosigkeit, die ihre Karriere prägte, widmete sie sich dem Kampf gegen Robbenjagd, Tierversuche und grausame Schlachtmethoden. Sie verkaufte einen Teil ihres Hab und Guts und gründete 1986 die Tierschutzorganisation Fondation Brigitte Bardot mit Sitz in Paris und rund 40 Mitarbeitern.

Seit über 40 Jahren lebt BB zurückgezogen in ihrem Haus am Strand von St. Tropez zusammen mit ihren Vierbeinern, die sie aus Tierheimen und Zirkussen holt. Dass ihr Leben für und mit den Tieren auf viel Häme und Sarkasmus stösst, stört sie wenig. Sie weiss um ihr Bild in der Öffentlichkeit. «Früher lag mir die Welt zu Füssen, weil ich schön, berühmt und begehrt war, und heute störe ich nur noch», erklärt sie in «Tränen des Kampfes».

Ihre Radikalität und Kompromisslosigkeit haben ihr oft geschadet. Wegen umstrittener Äusserungen, sei es zu Einwanderern oder zum rituellen Schächten von Schafen, wurde sie mehrmals verurteilt. Im Jahr 2012 rief sie zur Wahl der Rechtspopulistin Marine Le Pen auf. Das sei eine bewundernswerte Frau, die als einzige den Skandal um das Halalfleisch angeprangert habe, erklärte sie.

Sie sei in ihren politischen Anschauungen immer sehr unstet gewesen, räumte Bardot in ihrer Biografie ein. Sie habe immer für die gestimmt, die ihre Sache vertreten haben. Dazu sollen der konservative Valéry Giscard d’Estaing gehört haben, der Sozialist Lionel Jospin und der linke Jean-Luc Mélenchon.

Sinnloses Geld ausgeben angeprangert

Anfang des Jahres liess sich Bardot in einer gelben Warnweste ablichten – als Zeichen ihrer Solidarität mit den «Gelbwesten». Seit mehreren Monaten protestiert die Bewegung gegen die Sozial- und Wirtschaftspolitik des französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Sie verstehe, was diese Menschen durchmachen, sie verstehe ihre tägliche Wut, sagte sie in einem Interview der Regionalzeitung «La Depêche». Das ganze Geld werde sinnlos ausgegeben, für Reisen von Politikern in Privatflugzeugen und für Chauffeure, während andere keinen Pfennig mehr hätten, erklärte sie weiter.

Seit mehr als einem Jahr macht Bardot verstärkt gegen die Luxus-Strand-Restaurants in St. Tropez mobil. Man esse jetzt nicht mehr auf einfachen Holztischen, sondern auf weissen Tischdecken, ereiferte sie sich im Juli in der Wochenzeitung «Marianne». Man reisse die alten Hütten voller Charme und Poesie ab, das sei ein Skandal. Einer der Gründe, warum die traditionellen Restaurants verschwinden, sind die neu erhöhten Mietgebühren, die dazu führen, dass zahlreiche Lizenzen an Luxusbetriebe vergeben werden.

Das Geld habe alles zerstört, so wie bereits den Ortskern, wohin sie deshalb nicht mehr gehe, kritisierte sie in dem Magazin. Bardot hat sich 1958 in dem Badeort an der Côte d'Azur niedergelassen, zu dessen Mythos sie erheblich beigetragen hat.

«Ich werde mein ganzes Leben lang sagen, was ich denke, ob das gefällt oder nicht», lautet ihr Motto. Daran hält BB seit mehr als einem halben Jahrhundert fest – und nährt seitdem Schlagzeilen und die Seiten zahlreicher Bücher.

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